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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Dronke
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Verfügung auch durchzuführen ver-
    möge. Was aber den Gensd’armen betrifft, so weiß ich aus
    zuverlässiger Quelle, daß derselbe von seiner vorgesetzten
    Dienstbehörde einen Verweis erhalten, sich künftighin
    vorzusehen. Man muß also doch sein Verhalten nicht so
    ganz in der Ordnung gefunden haben.“ —
    „Bei dem Weg der Beschwerde mögen die Betheiligten
    allerdings oft zu keinem genügenden Ziel kommen,“ sagte
    der Referendar aus der Provinz, „aber die vorgesetzten
    Behörden sind auch oft, ohne ihr Wissen, bloß durch die
    bestehenden Einrichtungen der Gefahr ausgesetzt, Partei
    für ihre Unterbeamten nehmen zu müssen. Ich habe erst
    kürzlich in meiner Heimath einen sehr eklatanten Fall
    dieser Art erfahren.“ —
    Der Kriminalrath sah den Sprechenden mit einem son-
    derbar fragenden Blick an, die Gesellschaft aber verlangte
    neugierig die Geschichte zu hören. Die Stühle wurden nä-
    her um den Tisch gerückt, die Hausfrau füllte noch einmal
    Thee nach, und der Referendar begann nunmehr seine
    Erzählung.
    
    „In dem Hause, wo ich seit meiner Beschäftigung beim ***
    Gericht wohne, lebte unten im Erdgeschoß auch ein ar-
    mer Schuster, eigentlich wohl nur ein Flickschuster zu
    nennen, denn er hatte wenig anderes als Flickarbeit für
    seine Kunden zu besorgen. Ich war beim Ein- und Ausge-
    hen schon auf ihn aufmerksam geworden, da ich ihn bei
    seinem höchst kümmerlichen Verdienst immer singend
    und guter Dinge fand; später erbot er sich mir zur Auf-
    wartung, und so wurde ich genauer mit ihm bekannt. Es
    war eine drollige humoristische Figur, mit einem überra-
    schend schlagenden Witz begabt, und dabei von ungemei-
    ner Lernbegierde. Ich unterhielt mich gewöhnlich jeden
    Morgen längere Zeit mit ihm, eigentlich um mich an sei-
    nen Späßen und seiner ganzen drolligen Weise zu erget-
    zen, aber ich mußte bald auch seinen wißbegierigen Ernst
    bewundern, und gestehe, daß mich dieser arme Teufel aus
    dem Volk manchmal durch seine Fragen in Verlegenheit
    gesetzt hat. Dabei hatte er einen so richtigen Urtheilssinn,
    wie ich ihn selten unter solchen Leuten gefunden habe.
    Ich bin überzeugt, daß der Mensch zu höchst Bedeuten-
    dem berufen war, aber seine Armuth fesselte ihn in den
    Koth der Gesellschaft und ließ seine Gaben unbenutzt
    verderben.
    Eines Morgens trat Schwind, so hieß der Schuster, mit
    sehr verlegener Miene in mein Zimmer, nachdem er den
    Tag vorher ausgeblieben war. Statt wie sonst mir sogleich
    seine Neuigkeiten aufzutischen, nahm er nach kurzem
    Gruß die Kleider, und begab sich mit auffallender Schweig-
    samkeit auf den Korridor, von wo ich bald das Geräusch
    seiner eifrigen Bürste vernahm. Als er wieder hereinkam,
    hing er die Sachen an ihren gewöhnlichen Ort, und machte
    sich, da ich von meiner Arbeit nicht aufblickte, noch einen
    Vorwand der Beschäftigung.
    „Der Herr Doktor haben sich wohl gewundert,“ sagte er
    endlich, daß ich gestern morgen nicht zur Aufwartung ge-
    kommen bin. Aber wahrhaftig, ich war nicht Schuld daran,
    daß ich die Nacht auf der Polizei gesessen habe.“ —
    Diese Einleitung setzte mich in neugierige Verwun-
    derung, denn ich kannte Schwind als einen ordentlichen
    ruhigen Menschen. Ich schob meine Akten zur Seite und
    fragte, indem ich mich im Stuhl zu ihm hinkehrte:
    „Was, Schwind! Ihr habt auf der Polizei gesessen? Also
    trinkt Ihr auch, das hab’ ich früher noch nicht an Euch
    gekannt, denn wahrscheinlich habt Ihr in der Trunkenheit
    Skandal oder Schlägerei angefangen, daß man Euch so
    untergebracht hat?“ —
    „Gott bewahre, Herr Doktor!“ sagte der arme Teufel er-
    schreckt. „Sie werden gewiß selbst sagen, daß ich gar nichts
    Besonderes gethan habe. — Sehen Sie, vorgestern Morgen
    bekomme ich einen Brief aus der nächsten Ortschaft, worin
    mir mein Bruder schreibt, daß ich ihm entgegenkommen
    solle, und auch drei Thaler in die Tasche stecken möge, da-
    mit er die am Stadtthor vorzeigen könne. Nun müssen Sie
    wissen, Herr Doktor, daß mein Bruder seit zwei und einem
    halben Jahr auf der Wanderschaft ist und wir uns in der
    Zeit nicht gesehen haben. Ich nehme also drei Thaler und
    gehe meinem Bruder entgegen. Auf dem Rückweg gebe ich
    ihm nun das Geld, welches er am Thor vorzeigt, und als
    wir so in die Stadt gekommen sind, giebt er mir das Geld
    wieder, denn er ist ein tüchtiger gelernter Geselle und
    braucht um ein Unterkommen nicht besorgt zu sein.“ —
    „Wozu muß er denn am Thor drei Thaler

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