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Portrat in Sepia

Portrat in Sepia

Titel: Portrat in Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Spucknäpfe aus Silber mit goldenen
Initialen, denn in dieser Grenzstadt war es völlig in Ordnung,
wenn einer sich öffentlich seiner Spucke entledigte. Feliciano
hatte seine Wohnung im Ostflügel und seine Frau die ihre auf
dem gleichen Stockwerk, aber am anderen Ende des Gebäudes.
Dazwischen reihten sich, durch einen breiten Korridor
verbunden, die Räume der Kinder und der Gäste, alle leer bis
auf die von Severo und die von Matías, dem ältesten Sohn, dem
einzigen, der noch zu Hause wohnte. Severo del Valle, gewöhnt
an Unbequemlichkeit und Kälte, die in Chile als gut für die
Gesundheit angesehen wurden, brauchte mehrere Wochen, bis er
sich an die allumfassende Umarmung der Federkissen in seinem
Bett gewöhnt hatte oder an den ewigen Sommer der Öfen und an
die tagtägliche Überraschung, im Bad beim Aufdrehen des
Hahns mit einem Schauer heißen Wassers begrüßt zu werden.
Im Haus seines Großvaters waren die Klosetts übelriechende
Buden hinten im Patio, und an den Wintermorgen war das
Wasser in den Waschschüsseln mit einer dünnen Eisschicht
bedeckt.
    Die Stunde der Siesta überraschte den jungen Neffen und die
unvergleichliche Tante gewöhnlich in dem mythologischen Bett,
sie zwischen den Laken mit ihren Rechnungsbüchern auf der
einen und ihrem Gebäck auf der anderen Seite, und er am
Fußende zwischen der Najade und dem Delphin, wie sie
Familienangelegenheiten und Geschäfte besprachen. Nur bei
Severo erlaubte Paulina sich einen solchen Grad an
Vertraulichkeit, nur sehr wenige Leute hatten Zugang zu ihren
Privaträumen, aber mit ihm fühlte sie sich im Nachthemd völlig
wohl und behaglich. Dieser Neffe verschaffte ihr Stunden voll
Zufriedenheit, die sie bei ihren Söhnen nicht fand. Die beiden
jüngeren führten das Leben von reichen Erben und erfreuten
sich symbolischer Beschäftigungen in der Leitung der
Unternehmen des Clans, der eine in London und der andere in
Boston. Matías, der Erstgeborene, sollte einmal dem Geschlecht
der Rodriguez de Santa Cruz y del Valle vorstehen, aber dafür
ging ihm jegliche Berufung ab; weit entfernt davon, dem
Beispiel seiner tüchtigen Eltern zu folgen, Anteil an ihren
Unternehmen zu zeigen oder selber Söhne in die Welt zu setzen,
um den Namen fortzuführen, hatte er aus Hedonismus und
Junggesellentum eine Kunstform gemacht. »Er ist weiter nichts
als ein gutgekleideter Trottel«, sagte Paulina einmal über ihn zu
Severo, aber als sie merkte, wie prächtig ihr Sohn und ihr Neffe
miteinander auskamen, versuchte sie eifrig, die hier entstehende
Freundschaft zu fördern. »Meine Mutter macht Nägel mit
    Köpfen, sie muß sich vorgenommen haben, daß du mich vor
dem flotten Leben retten sollst«, spottete Matías. Severo hatte
nicht vor, sich in eine derartige Aufgabe zu stürzen, er wollte
seinen Vetter gar nicht anders haben, im Gegenteil, er wäre froh
gewesen, wenn er ihm hätte ähnlich sein können, im Vergleich
zu Matías fühlte er sich steif und farblos. Alles an Matías
verblüffte ihn, sein untadeliger Umgangsstil, seine eisige Ironie,
die Leichtigkeit, mit der er bedenkenlos Geld verschwendete.
    »Ich möchte, daß du dich mit meinen Geschäften vertraut
machst. Diese Gesellschaft ist materialistisch und vulgär und hat
wenig Achtung vor Frauen. Hier zählen nur Vermögen und
Beziehungen, deshalb brauche ich dich: du wirst mein Auge und
mein Ohr sein«, hatte Paulina ihrem Neffen wenige Monate
nach seiner Ankunft verkündet.
»Von Geschäften verstehe ich gar nichts.«
    »Aber ich um so mehr. Ich bitte dich nicht, zu denken, das ist
meine Sache. Du schweigst, beobachtest, hörst zu und berichtest
mir. Dann tust du, was ich dir sage, ohne groß Fragen zu stellen,
alles klar?«
    »Verlange nicht von mir, daß ich irgendwelche Intrigen
spinne, Tante«, entgegnete Severo würdevoll. »Ich sehe, du hast
einigen Klatsch über mich gehört… Paß auf, Junge, die Gesetze
wurden von den Starken erfunden, um die Schwachen zu
beherrschen, die sehr viel zahlreicher sind. Ich bin nicht
verpflichtet, sie zu befolgen. Ich brauche einen Anwalt, dem ich
voll vertraue, damit ich tun kann, was mir paßt, ohne mich in
Schwierigkeiten zu bringen.«
»Auf ehrenhafte Art, hoffe ich«, warnte Severo sie.
»He, Bursche! So kommen wir nie zu Rande. Deine Ehre wird
nicht gefährdet, sofern du nicht übertreibst«, erwiderte Paulina.
    So besiegelten sie einen Pakt so stark wie die Blutsbande, die
sie vereinten. Paulina, die ihn ohne

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