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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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der durch R. H. Thompson zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgetragen worden war.
    Jetzt wusste ich zumindest, wo ich war, und zwar auf der Pacific Place Mall – irgendwo tief in der geschichtslosen
Erde unter mir. Ich wusste außerdem, wie ich dem Poltergeist eine Falle stellen und ihn fangen konnte. Auf wackeligen Beinen lief ich den Geisterhügel hinunter und tastete nach einer Lücke im Zeitsediment. In diesem Moment hörte ich, wie Celia brüllend auf mich zuraste.
    Der Rand einer Zeitschicht flatterte unter meinen Fingern. Ich drang durch die messerscharfen Erinnerungsebenen hindurch, schob und stieß, um endlich im harschen Licht meiner eigenen Zeit zu stehen. Als sie sich plötzlich wie ein aufsteigender Raubvogel vor mir zeigte, stürzte ich mich darauf und flog gemeinsam mit ihr durch das Grau, bis ich wieder in der normalen Welt war.
    Ich fiel einen halben Meter aus der Luft herab und landete auf harten Betonstufen. Die Destillierblase blieb zum Glück ganz, doch dafür litten meine Glieder. In meinem linken Knie und meiner Schulter gab etwas nach, als ich auf den obersten Stufen der Transit-Station des Einkaufszentrums aufschlug. Ein abgerissener Typ mit Skateboard und Dreitagebart fasste mich am rechten Ellenbogen und half mir beim Aufstehen.
    »Oh, Mann, das sah aber schmerzhaft aus. Alles in Ordnung, Lady?«
    »Ja, danke«, keuchte ich.
    Ich lief weiter, ehe er mir irgendwelche Fragen stellen konnte. Bei jedem Schritt verspürte ich einen Stich im linken Knie, sodass ich mich recht langsam auf die Ecke Seventh und Pine Avenue zu bewegte, die zwei Blocks westlich von hier lag.
    Es war sechzehn Uhr an einem Samstagnachmittag. Auf den Straßen herrschte dichter Verkehr, der jedoch langsam genug fuhr, dass ich mühelos zwischen den Autos hindurch auf die andere Seite gelangen konnte. Die ganze Zeit
über konnte ich Celia spüren, wie sie gegen meinen Rücken drängte. Zum Glück schien sie ebenso müde zu sein wie ich. Es gelang mir, ihr stets ein paar Schritte voraus zu sein. Schließlich hatte ich auch mehr zu verlieren.
    Ein Buchhändler von Barnes & Noble rief mir hinterher, als ich zu schnell durch den Laden rannte. Ich ließ mich nicht aufhalten, sondern stürzte die Rolltreppe hinunter. Hätte ich ihm etwa erklären sollen, dass keine Zeit zu verlieren war, wenn ich die nächsten Minuten überleben wollte? Atemlos rannte ich ins Kellergeschoss hinunter, wo man keine Handysignale mehr empfangen konnte und sich die Science-Fiction-Bücher mit den Romanzen die Regale teilen mussten.
    Ein blasses Mädchen mit langen, strähnigen Haaren hockte dort auf dem Boden und las die englische Übersetzung eines japanischen Manga. Ich blieb neben einem Regal stehen. Es zitterte plötzlich und begann gefährlich zu wackeln. Meine Brust hob und senkte sich, während sich mein Hals so anfühlte, als ob mir die Zunge herausgerissen worden wäre. Hier gab es keine Zeitebenen, in denen sich Celia verstecken konnte. Sie befand sich nun auf meinem Territorium und musste sich direkt auf mich zu bewegen.
    Plötzlich wirbelte der heiße, gelbe Energieknoten um die Ecke und knallte mit voller Wucht gegen das Regal. Ich hatte keine Kraft mehr, um ihn zurückzuhalten, sondern richtete nur noch den offenen Hals des silbernen Gefäßes in seine Richtung.
    Der Geist raste auf mich zu. Hastig kippte ich die Destillierblase und schaffte es so, ein Stück der Energiemasse in dem Behältnis zu fassen. Das Wesen traf mich mit voller Wucht an der Seite, als es wie wild hin und her zu schlagen
begann – wie ein Blatt, das in einem Wirbelsturm gefangen war. Auf einmal wurde es in die Flasche gesogen. Ich riss den Gummistöpsel aus meiner Hosentasche und stopfte ihn in die Öffnung.
    Dann ließ ich mich auf den Boden sinken. Zutiefst erschöpft lehnte ich mich gegen das Regal. Mehrere Bücher fielen auf mich herab. Das Mädchen mit dem Manga starrte mich fassungslos an.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. Auf einmal hörte ich hinter mir eine Stimme. »Miss, ich muss Sie leider bitten, unser Geschäft zu verlassen.«
    Als ich aufblickte, sah ich in das glatt rasierte Gesicht eines Wachmanns.
    »Einverstanden«, sagte ich. »Ich wollte sowieso gerade gehen. Können Sie mir bitte aufhelfen?«
    Meine Reaktion schien ihn zu verunsichern. Er streckte eine Hand aus und zog mich hoch. Dann musterte er mich von oben bis unten. »Was … Was ist mit Ihnen?«, fragte er, während er mich zum Ausgang führte.
    Ich hinkte, und das

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