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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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richtig gut ankommen.»
    «Dan ist bestimmt nicht böse, wenn er stattdessen auf dem virtuellen Boot mitfahren darf», sage ich. Ich kann mich erinnern,
     dass sie alle im selben Segelteam sind: Kieran, Violet, Frank und James. «Wenn wir nur ein Boot weniger hätten   …»
    «Dann macht Chloë am besten unseres seeuntüchtig», schlägt Ben vor.
    «Nein, dann werden wir ja alle auf die anderen verteilt»,sagt Chloë. «Besser, Alice macht Dans Boot seeuntüchtig, dann können sie, Grace und Esther zu uns kommen, und Dan wird sich
     ganz von selbst Kierans Team anschließen. Das wäre also geklärt.»
    «Aber ich kann doch kein Boot kaputt machen», sage ich. «Ich war noch nie in meinem ganzen Leben auf irgendeinem Boot.» Leicht
     panisch schaue ich mich im Wagen um. «Esther?»
    «Oh nein, mir darf man so was nicht anvertrauen», sagt sie.
    «Ich erkläre dir genau, was du machen musst», sagt Chloë. «Das ist alles kein Problem.»
    Inzwischen fahren wir über eine lange Landstraße mit Bäumen und Hecken zu beiden Seiten. An die Hügel schmiegen sich kleine
     Häuser. Wahrscheinlich sieht man im Winter Rauch aus den Schornsteinen aufsteigen, doch an diesem heißen Tag kann man nicht
     erkennen, ob die Häuser bewohnt sind oder nicht. Wir durchqueren ein Dorf mit einer kleinen Brücke, dann ein weiteres mit
     einer großen, alten Kirche. Ich betrachte die Umgebung und denke mir, dass an solchen Orten früher Kämpfe ausgefochten wurden
     und ganze Armeen zu Fuß oder zu Pferd durchmarschierten. Sie mussten sich auf den umliegenden Höfen verpflegen, bekamen hier
     und da sicheren Unterschlupf gewährt. Ich glaube, mir ist dieser neue Krieg lieber, der nur in den Köpfen der Menschen stattfindet
     und sich gegen Leute richtet, die andere, reale Kriege finanzieren und dann dabei zuschauen wie bei einem überdimensionalen
     Baseballspiel. Ich stelle mir vor, mich in dieser Gegend hier verstecken zu müssen, durch den Wald zu laufen und den Fallen
     der Wilderer auszuweichen. Und dann denke ich mir, dass ich in der Landschaft meines eigenen Lebens doch ganz gut versteckt
     bin, weil ich in einer Welt lebe, in der man britisch und bürgerlich sein und sich hin und wieder über die allgemeinen Zustände
     auslassen kann, ohne groß aufzufallen.
    Wir biegen nach links ab und dann gleich wieder nachrechts und kommen auf eine schmalere, von höheren Hecken gesäumte Straße.
    «Ich fahre die schöne Strecke», verkündet Esther. «Am Meer entlang.»
    «Sollten wir nicht lieber den direkten Weg nehmen?», sagt Ben. «Wenn wir vor den anderen da sind, kann Chloë das Boot selbst
     lahmlegen.»
    «Zu spät», sagt Esther. «Tut mir leid.»
    «Leg das mal ein.» Hiro reicht Esther eine schwarze Kassette nach vorn.
    Ich mustere Hiro, diesen mageren, nerdigen Go-Meister, und überlege, was wohl auf der Kassette ist. Esther grummelt ein bisschen
     über Leute, die sich im Auto mitnehmen lassen und dann auch noch erwarten, dass man ihre Musik spielt, legt die Kassette aber
     trotzdem ein. Es ist Velvet Underground, und wir singen alle lauthals mit, während wir über diese seltsame, kleine Straße
     holpern und der Wind uns durch die Haare bläst wie ein Föhn aus dem All.
    Dann taucht das Meer vor uns auf, und wir biegen nach links ab und fahren an den Klippen entlang. Ich bin einfach nur glücklich,
     dabei zu sein.
Du sollst die Welt verändern
. Vielleicht werde ich meiner Mutter doch etwas zu berichten haben.
     
    Als wir in Dartmouth ankommen, sind die anderen alle schon da. Ich bin nervös, weil ich ein Boot seeuntüchtig machen soll,
     doch dann stellt sich heraus, dass wir aufgrund eines Fehlers bei Gavins Firma sowieso ein Boot zu wenig haben. Dan ist bereits
     zu Kierans Team übergelaufen, und ich höre im Vorbeigehen, wie er Frank zu überreden versucht, ihn den Skipper machen zu lassen.
     Violet steht am Deich und schaut mit reichlich angesäuerter Miene auf den Fluss. Wir gehen ein paar Betonstufen hinunter auf
     einen wackligen Ponton und bewegen uns dann leicht schwankend bis ganz nach vorn, wo dieanderen bereits darauf warten, mit einem kleineren Boot zu ihrem jeweiligen Segelschiff gebracht zu werden. Wir sollen mit
     Motorantrieb den Fluss hinunterfahren, bis dorthin, wo er ins Meer mündet, dort den Außenbordmotor abstellen und Segeln üben.
     Unsere Lunch-Pakete wurden offenbar bereits auf die Boote gebracht, zusammen mit ein paar weiteren Dingen, die wir nach Ansicht
     der Firma brauchen können: Wein,

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