Pizza House Crash
Ihnen ein bißchen an... sagen wir, Konzentration. Aber« - und er blickte mit seinen unbewegten Augen zu mir auf - »alles in allem... wenn man bedenkt, äh... nicht wahr?«
Ich wußte nicht genau, was er damit sagen wollte oder was ich sagen sollte, und so sagte ich gar nichts, sondern blieb unbehaglich an seinem Schreibtisch stehen und wartete auf den verbalen Kinnhaken, der sicher kommen würde. Max spielte gern solche Spielchen. Er war wie ein satter Kater, der eine gefangene Maus zum Spaß und nicht wegen ihrer Eßbarkeit herumschubste und den unglücklichen Nager daran erinnerte, daß bei aller kastrierten Zahmheit immer noch ein Jäger im Hause war.
»Was macht Ihr Kinn?«
»Alles okay, danke.«
Eine Pause trat ein. Max wandte sich ab, vorgeblich um in einem dicken Telefonbuch etwas herauszusuchen. Er klapperte auf seiner Tastatur.
»Ich nehme an, Sie arbeiten an Lifestyle Software. Was haben Sie bis jetzt?«
Es war ein Schock, ihn davon sprechen zu hören. Lifestyle war zu einer so persönlichen Sache für mich geworden - ich hatte ganz vergessen, daß noch andere Leute sich dafür interessierten. Ich wußte nicht recht, was ich ihm erzählen sollte, oder wieviel ich ihm erzählen wollte. Das Telefon kam dazwischen. Max nahm den Hörer ab und klemmte ihn zwischen Kinn und Schulter, so daß er wieder lässig in seinem Telefonbuch blättern konnte.
»Für Sie... Warren Graham«, sagte er und zog die Brauen hoch. Ich nickte, und er winkte mir, ich solle an meinen Schreibtisch gehen. Ich wartete, bis es klickte und er aufgelegt hatte, bevor ich sprach.
»Hallo. Danke, daß du zurückrufst.«
»Schon okay.«
»Du bist also noch in der Wohnung?«
»Nee, ich bin jetzt woanders. Ans Board kann ich ja immer noch.«
Dieses Gespräch kam nur schleppend in Gang. Es war, als unterhielten wir uns mit Satellitenverzögerung. Seine Stimme klang düster, lustlos und mechanisch. Ich war ihm anscheinend gleichgültig. Vermutlich hatte ich nichts anderes verdient, aber allmählich hatte ich das Gefühl, daß dieses Gespräch sinnlos sei und daß ich bei meinen lustigen Computerpossen nicht mehr auf Warren als Partner zählen konnte.
»Ist alles okay mit dir? Was ist denn passiert?« fragte er und zeigte endlich ein bißchen Fürsorge.
»Alles okay. Gestern abend war ich ein bißchen durcheinander. Tut mir leid, aber da konnte ich nicht reden, und hier kann ich jetzt eigentlich auch nicht reden. Diese Lifestyle-Geschichte ist ein noch größerer Betrug, als wir uns gedacht haben, Warren. Du wirst nicht glauben, was ich dir zu erzählen habe.«
»Außer, daß du noch tiefer in der Patsche sitzt, wie?«
Warren war so spießig manchmal - so ordentlich, sauber, sicher, und so verflucht herablassend.
»Hör mal, ich halte mich an deinen Rat. Ich bin vorsichtig. Ehrlich. Komm schon, Warren, das hier ist die größte, die allergrößte Story... Können wir uns heute abend treffen? Ich habe etwas für dich zu tun, das dir Spaß machen wird.«
»Bezweifle ich.«
»Komm schon, Mann, tu mir einen Gefallen... bitte.« Widerstrebend willigte er ein, sich irgendwann nach halb zehn in einem Pub in der Nähe der Redaktion mit mir zu treffen. Ich legte den Hörer auf die Gabel und ging zu Max zurück. »Wo waren wir?« fragte er, obwohl er es genau wußte.
»Bei Lifestyle.«
Ich weiß nicht, wieso, aber mit klopfendem Herzen zog ich mir einen Stuhl heran und erzählte ihm so gut wie alles - in der Version der »Unbestechlichen«. Sex und Drogen und ein paar Namen ließ ich aus, um die fast Unschuldigen zu schützen und die fast Schuldigen zu verbergen. Ich erzählte ihm von meinem Lunch mit Barnaby, von Julians sonderbarem Hinscheiden, von den verschwundenen Disketten und der Message im Computer, von der Tatsache, daß irgend jemand sämtliche Verbindungen zwischen Lifestyle Software und Julian verwischen wollte, von der Liste der Gesellschafter - aber ich erwähnte nichts von Eddie oder von Kirren Ventures. Dann berichtete ich von meiner Wohnung, von den beiden Kerlen auf der Straße, von dem Foto, das Nick von dem Monitor bei Broadwick gemacht hatte, und von Julians Nebenjob an der Börse. Von Warren sprach ich nicht.
»Holen Sie mir einen Kaffee«, sagte er, als ich fertig war und er eine Weile geschwiegen hatte, um den Schwall der Informationen aufzunehmen.
Als ich mit einem Becher für jeden von uns zurückkam, paffte er eine dünne Zigarre. Ich hoffte, er würde mir auch eine anbieten; ich lechzte danach, eine zu
Weitere Kostenlose Bücher