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Portrat in Sepia

Portrat in Sepia

Titel: Portrat in Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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mir ein heißes Bad vorbereiten
und weichte mich stundenlang in dem nach Orangenschalen
duftenden Wasser ein. »Vorsicht, Töchterchen, Reiten und
Baden sind schlecht für den Unterleib, sie machen unfruchtbar«,
warnte mich meine ängstliche Schwiegermutter. Dona Elvira
war eine einfache Frau, voller Güte und Dienstbereitschaft, ihre
klare Seele spiegelte sich in dem stillen Wasser ihrer blauen
Augen, sie war die Mutter, die ich gern gehabt hätte. Ich
verbrachte Stunden an ihrer Seite, sie strickte etwas für ihre
Enkel und erzählte mir ein ums andere Mal dieselben kleinen
Geschichten aus ihrem Leben und über Caleufú, und ich hörte
ihr zu in der traurigen Gewißheit, daß sie nicht mehr lange unter
uns sein würde.
    Inzwischen vermutete ich längst, daß ein Kind die Entfernung
zwischen Diego und mir nicht verkürzen würde, aber ich
wünschte mir trotzdem eins, um es Dona Elvira zum Geschenk
machen zu können. Wenn ich mir ein Leben auf dem Gut ohne
sie vorstellte, erfüllte mich unsäglicher Kummer. Das
Jahrhundert ging zu Ende, und die Chilenen kämpften darum,
sich dem industriellen Fortschritt Europas und Nordamerikas
anzuschließen, aber die Dominguez wie viele andere
konservative Familien sahen mit Schrecken, wie die
traditionellen Bräuche mehr und mehr unterhöhlt wurden und
sich die Tendenz breitmachte, alles Fremde nachzuahmen. »Das
sind wahre Teufelswerkzeuge«, sagte Don Sebastian, wenn er in
seinen überalterten Zeitungen von den neuen technischen
Errungenschaften las. Eduardo war der einzige, der
aufgeschlossen für die Zukunft war. Diego lebte in sich
zurückgezogen, Susana litt an Migräne, und Adela hafteten noch
die Eierschalen an. So entlegen und vom Zentrum abgeschlossen
das Gut auch war, erreichte uns doch der Widerhall des
Fortschritts, und wir konnten die Veränderungen in der
Gesellschaft nicht übersehen. In Santiago war eine verrückte
Begeisterung für Sport, Spiele und Ausflüge in frischer Luft
ausgebrochen, die weitaus eher zu den exzentrischen
Engländern paßte als zu den bequemen Abkömmlingen der
Edelleute aus Kastilien und Leon. Ein kräftiges Hoch aus
Frankreich kam mit Kunst und Kultur und frischte das Klima
auf, und ein schweres Rasseln von deutschen Maschinen
unterbrach die lange ländliche Siesta Chiles. Eine strebsame und
gebildete Mittelklasse stieg auf und wollte leben wie die
Reichen. Die soziale Krise, die mit Streiks, Ausschreitungen,
Arbeitslosigkeit und Attacken säbelschwingender berittener
Polizei an den Fundamenten des Landes rüttelte, war ein fernes
Brausen, das den Rhythmus unseres Daseins auf Caleufú nicht
veränderte, aber obwohl wir auf dem Gut weiterhin lebten wie
die Ururahnen, die vor hundert Jahren in denselben Betten
geschlafen hatten wie nun wir, kam doch das zwanzigste
Jahrhundert auch über uns.
    Meine Großmutter Paulina sei sehr hinfällig geworden,
schrieben mir Frederick Williams und Nivea; sie leide stark
unter den Beschwerden des Alters und den Vorboten des Todes.
Sie hatten begriffen, wie ausgebrannt sie war, als Severo ihr die
ersten Flaschen des Weines gebracht hatte, der aus den später
reifenden Trauben gewonnen worden war
- sie hießen Carmenere, hatten sie erfahren -, ein weicher, fülliger Wein mit
wenig Tanningehalt und so gut wie die besten französischen,
den sie Vina
Paulina tauften. Endlich hielten sie ein
einzigartiges Erzeugnis in der Hand, das ihnen Ruhm und Geld
einbringen würde. Meine Großmutter hatte ihn wie ein
Vögelchen nippend gekostet. »Ein Jammer, daß ich ihn nicht
genießen kann, den werden andere trinken«, hatte sie gesagt,
und danach hatte sie ihn nicht mehr erwähnt. Es hatte weder den
Freudenausbruch gegeben noch die arroganten Bemerkungen,
die gewöhnlich ihre unternehmerischen Triumphe begleitet
hatten; nach einem schrankenlos ungenierten Leben war sie auf
dem Wege, sich demütig zu bescheiden. Der deutlichste Beweis
für ihre Schwäche war die tägliche Anwesenheit des
wohlbekannten Priesters in der schmuddligen Soutane, der um
die Todeskandidaten herumwedelte, um ihnen ihr Vermögen
abzuschwatzen. Ich weiß nicht, ob sie es aus eigenem Antrieb
tat oder auf Zureden dieses alten Unheilbringers, jedenfalls
verbannte meine Großmutter das berühmte mythologische Bett,
in dem sie ihr halbes Leben verbracht hatte, in den tiefsten
Keller und setzte an seine Stelle ein Feldbett mit einer
Seegrasmatratze. Das schien mir ein höchst alarmierendes
Anzeichen, und

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