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Populaermusik Aus Vittula

Titel: Populaermusik Aus Vittula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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zurückzuverfolgen war. In den letzten Jahren wollte meine Schwester allein in die Sauna, das forderte sie, seit sie einen Busen gekriegt hatte, und wenn sie fertig war, gingen ich, Mutter und Vater hinein. Wir nahmen löylyä und schwitzten, dass der Schmutz sich löste, und dann wuschen wir uns mit Seife, um den Talg abzureiben, und schrubbten alte Hautschuppen ab, bürsteten uns den Rücken und wurden rot wie gehäutete Hasen. Das Einzige, worauf man in der Sauna achten musste, war, nicht zu pupsen. Auch das war eine Regel, die schon seit vielen Generationen bestand, und es war das Beste, es lieber nicht zu versuchen, wenn man nicht rausgeworfen werden wollte. Und zum Schluss gab es noch einmal Dampf, sodass sich auch die letzten Seifenreste auflösten, und wenn man sich dann mit frischem Wasser abspülte, war man sauberer, als das überhaupt möglich war.
    Aber an diesem Abend kam alles ganz anders. Hinterher begriff ich, dass Vater alles vorher geplant hatte, da lag etwas in der Luft. Nervosität. Wir setzten uns in den Umkleideraum, in dem in der Ecke die Waschmaschine stand. Mama beeilte sich, es war offensichtlich, dass sie uns allein lassen wollte. Im Metallofen brannte und knackte ein Feuer, um es gemütlicher zu machen. Ein vorwitziger Kiefernspan sprühte Glutfunken auf den Boden, die Vater mit seiner bloßen Fußsohle austrat. Wir grillten jeder unsere Wurst und aßen sie voller Genuss, gierig nach dem Salzverlust von dem ganzen Schwitzen. Vater trank sein Saunabier und mixte sich dann Wodka und Limonade. Die ganze Zeit hatte er noch kein Wort gesagt.
    Normalerweise wäre ich gegangen und hätte Vater allein gelassen. Ich wusste, dass es ihm gefiel, allein zu sein, und er gern stundenlang in die Flammen schaute, mit schwermütigen Gedanken in seinem ugrischen Gehirn. Aber diesmal hatte ich so ein Gefühl. Es war dieser intuitive Kontakt, der sich gern zwischen Vater und Sohn entwickelt, wenn man nicht die ganze Zeit redet. Man wird zu zwei Männern, registriert den Schweißgeruch des anderen, lauscht seinem Atem. Man spannt seine Muskeln an, lässt sie wieder locker und hört die leisen Geräusche der Verdauung durch Haut und Blut hindurch. Man wird organisch. Ganz klar. Streicht sich die runzligen Alltagsphrasen aus der Stirn.
    Vater räusperte sich, schwieg aber weiter einige Minuten. Räusperte sich wieder, um seine Zunge zu kneten. Trank. Ich schob einen neuen Holzscheit in die Flammen. Sah, wie der Dampf das kalte Glas hinunterlief.
    »Du bist ja nun kein kleines Kind mehr ...«, setzte er schließlich auf Finnisch an.
    Ich gab keine Antwort. Dachte nur, dass ich noch keinen Bartwuchs hatte, dafür wurde ich aber immer aufmüpfiger und hatte enorm wachsende Füße, was wohl die ersten Zeichen der Pubertät waren.
    »Du hast dich sicher schon mal gewundert . dir so einige Fragen gestellt .«
    Überrascht schielte ich zu ihm hinüber und sah, wie seine Kiefermuskeln klopften.
    »Hast dir selbst so einige Fragen gestellt . übers Leben . über die Menschen . Jetzt, wo du größer geworden bist, sollst du wissen .«
    Er machte eine Pause, trank wieder einen Schluck und vermied es mich anzugucken. Ich dachte, dass jetzt Sexualkunde käme. Kondome.
    »Aber das muss unter uns bleiben. Ist vertraulich. Nur unter uns Männern.«
    Jetzt schaute er mich zum ersten Mal an, mit ziemlich verschleiertem Blick. Ich nickte. Er richtete seinen Blick wieder aufs Feuer.
    »Mein Vater, also dein Großvater, war ein richtiger Hengst in seiner Jugend. Deshalb habe ich zwei Halbgeschwister«, erklärte er kurz und knapp. »Sie sind in meinem Alter und haben selbst Kinder. Hier in der Pajalagegend hast du also fünf direkte Cousins und Cousinen, von denen du nichts weißt, genauer gesagt sind es drei Cousinen, und du musst wissen, wer sie sind, um Inzucht zu vermeiden.«
    Er zählte sie auf. Eine von ihnen ging in meine Parallelklasse und war richtig süß.
    »Nun zur nächsten Sache. Es gibt zwei Familien in der Gemeinde, die uns übel mitgespielt haben, und die du für alle Ewigkeit hassen musst. In dem einen Fall geht das auf eine Meineidsache 1929 zurück, im anderen geht es um irgendwelche Torfrechte, die ein Nachbar dem Vater deines Großvaters 1902 abgeluchst hat, und diese beiden Unrechtstaten sollst du mit allen Mitteln rächen, sobald du die Gelegenheit dazu hast, bis diese Teufel endlich gestanden und bezahlt haben, und außerdem auf den Knien um Verzeihung gebeten haben.«
    Vater fasste die verwickelten

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