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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star
Autoren: Martin Cruz Smith
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balancierten, daß sie sich in der Finsternis sicherer fühlten.
    »Susan …«
    »Noch was Neues«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Du hast meinen Namen richtig gesagt.«
    Langsam sanken sie in die Knie, dann lag sie auf dem Rücken, und er war über ihr. Arkadi fühlte sich von ihren großen braunen Augen beobachtet. Katzenaugen, Nachtaugen. Ihre Beine spreizten sich unter ihm wie Flügel.
    So wie er sie vorhin im Stehen getragen hatte, trug sie jetzt ihn, auf ihrem Körper und zugleich tief in sich, sie trug ihn der unsichtbaren Fackel im Dunkel entgegen, und ihm war, als sei das kalte Metall des Decks auf einmal warmes, weiches Wasser.
     
    »Dein Name gefällt mir«, flüsterte er. »Susan. Suusan. Wie war das doch gleich mit Susanna im Bade?«
    »Ich glaube, zwei Lustgreise haben sie verleumdet, als sie ihnen nicht zu Willen war. Du kennst also die Bibel?«
    »Nun, sagen wir, ich weiß eine gute Geschichte zu schätzen, eine, in der Voyeurismus vorkommt und Verschwörung« - er hielt inne, um sich eine Zigarette an der ihren anzuzünden -»Verführung und Rache.«
    Sie lagen auf ihrer Koje, sie gegen ihr Kissen gelehnt und er gegen ein behelfsmäßiges zweites, das sie aus ihren Decken gerollt hatten. Obwohl es empfindlich kühl war, fror er nicht. Ihr Kassettenrecorder stand jetzt auf dem Fußboden, zur Tür hin ausgerichtet. Jedesmal, wenn eine Seite abgespielt war, drehte sie die Kassette um und ließ sie wieder von vorn laufen.
    »Du bist ein merkwürdiger Detektiv«, sagte Susan. »Du interessierst dich wohl sehr für Namen?«
    »Ja. Da wäre beispielsweise Ridley. Das kommt von riddle, Rätsel, nicht wahr? Ein Mann, der voller Rätsel steckt. Morgan? Gab es nicht mal einen Piraten, der Morgan hieß?«
    »Und Karp, woran erinnert dich sein Name?«
    »An einen Fisch, einen großen Fisch.«
    »Und Renko? Was bedeutet das?«
    »Sohn von jemand. Fedorenko würde heißen: Sohn des Fedor. Aber ich bin bloß der Sohn von … irgendwas.«
    »Das ist mir zu vage.« Sie fuhr mit dem Finger die Kontur seiner Lippen nach. »Sie werden von Minute zu Minute merkwürdiger, Herr Detektiv. Aber ich bin schließlich auch eine merkwürdige keusche Susanne. Wir beide sind also ein ideales Paar.«
    Zumindest für eine Nacht, dachte Arkadi. Von der Tür war im Dunkeln nichts weiter zu sehen als ein schmaler Lichtstreifen. Falls Karp immer noch draußen Wache stand, dann war seine Brigade vermutlich oben an Deck. Die Männer konnten versuchen, durchs Bullauge hereinzuspähen, würden aber nichts weiter sehen können als einen zugezogenen Vorhang.
    Arkadi nahm sein Glas vom Boden auf. »Wir sind noch nicht fertig mit unserem Spiel.«
    »Du meinst dein >Sagdie-Wahrheit<-Spiel? Sieh mich doch an, ist das nicht ehrlich genug? Aber schön, ich will noch ehrlicher sein. Meine Tür stand nur für den Fall offen, daß du vorbeikommen würdest. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie ich dich ansprechen sollte. Du machst mich völlig verrückt.« Mit sanfterer Stimme setzte sie hinzu: »Du hast mich verrückt gemacht. Aber dann habe ich mir eingestanden, daß dieses Feindseligkeitsritual zwischen uns nur ablief, weil du der letzte warst, in den ich mich verlieben wollte.«
    »Vielleicht sind wir das ideale Mottenpaar.«
    Doch er wußte, daß mehr dahintersteckte. Er war allmählich ins Leben zurückgekehrt, und jetzt, da er sie in den Armen hielt, fühlte er sich endlich wieder ganz belebt, als hätte ihre Glut ein letztes vereistes Schloß in seinem Innern gesprengt. Auch wenn sie in dieser engen, stählernen Kabine mitten im Eis gefangensaßen, war er doch lebendig, und sei es bloß für eine Nacht. Oder war das auch schon die Logik einer Motte?
    »In Athen hat er mich angeworben«, sagte Susan.
    »Wer? Morgan?«
    »George, ja. Ich hatte mich dort an der Uni eingeschrieben, um Griechisch zu lernen, die Leidenschaft meines Lebens - zumindest glaubte ich das damals. Er war der Kapitän einer Yacht, die einem reichen Saudi gehörte. Angeblich beorderte dieser Ölscheich George telegrafisch mal hierhin, mal dorthin. Selbst ließ er sich nie blicken, aber George mußte das Boot von Zypern nach Tripolis und dann wieder zurück nach Griechenland bringen. Mich hat er rekrutiert, als ich endlich begriff, daß der Saudi gar nicht existierte.
    Slawische Studien wurden meine nächste Passion. George sagte, ich sei sehr sprachbegabt. Er selbst hat kein Ohr dafür, obschon sein Arabisch ganz passabel ist. Er finanzierte mein Studium in Deutschland. Ich
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