Poison (German Edition)
Essen und Wein serviere, läuft Albinonis »Adagio« aus den unsichtbar installierten Lautsprechern an, kein Wunder, ich habe in der Küche eine der Fernbedienungen für meine Anlage installiert. Wenn Brix überrascht ist, zeigt er es nicht, und so wird es ein wundervolles Essen. Geschmacklich, versteht sich, aber die Blicke, die wir uns zuwerfen, voller Unschuld und doch voller Sehnsucht, sind auch nicht ohne.
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Brix
Shit! Kaum bin ich bei ihm, geht es mir besser als zuvor. Sein Essen war ausgezeichnet, und am liebsten würde ich einfach hier bleiben. Aber dazu müssen noch ein paar Worte gesprochen werden ... und genau das traue ich mich eigentlich gerade nicht. Buäh, wie mich das annervt! Diese Unfähigkeit, klar zu sagen, was Sache ist. Ich bin doch sonst auch nicht so gehemmt. Und im Geschäft sowieso nicht, sonst wäre ich ja wohl kaum so weit gekommen. Der bittere Nachgeschmack zu diesem Satz kommt mir da genau richtig. Wie tief bin ich doch gesunken!
»Und, hast du dich entschieden?« Shahins Stimme reißt mich aus meinen Überlegungen. Ich? Mich entschieden?
»Uhm... Wir sollten noch mal drüber reden ...«, ist alles, was mir dazu einfällt. Das Einfachste wäre jetzt, zu versuchen, ihm klarzumachen, dass KEINE Beziehung auch nicht so schlecht wäre ... so von wegen »keine Verpflichtungen« usw. ... man kann ja auch »so« viel zusammen machen ... aber es wäre wohl wieder nur ein Wegrennen ... bin ich nicht genug gerannt in letzter Zeit?
»Ja klar. Im Reden bist du ja Meister.« Der ironische Unterton in Shahins Stimme ist kaum zu überhören. Mach dich nur lustig über mich, Baby. Du ahnst gar nicht, wie gut mir das gerade tut. Hol mich auf den Boden der Tatsachen zurück ... Ich stehe auf und beginne, ruhig und sorgfältig, fast schon bedächtig, den Tisch abzuräumen. Die Teller, das Besteck und die Schalen räume ich in die Spülmaschine, die Töpfe in die Spüle, und als ich Shahins Verwirrung darüber wahrnehme – oder warum sonst schaut er mich plötzlich so fassungslos, so überrascht an – lasse ich mir extra Zeit, genieße es, zur Abwechslung mal die Oberhand zu haben, Condom-Boy ... Alleine dieses Wort bringt mir die Erinnerung an die sexuelle Komponente wieder ins Gehirn zurück. »Condom-Boy« – dieser Name erregt mich, stelle ich fest ... und die Macht, die ich damit und jetzt gerade über dich ausübe, ist auch nicht schlecht, zumindest vom Gefühl her. Yeah, schau mir nur zu. Genieß das Gefühl, während ich deine Töpfe spüle. Schau mir zu, am Tisch sitzend, wie ich den Tisch feucht abwische und du immer noch keine Antwort auf deine Frage hast. So hab ich mich die ganze Zeit gefühlt ... Fragen über Fragen, aber dummerweise keine Antworten ... nur Vermutungen, Ahnungen ... und dann die Überraschungen, immer am Schluss einer ... uhm... Episode.
Ich gehe wieder zum Tisch, wo Shahin immer noch sitzt, stelle mich vor ihn hin, grinse breit aber undurchschaubar, und ziehe ihn hoch, dass er vor mir steht. Distanziert, ohne Berührung, versteht sich. Spielchen, business-like. Verwirre dein Gegenüber. Wenn er vorher in einer besseren Position war, mach ihn so durcheinander, dass er dir hinterher gleichberechtigt ist – weil du ja eine geheime, andere bessere Position hast. Hach, es macht Spaß, dich hochzunehmen, Condom-Boy. Ich könnte mich glatt dran gewöhnen. Und Shahin? Schaut zu mir hoch, und ich kann die tausend Fragezeichen, die um seinen Kopf schwirren, förmlich sehen, wie sie um seinen Kopf kreiseln und sich zu einem weiteren großen Fragezeichen formen. Tja, damit hast du wohl nicht gerechnet, wie? Dass ich immer noch nicht offen über meine Gefühle sprechen kann, ist ein anderes Thema. Ich kann’s dir zeigen, Sweetheart. Aber vorher schulde ich dir wohl noch was. Mein Gesicht wird ernst, aber als ich sehe, wie süß Shahin schluckt, ganz so, als könnte er meine Antwort selbst kaum erwarten, muss ich doch wieder lächeln. Ich liebe diesen Mann einfach viel zu sehr, denke ich. Und ich muss ihn einfach anfassen. Ich strecke meine Hände nach Shahins Gesicht aus, umfasse es, halte es fest und grinse.
»Wenn das so ist ... dann lass es mich dir zeigen.« Bevor er antworten kann, sind meine Lippen auf seinen, und wir versinken in einem zärtlichen Kuss.
Shahins Kuss ist so zärtlich, so zaghaft, und ich finde, er ist auch so süß. Meiner dagegen ist eher fordernd, denn ich mache ja den ersten Schritt – was damit wohl geklärt wäre, mein süßer
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