Plantage der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
wenigen Tagen an Leóns Seite nach Beaupay gekommen war. Der Junge hatte seinen Drachen unter dem Arm, Fabienne hielt einen kleinen Eimer mit Sandspielzeug in der Hand.
Madeleine war schwer ums Herz. Rodriques ungeheuerlicher Vorschlag hatte sie beinahe noch tiefer verletzt, als die Erkenntnis, dass er sie von Anbeginn an in einem falschen Glauben gelassen hatte. Es verlangte sie, ihn mit Nichtachtung zu strafen, doch dies ginge ja nur, wenn sie ihn traf. Die Enttäuschung war beispiellos, und sie fragte sich, wieso sie so gar nicht hinter seine Fassade hatte blicken können.
Dupont hingegen stürzte sie in größte Verwirrung. Permanent strahlte er eine Mischung aus Verlangen und Distanz aus, gepaart mit Misstrauen und Wut, welche dann wieder in wilde Leidenschaft gipfelte. Und was empfand sie für ihn? Wenn sie mit ihm zusammen war, war ihr, als sei sie angekommen. Angekommen? Wo? An einem Platz, der ihrer war? Dies würde bedeuten … Verwirrt brach sie ihre Überlegungen ab. Ihr Herz pochte deutlich, und in ihrem Bauch zog etwas, was nichts mit sexuellem Verlangen zu tun hatte.
Der Weg wurde breiter und flacher, zu beiden Seiten erhoben sich die ersten felsigen Hügel. Madeleine vernahm das sanfte Rauschen des Meeres, und es zog ihr die Kehle zu. Der Weg knickte ab, und gleich nach der Krümmung sah sie den Strand. Er war menschenleer, die Sonne glitzerte auf dem Wasser, und kleine Wellen mit winzigen Schaumkrönchen schwappten gemächlich ans sandige Ufer. Hier hatte sie nach ihrem Schiffbruch der kleine Junge gefunden, der nun mit seinem Drachen in der Hand vor ihr hersprang. Es war erst wenige Tage her, und doch kam es ihr vor, als sei es lange vorbei. Zu viel war in der Zwischenzeit geschehen.
„Ich bau eine Sandburg!“, rief Fabienne vergnügt.
„Und ich lass den Drachen steigen! Bis ganz hoch oben!“, hielt Léon triumphierend dagegen.
„Wenn er oben ist, darf ich auch mal halten“, erinnerte ihn seine Schwester.
Der Junge schnitt eine Grimasse und rannte davon.
Madeleine nahm ihr Tuch von der Schulter, breitete es im Sand aus und setzte sich. Von hier aus hatte sie die Kinder im Blick und vielleicht trotzdem einige Minuten Ruhe. Es war anstrengender, als sie gedacht hatte, ständig für die beiden da zu sein. Im Grunde hatte sie gar nichts gedacht, sie hatte nur ein Dach über dem Kopf haben und Rodrique finden wollen. Ein quälendes Ziehen saß in ihrer Brust. Ob Dupont nach wie vor die Absicht hatte eine erfahrene Gouvernante für Léon und Fabienne zu suchen? Und dann? Würde er sie fortschicken?
„Madeleine! Guck mal!“, brüllte Léon und zeigte zum Himmel, wo der Drachen unruhig hin und her zuckte.
„Wunderbar machst du das!“, rief sie zurück und winkte ihm zu.
„Jetzt ich!“ Fabienne sprang auf und ließ ihre Schaufel fallen. Madeleine seufzte. Sicher war der Friede gleich vorbei. Sie strich das Tuch glatt, auf welchem sie saß.
„Alles geliehen“, glitt es ihr durch den Kopf. Geliehen von der verstorbenen Madame Dupont. Sie besaß ja nichts mehr, zumindest nicht hier auf Grande-Terre. Erschrocken hielt sie in der Bewegung inne. Eine der feinen sandfarbenen Troddeln, die den Rand des Stoffes zierten, war herausgerissen, mitsamt eines Stücks des Gewebes. Betroffen musterte sie die Stelle. Wie unangenehm. Wann und wie mochte sie den Schaden angerichtet haben?
„Jetzt will ich ihn wiederhaben!“, forderte Léon energisch.
„Nein! Das war viel zu kurz“, protestierte Fabienne.
Madeleine hörte die Kinder zanken, sah, wie sie um den Griff des Drachens rangelten, und plötzlich schrie der Junge auf.
„Mein Drachen! Er ist weg! Du bist schuld!“
„Nein! Du hast ihn mir fortgerissen!“ Fabienne fing laut an zu weinen. Über ihnen schwankte das Spielzeug, zuckte ruckartig in verschiedene Richtungen und trieb ab zu den Felsen, wo er in die Tiefe stürzte.
Madeleine sprang auf, und Léon schluchzte los. „Den finden wir nie wieder! Und wenn doch, dann ist er kaputt!“ Er stieß unter Tränen etliche Beschimpfungen gegen seine Schwester aus, die immer lauter weinte.
„So weit ist er nicht geflogen. Wir suchen ihn“, tröstete Madeleine.
Fabienne klammerte sich an ihrer Hand fest, ihr Bruder wischte sich zornig übers Gesicht. Madeleine schüttelte den Sand aus ihrem Tuch. Sie hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt einen Weg zwischen die felsigen Hügel fand.
Suchend sah sie sich um, als sie an der Biegung des Weges angekommen waren.
„Man kann da durch“,
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