Plötzlich Fee - Das Geheimnis von Nimmernie: Band 5 - (German Edition)
eines Missverständnisses um eine verlorene Haarnadel. Zum Glück kann Oberon ihre Wutanfälle und Temperamentsausbrüche meistens zügeln … Sofern er sich dazu aufrafft, sich einzumischen. Denn genauso oft verschließt er einfach die Augen vor den Aktivitäten seiner Gattin – es sei denn, natürlich, er ist selbst davon betroffen.
Keiner der Adeligen auf der Lichtung schien unsere Ankunft zu bemerken, ihre Aufmerksamkeit war ausschließlich auf Titania gerichtet, oder besser gesagt auf etwas, das am Fuß ihres Thrones saß. Ash sah sich schnell und routiniert um und nahm damit den gesamten Raum in sich auf, doch plötzlich weiteten sich seine Augen. Als ich seinem Blick folgte, rutschte mir das Herz in die Hose.
Die Musik, die wir bereits im Tunnel gehört hatten, diese langsame, trillernde Melodie, die so drängend, düster und wunderschön war, wurde weder von einem von Titanias Harfenmädchen noch von Bediensteten oder Feenmusikern gespielt. Sie war mir so seltsam vorgekommen, weil sie anders war, als das, was man normalerweise an einem Feenhof hörte. Das hier war keine Harfe, Flöte oder sonst eines der seltsamen, magischen Instrumente, die man nur in unserer Welt finden kann.
Es war eine Violine. Und sie wurde von einem sterblichen Mädchen gespielt, das kaum älter war als acht. Ihr kleiner Körper war aufs Äußerste gespannt, während sie wild über die Saiten strich und zupfte. Sie trug ein schlichtes schwarzes Kleid, und ihr rötlich braunes Haar hatte dieselbe Farbe wie das Instrument in ihrer Hand. Mit geschlossenen Augen spielte sie für ihr nicht menschliches Publikum, sie wiegte ihren dünnen Körper hin und her und bemerkte nicht einmal, dass die Königin ihr anmutig eine blasse Hand auf den Scheitel gelegt hatte.
Und da wusste ich es. Leanansidhes kostbarer Besitz und Titanias neuestes Spielzeug war nicht das Instrument in den winzigen, talentierten Händen des Mädchens.
Es war das Mädchen selbst. Sie war unsere »Violine«.
Tja, das machte die Sache mit einem Schlag wesentlich komplizierter.
Am Ende des Liedes schlug das Mädchen die Augen auf, die dunkel, ernst und ein wenig verwirrt dreinblickten, so als wäre sie nicht ganz sicher, ob das hier ein Traum oder die Wirklichkeit war. Die Adeligen kicherten, applaudierten und stießen bewundernde Seufzer aus, während sich auf Königin Titanias Gesicht ein schmales, zufriedenes Lächeln zeigte.
»Das war wundervoll, Vi«, schnurrte sie und fuhr dem Mädchen mit den Fingern durchs Haar. Der kleine Mensch blinzelte und sah dann mit ernstem Blick zu der Feenkönigin auf.
»Der Schluss war flach«, meinte sie bedauernd. Ihre Stimme war näselnd und tonlos, so als hätte die Violine ihr jede Lautstärke entzogen. »Und der Anfang war etwas gehetzt.« Schniefend biss sie sich auf die Unterlippe. »Tut mir leid, ich wollte es besser spielen.«
»Ach, meine Liebe, es war einfach perfekt.« Titania strich dem Mädchen die Haare aus dem Gesicht. »Oder nicht?«, fügte sie mit einem scharfen Blick zu ihren Höflingen hinzu, die sofort zwitscherten und nickten und angemessene Laute der Zustimmung von sich gaben. Ash neben mir murmelte etwas Unverständliches und warf mir einen schnellen Seitenblick zu.
»Ein Kind«, flüsterte er. »Leanansidhes ›Spielzeug‹ ist ein Kind. Wie sollen wir sie hier rausschaffen, Goodfellow?«
»Ich denke nach.«
»Dann denk schneller.«
»Und nun«, fuhr die Königin fort, während sie am Kleid des Mädchens herumzupfte und es zurecht zog, »würdest du doch bestimmt gerne etwas essen, oder, mein Schatz? Anschließend kannst du wieder für uns spielen, wenn du möchtest.«
Vi schniefte immer noch. »Darf ich Kuchen haben?«
»Natürlich, meine Liebe.« Die Königin lächelte nachsichtig. »Würde dir das gefallen?«
Das Mädchen nickte eifrig. Titania beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange. »Dann werde ich verfügen, dass die Köchin dir die süßesten Kuchen bringt, die sie finden kann.«
Das Kind strahlte. Titania schnippte mit den Fingern, und sofort erschien ein Heinzelmännchen an ihrer Seite. »Du hast sie gehört«, erklärte sie ihm. »Sag der Köchin, dass wir ihre besten und süßesten Kuchen haben wollen, und das so schnell wie möglich.«
»Die Kleinen mit Erdbeeren«, ergänzte Vi und lächelte die Königin strahlend an. Titania nickte dem Heinzelmännchen gebieterisch zu, das sich hastig verbeugte und davonwieselte, um sich in die Hecke zu flüchten. Die Königin
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