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Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Titel: Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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ihre Aufzeichnungen.
    Nach einer Weile fragte sie: »Weißt du, wann du geboren bist?«
    Kathi sah Irmi an, als habe diese komplett den Verstand verloren.
    »Ich meine natürlich nicht, wann, ich meine, wo und wie?«
    Kathi tippte sich an die Stirn und reichte Irmi noch eine Waffel. »Dein Hirn braucht Zucker! Geht’s dir nicht gut?«
    »Ich möchte nur ein paar Fakten zu deiner Geburt wissen.«
    »Geboren am 13. November 1981 in Reutte. Das steht auch in meiner Akte.«
    »Wo?«
    »Im Krankenhaus. Wo denn sonst?«
    »Na, es gibt ja auch Praxen. Oder Hausgeburten«, meinte Irmi. »Weißt du irgendwas über den Frauenarzt deiner Mutter?«
    »Wieso soll ich etwas über den Arzt meiner Mutter wissen? Über mein Geburtsgewicht und die Frage, ob ich Haare hatte, kann dich sicher meine Mama aufklären. Irmi, was soll das?«
    Irmi berichtete in knappen Worten von Reginas Aufzeichnungen, in denen ein Arzt namens Josef Wallner aus Reutte eine unrühmliche Rolle gespielt hatte. Offenbar hielt Regina den Mann für schuldig am Tod ihrer Mutter und letztlich auch an der Behinderung ihres Bruders. Und das konnte man ihr nicht einmal verdenken!
    Kathi hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört, war ihr ausnahmsweise mal nicht ins Wort gefallen. Schließlich stellte sie die Frage, die Irmi am wenigsten hören wollte. »Und was hat das mit unserem Fall zu tun?«
    »Das weiß ich auch nicht. Andrea sortiert gerade die Dateien, ich habe einfach so ein merkwürdiges Gefühl.«
    Kathi versetzte Irmi einen Knuff. »Pass auf! Du kommst jetzt mit mir mit nach Seefeld. Ich muss das Soferl und die Mama da abholen. Soferls Trainingsgruppe fährt weiter nach Innsbruck, aber das Soferl muss noch auf einen Geburtstag, drum hol ich sie. Du kannst meine Mutter ja mal fragen nach dem dubiosen Arzt. Ansonsten reden wir mal nicht über den Fall. Wir schauen aus dem Fenster, amüsieren uns über die Pelzmantelmumien in Seefeld, trinken irgendwo einen Kaffee und sind froh, dass wir uns Seefelds Fünf-Sterne-Hotels nicht leisten können.« Sie ahmte einen Kellner in breitestem Wienerisch nach. »Gnä’ Frau, willkommen im Klosterbräu, darf ich Sie beweinen?«
    »Was?«
    »Na, beweinen. Das sagte der immer, wenn er Wein ausgeschenkt hat. Das ist das Witzeniveau in Seefeld, und dafür gibt es dann viel Trinkgeld.«
    Irmi musste lachen. »Ich frag mich jetzt bloß, wo du so verkehrst.«
    »Ach, das ist eine andere Geschichte aus dunklen Zeiten meiner Vergangenheit.«
    Irmi glaubte sich zu erinnern, dass Kathi mal eine Affäre mit einem Koch aus Seefeld gehabt hatte. Sosehr ihre Kollegin manchmal nerven konnte, sie hatte ihre guten Seiten. Manchmal war Kathi ein furchtbarer Trampel, aber sie wusste auch, wie man Menschen ganz unmerklich dirigieren konnte. Jedenfalls war Irmis Laune gleich spürbar gestiegen.
    »Ja, komm, das machen wir. Bloß das Aus-dem-Fenster-Schauen gefällt mir nicht.«
    »Warum?«
    »Mein Vorschlag lautet: Ich schaue raus, und du schaust auf die Straße. Das ist nämlich bitter nötig, so wie du heizt.«
    Irmis Vorschlag erwies sich als sehr sinnvoll, denn während bei Irmi in Schwaigen der Frühling schon so nah war, regierte hinter Scharnitz noch der Winter. Die Loipen waren in Betrieb, und an schattigen Stellen war die Schneedecke geschlossen. Der Parkplatz am Rosskopf war auch gut gefüllt, die Skiwütigen würden ihre Saison richtig auskosten können.
    Das Soferl hatte noch gute Trainingsbedingungen. Irmi war anfangs etwas überrascht gewesen, dass Sophia auf einmal Biathletin werden wollte. Von Kathi, die Sport verabscheute, hatte sie den Sportsgeist sicher nicht. Aber Sophia gehörte zu den Menschen, die sich durchsetzen konnten, indem sie andere scheinbar mühelos um den Finger wickelten. Und so trainierte das Soferl nun in Bichlbach, und zum Schießtraining fuhren die Schülermannschaften aus dem Außerfern ab und zu nach Seefeld ins Nordische Kompetenzzentrum, wo es im Winter 2012 ja auch die Olympischen Jugendspiele gegeben hatte. Da wehte doch ein echter olympischer Geist überm Soferl!
    Irmi grinste in sich hinein. Sie war ja auch keine begnadete Wintersportlerin, hatte sich aber von ihm einmal am Dachstein zu einem Biathlonschnupperkurs überreden lassen. Der Trainer hatte die Schüler nur einen Ski anschnallen lassen und gesagt, das sei wie Tretroller fahren. Dann hatte er noch etwas von der Steigzone am Ski gefaselt und dass man mittig darüber stehen müsse. Irmi hatte so was von darüber gestanden: Rücklage und weg!

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