Polifazios Vermächtnis (German Edition)
war. Jeder Schritt musste gut durchdacht sein, denn bei dem vielen losen Geröll, das überall herumlag, war es schwer einen annähernd festen Tritt zu fassen. Immer wieder geriet der Boden unter ihren Füßen ins Rutschen, was ein schnelles Vorankommen verhinderte. Je höher sie kamen, desto gefährlicher wurde es. Ein falscher Schritt und sie würden den gesamten Weg bis zum Fuß des Berges wieder herunterrutschen. Bald schon wurde es an einigen Stellen so steil, dass sie nur noch auf allen Vieren kriechend vorwärtskamen. Bruno sah sich die Kletterpartie von unten aus amüsiert an. Es sah einfach zu putzig aus, wie die drei Gefährten den Berg in Richtung Höhle hinauf krochen. Es dauerte fast eine ganze Stunde, bis sie den Eingang der Höhle endlich erreichten. Außer Puste klopften sie sich den Staub aus ihren Kleidern. Überall hatten sie Kratzer und Schrammen von dem losen Geröll. Im Inneren der Höhle war es stockduster und sie konnten vom Eingang aus nur wenige Meter hineinblicken. Schnell kramte Mugel eine Fackel aus seinem Rucksack und zündete sie an. Himbi zog seine Axt aus seinem Gürtel und umfasste sie fest mit beiden Händen. Ohne ein Wort zu sagen, begaben sie sich in das Innere der Höhle, wohl wissend, was sie zu tun hatten. Der riesige Eingang, der von außen auf eine enorm große Höhle schließen ließ, verjungte sich schon nach wenigen Metern derart, dass Levicia und Mugel nicht mehr aufrecht gehen konnten. Lediglich der Zwerg hatte mit der Höhe des Ganges, in dem sie sich nun befanden, keine Probleme. Das Licht der Fackel flackerte schummrig im winzigen Gang und züngelte blutrot, lechzend an der Decke. Levicia, die größte der Drei, hatte große Mühe vorwärtszukommen. Immer wieder stieß sie mit dem Kopf an die Decke des Ganges. Die beängstigende Enge machte ihr schwer zu schaffen. Himbi ging mit seiner Axt langsam und vorsichtig vorweg. In der Mitte lief Mugel mit der Fackel und am Ende folgte Levicia. Der Gang führte geradeaus viele Hundert Meter ins Innere des Berges. Levicia kam es so vor, als seinen sie stundenlang unterwegs gewesen, als sie endlich in eine etwas größere Höhle kamen. Endlich konnte sie wieder aufrecht stehen. Der Gang endete in einer kleinen Höhle, die kaum größer war als Gromits Wohnzimmer. Hier und dort hingen mächtige Stalaktiten von der Decke. Neugierig blickten sich die Drei genauer in der Höhle um.
„Hey, kommt mal schnell hier herüber!“, rief Mugel aufgeregt, als er in einer Ecke hinter einigen dicken Stalaktiten etwas fand.
Die anderen beiden ließen sich das nicht zweimal sagen und liefen sofort zu ihm herüber. Vor ihnen, versteckt hinter einigen Stalaktiten und somit nicht sofort vom Eingang der Höhle aus sichtbar, war ein etwa zwei Schritt langer Sarkophag in der Wand eingelassen. Zu ihrer Verblüffung besaß der Sarkophag keinen Deckel und so wie es aussah, wurde er direkt in die massive Wand des Berges hineingeschlagen. Im Sarkophag lagen die Überreste eines stattlichen Mannes, wie sie anhand der erhalten gebliebenen Kleidungsstücke eindeutig feststellen konnten. Die Arme des skelettierten Mannes waren vor dessen Brust verschränkt. Die bleichen Hände umklammerten einen handlichen, abgebrochenen Stalaktiten.
„Hmm, ob dies einer der Wächter war?“, fragte Mugel laut nachdenkend.
„ Ließ doch selbst!“, antwortete Levicia und deutete auf eine Inschrift, die plötzlich wie aus dem Nichts in der Wand über dem Sarkophag erschien.
Mit gleißendem Licht brannte sich die Inschrift ständig wachsend in die Wand hinein. Vom Licht geblendet wanden die Drei vorerst ihren Blick zu Boden. Als es wieder dunkler in der Höhle wurde, begannen sie damit, die Inschrift, die in ihrer Sprache geschrieben war, zu lesen.
„Hier ruht Callduy, der letzte Wächter der dreizehn
magischen Dolche. Wer immer diese Inschrift ließt, er
ist gekommen, um sich die Dolche zu eigen zu machen.
Doch nur derjenige, der das Rätsel zu lösen vermag,
ist würdig die Dolche für sich zu beanspruchen!“
„ Callduy, der letzte Wächter. Offenbar sind alle
Dolche auf ihn übergegangen, als die anderen Wächter
starben.“ grübelte Himbi.
„ Jetzt sag nicht, du kannst die alte,
derramothianische Keilschrift lesen!“ fragte Levicia
völlig überrascht darüber, dass Himbi die Inschrift
über dem Sarkophag lesen konnte.
„Keilschrift? Wovon redest du, da befinden sich
uralte, zwergische Runen an der Wand!“
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