Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
Lobby in das riesige offene Lager. Der Anblick, der sich ihm bot, glich dem reinsten Chaos. Überall stapelten sich mit Paketen beladene, von Netzen bespannte Paletten übereinander. Osborne zählte über 20 Gabelstapler, die scheinbar wild durcheinander fuhren, Paletten anhoben und zu den Ladetoren an der Gebäudeseite transportierten.
»Wonach sucht ihr eigentlich?«, wollte McDonald wissen. Doch ihre Miene verriet Osborne, dass sie sich – wie derzeit wohl die meisten Amerikaner – unschwer vorstellen konnte, dass die schlimmsten Bedrohungen manchmal an den unwahrscheinlichsten Orten auftauchten.
»Nach einer Nadel im Heuhaufen«, sagte Osborne.
»In Ordnung«, nickte McDonald nervös. »Muss ich den Betrieb lange einstellen?«
»Hoffentlich nicht. Etwa eine Stunde, denke ich.«
McDonald nickte erneut und trat an die Wand. Sie streckte den Arm und drückte einen großen gelben Knopf über einer Reihe von Lichtschaltern. Prompt wurde das ganze Lagerhaus in orangefarbenes Licht getaucht. Schlagartig blieben die Gabelstapler stehen. Die Arbeiter wandten die Köpfe und blickten zur Tür, an der McDonald stand. Neben dem gelben Knopf drückte sie eine weitere Taste für die Sprechanlage.
»Pause, alle miteinander«, dröhnte ihre Stimme durch die Lautsprecher des Lagerhauses. »In einer Stunde geht es weiter.«
Osborne führte Maude den breiten Gang an der Außenwand des Centers entlang. Zu beiden Seiten stapelten sich fein säuberlich mit roten Ladenetzen bespannte Paletten voller Kartons bis fast unter die Decke. Das UPS-Verteilerzentrum war schon die dritte Einrichtung dieser Art, die sie heute aufsuchten. Zuvor hatten sie sich bereits im FedEx-Zentrum drüben auf der anderen Seite des Flughafens und im Verteilzentrum des US Postal Service, ebenfalls in Flughafennähe, auf die Suche gemacht. Ohne Erfolg. Diesmal jedoch wurde Maude, als sie die Hälfte des Ganges hinter sich gebracht hatten, nervös und begann an der Leine zu ziehen.
Als Osborne versuchte, die Hündin zu beruhigen, fing sie plötzlich an zu bellen. Kläffend zog sie ihn an Paletten voller Päckchen und Pakete vorbei in den nächsten Gang. Er überließ ihr die Führung. Schon bald wirkte die Hündin völlig außer sich. Eilig bewegten sie sich weiter. Osborne machte die Leine los und die Hündin schoss davon, bis sie zu einer Palette gelangte, die wie die anderen in einem Stapel stand und von einem roten Plastiknetz überzogen wurde. Abrupt blieb Maude stehen, hörte jedoch nicht auf zu bellen.
Sergeant Osborne kam zu seinem Hund.
»Aus!«, befahl er. Sofort hörte Maude auf zu bellen. Osborne beugte sich kurz hinab und kraulte der Schäferhündin den Nacken. »Braves Mädchen!«
Osborne nahm das Funkgerät vom Gürtel.
»Reno Five, ich binʼs, Osborne.«
»Schießen Sie los, Greer«, meldete sich eine Männerstimme.
»Ich bin hier bei UPS«, sagte er und bewegte sich langsam auf den Kartonstapel zu. »Ich glaube, ich habe da etwas.«
Die ersten Schneeflocken als Vorboten des herannahenden Schneesturms rieselten auf die City herab. Jessica stand am Fenster und schaute nach draußen. In dem leichten Schneetreiben wirkte die City so still und friedlich. Sie nippte an ihrer Kaffeetasse.
Plötzlich läutete ihr Telefon. Sie trat an den Schreibtisch und drückte die Taste der Freisprechanlage.
»Ja?«
»Ich binʼs, T.J. Außer mir hören noch Barnett, Tony und Tom mit.«
»Reden Sie!«
»Wir haben etwas.«
»Was?«
»Octanitrocuban. Ein Päckchen im UPS-Verteilerzentrum in Reno. Ein Suchhund hat es aufgespürt.«
»Gute Arbeit«, sagte Jessica. »Woher stammt das Päckchen?«
»Aus Jordanien. Es ist an ein Postfach in Brunswick, Maine, adressiert.«
»Portland Regional soll ...«
»Schon geschehen. Das Postfach wurde von einem Typen angemietet, der in bar bezahlt. Die verdeckte Ermittlung ist bereits angelaufen. Leider gibt es keine Kontaktinformationen zu dem Kerl.«
»Okay«, meinte Jessica. »Wir sollten trotzdem ein Phantombild anfertigen.«
»Ja, wir versuchen es. Niemand kann sich genau erinnern, wie der Mann aussieht. Die betreuen dort über 500 Postfächer.«
»Was ist mit dem Päckchen?«
»Wir brauchen Ihre Autorisierung, um es zu öffnen. Ich nehme an, das geht in Ordnung?«
»Nein, da nehmen Sie etwas Falsches an. Diese Leute schlagen willkürlich zu. Was, wenn ihr Ziel eigentlich das Verteilerzentrum ist? Wahrscheinlich nicht. Aber ich habe kein gutes Gefühl dabei, Ihnen mein Okay zu geben. Stellen Sie
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