Planeten 03 - Venus
erhobener Stimme.
»Du wirst es herausfinden, wenn du auf der Oberfläche bist und das Wrack seines Schiffs untersuchst«, sagte Fuchs. »Entweder findest du die Antwort dort, oder du wirst es niemals erfahren.«
SIMULATIONEN
Ich verließ Fuchs’ Quartier wie ein Schlafwandler und wankte zur VR-Kammer, um
mich in einem Schnellkurs auf die Steuerung der Hecate vorzubereiten.
Die Gedanken jagten sich. Fuchs war mein biologischer Vater? Meine Mutter hatte ihn so sehr geliebt, dass sie sein Kind austrug, obwohl sie mit Martin Humphries liiert war?
Ja, das war absolut möglich, sagte ich mir. Sogar wahrscheinlich. Sie wollte kein Kind von Martin Humphries, das stand fest. Sechs Jahre hatte sie mit ihm zusammengelebt und zugelassen, dass er sie mit seinen Affären demütigte und ihre Ehe zur Farce machte. Er betrachtete seine Frauen als Jagdtrophäen! Meine Mutter war seine Beute, das lebende Symbol des Siegs über Lars Fuchs. Ihr Leben musste die Hölle gewesen sein.
Und nun starb Fuchs, mein leiblicher Vater, am Hass, der ihn umtrieb. Offensichtlich wollte er sich an meinem Ziehvater rächen, und genauso offensichtlich wusste er, dass es keine Möglichkeit für ihn gab, an Martin Humphries heranzukommen und es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Es war ihm unmöglich, Martin Humphries für den Tod meiner Mutter büßen zu lassen, die Frau, die er geliebt hatte, die Frau, die ihr Leben geopfert hatte, um das seine zu retten.
Bis zu diesem verrückten Venuspreis. Nachdem Fuchs gehört hatte, dass Martin Humphries den Zehn-Milliarden-Dollar-Preis ausgesetzt hatte, erkannte er seine Chance, wenigstens einen Teil der Rache zu üben, nach der er für über ein Vierteljahrhundert gedürstet hatte.
Während ich mir den Schutzanzug anzog, den ich in der Hecate tragen würde, dachte ich über die paar Fragmente nach, die ich über meine Herkunft wusste und fragte mich, wem und was ich überhaupt glauben sollte.
Wieso hatte sie das getan? Wieso hatte meine Mutter ihre Liebe zu Fuchs wieder entdeckt, nachdem sie sechs Jahre lang mit meinem ... mit Martin Humphries verheiratet war? Sie musste doch gewusst haben, wie er darauf reagieren würde. Vielleicht hatte sie es gerade deshalb getan; um ihn mit den ihr zur Gebote stehenden Mitteln zu verletzen, es ihm heimzuzahlen und ihn zu demütigen.
Und er hatte sie umgebracht. Wusste sie, dass er so weit gehen würde? Kümmerte es sie überhaupt? Sie musste mich irgendwie geschützt haben. Musste dafür gesorgt haben, dass ich vor seiner Bosheit und seinem Hass sicher war.
Ja, sie hatte für meine körperliche Unversehrtheit gesorgt, auch wenn sie ihr eigenes Leben nicht zu schützen vermocht hatte. Vielleicht war der Tod auch eine Erlösung für sie gewesen und hatte den Schmerz beendet, von dem ihr Leben erfüllt war.
Mich hatte Martin Humphries jedenfalls nicht umgebracht. Es hatten sich wahrscheinlich Leute meiner angenommen, die meine Mutter ausgesucht hatte. Oder, was wahrscheinlicher war, meine erbärmliche körperliche Verfassung hatte mir das Leben gerettet. Die ersten paar Monate verbrachte ich in einer Spezialklinik, wo ich wegen der verschiedenen Geburtskrankheiten auf dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod wandelte. Vielleicht hatte Martin Humphries sich gesagt, dass ich ohnehin sterben würde und er mich nicht mehr am Hals hätte.
Aber ich überlebte. Ich lebte. Das musste ein Schlag ins Kontor für ihn gewesen sein! Ich war sein Menetekel, weil ich trotz seines ganzen Reichtums, trotz der Macht, Leute wirtschaftlich zu ruinieren und sogar ermorden zu lassen, überlebt hatte. Ich, der Schwächling, der Kümmerling – das Kind, das von dem Mann gezeugt worden war, den er im ganzen Sonnensystem am meisten hasste – lebte unter seinem Dach.
Er machte mir das Leben zur Hölle, wo er nur konnte. Ob Alex die ganze Geschichte gekannt hatte? Hatte Alex zwischen mir und dem mörderischen Zorn meines Ziehvaters gestanden? Die heftige Auseinandersetzung, die Alex mit seinem Vater hatte, kurz bevor er zur Venus aufbrach – hatte die der Politik gegolten oder mir?
Es gab nur einen Weg für mich, das herauszufinden; nur ein einziger Mensch im ganzen Sonnensystem wusste, was wirklich geschehen war. Martin Humphries. Ich musste ihm gegenübertreten, ihn stellen und die Wahrheit aus ihm herausholen. Und um das zu erreichen, musste ich diese Reise zur Oberfläche der Venus überleben. Ich musste durch die Hölle gehen, um zu den Ursprüngen meiner Existenz
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