Polgara die Zauberin
daß eine Reihe von Veränderungen stattgefunden hatten. Die Wandbehänge an den nackten Steinwänden waren mittlerweile fast alle von blauer Farbe, und die goldenen SchaffellLäufer waren durch weiße ersetzt worden. Die Einrichtung bestand aus schwerem, dunkel glänzendem Holz, und alle Sitzgelegenheiten waren üppig gepolstert. Der Kamin, einst ein rußiges Loch in der Wand, hatte eine Fassung und einen Sims erhalten. Kerzen verbreiteten weiches, goldenes Licht, und alles wirkte sehr gemütlich. »Gefällt es dir, Pol?« fragte mich Beldaran.
»Es ist großartig«, antwortete ich.
»Das sind jetzt deine Gemächer«, erklärte sie. »Sie stehen dir jederzeit zur Verfügung. Ich hege die Hoffnung, daß du sie oft benutzen wirst.«
»So oft ich kann«, versicherte ich ihr. Dann kam ich zur Sache. »Wie ist es?« fragte ich sie, als wir uns auf einem weichgepolsterten Diwan niederließen.
»Lästig«, erwiderte sie. Sie legte eine Hand auf ihren gewölbten Bauch. »Du machst dir ja keine Vorstellung, wie oft der im Weg ist.«
»War es dir morgens sehr übel? Ich hab davon gehört.«
»Zu Anfang, ja. Aber nach einer Weile ging es wieder weg. Die Rückenschmerzen kamen erst später.« »Rückenschmerzen?«
»Ich trage nun viel mehr Gewicht mit mir herum, Pol«, erklärte Beldaran, »und es sitzt an einer ungünstigen Stelle. Mehr als ein würdiges Watscheln bringe ich jetzt nicht mehr zustande, und selbst das zieht heftig im Rücken. Manchmal fühle ich mich, als sei ich schon immer so dick gewesen.«
»Es wird vorübergehen, Liebes.«
»Das erzählt Arell mir auch. Du erinnerst dich doch noch an sie, oder?«
»Die Dame, die die ganze Kleideranfertigung überwacht hat nicht wahr?«
Beldaran nickte. »Sie ist außerdem eine gute Hebamme. Sie erzählte mir alles über die Wehen, und ich freue mich ganz bestimmt nicht drauf.«
»Tut es dir leid?«
»Schwanger zu sein? Natürlich nicht. Ich wünschte nur, es würde nicht so lange dauern, das ist alles. Was hast du denn so gemacht?«
»Ich ließ mich bilden. Vater lehrte mich Lesen und Schreiben, und ich lese mich durch seine Bibliothek. Du würdest nicht glauben, wieviel Unsinn sich über die Jahre dort angesammelt hat! Manchmal denke ich, die Tolnedrer und die Melcener veranstalten eine Art Wettkampf mit absoluter Verdummung als erstem Preis. Im Augenblick lese ich ›Das Buch von Torak‹. Der Bruder des Meisters scheint gewisse Probleme zu haben.«
Sie schauderte. »Wie gräßlich! Wie hältst du das nur aus, so etwas zu lesen?«
»Es ist keine leichte Bettlektüre. Verfaßt wurde es in Altangarakanisch, und allein die Sprache ist abstoßend. Die Vorstellung von einem wahnsinnigen Gott flößt mehr als nur ein wenig Angst ein.«
»Wahnsinnig?«
»Völlig. Mutter sagt, er sei es schon immer gewesen.«
»Besucht Mutter dich sehr oft?«
»Jeden Tag. Vater schläft lange, und ich gehe dann zum Baum und verbringe diesen Teil des Tages mit Mutter. Sie unterrichtet mich auch. Du siehst, ich bekomme eine wohlausgewogene Erziehung!«
Beldaran seufzte. »Wir treiben immer mehr auseinander, nicht wahr, Pol?«
»So ist das, Beldaran«, sagte ich. »Man nennt es Erwachsenwerden.«
»Ich mag es nicht.«
»Ich auch nicht, aber wir können kaum etwas dagegen tun, nicht wahr?«
Am folgenden Morgen war es regnerisch und stürmisch, aber ich legte trotzdem meinen Umhang an und ging hinunter in die Stadt. Ich wollte mich mit Arell unterhalten und fand ihren Schneiderladen in einer kleinen Sackgasse nicht weit vom Hafen. Es war ein winziges Geschäft, vollgestopft mit Stoffballen, Spitzenspulen und verknoteten Garnsträngen.
Die Glocke an der Tür zu Arells Geschäft bimmelte, als ich eintrat, und sie blickte hoch von ihrer Handarbeit. »Polgara!« rief sie aus, sprang auf und erstickte mich fast mit einer mütterlichen Umarmung. »Gut siehst du aus!« befand sie.
»Ihr auch, Arell.«
»Brauchst du ein neues Kleid? Bist du deshalb hergekommen?«
»Nein. Ich bin gekommen, weil ich gern ein paar Informationen über Beldarans Zustand hätte.«
»Sie ist schwanger. Ich bin sicher, das ist dir nicht entgangen.«
»Sehr komisch, Arell. Was ist mit einer Geburt verbunden?«
»Oh, es ist schmerzhaft, es ist eine ziemlich schmutzige Angelegenheit und es erschöpft die Frau. Du möchtest doch nicht etwa alle Einzelheiten erfahren, oder?«
»Doch, genau das möchte ich.«
»Spielst du mit dem Gedanken, dich als Hebamme niederzulassen?«
»Wahrscheinlich nicht. Mein Interesse ist ein bißchen
Weitere Kostenlose Bücher