PR Action 02 Sturm Der Kriegsandroiden
hatte. Trotz des Reißens in allen Organen, in jedem einzelnen Muskel, das vom Entzug des Aufputschmittels sprach.
Er blickte zur Decke hoch, eine weiß schimmernde Fläche mit hellen Lichtpunkten, und betrachtete die Wand neben seinem Bett, doch dann schloss er wieder die Augen.
»Wie lange?«, fragte er die Medikerin. »Wie viele Tage haben Sie hier an meiner Seite verbracht, seit ich zum ersten Mal aufgewacht bin?«
Zhou lehnte mit dem Rücken gegen das Fenster. »Sie täuschen sich, Tako. Sie sind vor genau vier Stunden zum ersten Mal .«
»Niemals!«
Nackte Angst griff nach Kakutas Herzen. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Er fürchtete, dass die Visionen zurückgekommen waren, die Gedanken und Spielräume des Todes. Dass sein Verstand noch immer unter den Resten des Aufputschmittels litt, das sich in seinem Körper festgefressen hatte.
»Tako, es ist die Wahrheit! Ihr Körper steckt voller Reste des Parastimulins, sodass Sie nicht in der Lage sind .«
War das nicht Beweis genug? Er brauchte nicht länger zuzuhören. Der Wahnsinn gaukelte ihm etwas vor. Vielleicht war dies sogar der Tod, wer vermochte das schon zu sagen? Er schloss die Augen. War er gestorben? War dies die andere Seite der Wirklichkeit, der Gegenpol des Lebens?
»Hören Sie mir zu, Tako! Sie müssen sich der Wahrheit stellen. Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie sich wieder zurückziehen. Warum macht Ihnen die Vorstellung Angst, dass erst Stunden vergangen sind? Das Einzige, was zählt, ist die Gegenwart. Sie haben es überstanden, Tako. Ich will Ihnen nichts vormachen ich bin ein großes Risiko eingegangen, aber mir blieb keine andere Wahl. Ich habe ein umstrittenes medizinisches Instrument angewandt, um Ihr Leben zu retten.«
Nicht zuhören!, sagte sich der Teleporter. Ich darf nicht auf das achten, was der Irrsinn mir zuflüstert. Es sind Worte der bösen Verlockung.
»Der Pectostab hat Ihr Leben gerettet, aber er birgt zugleich die elementare Gefahr, dass Gehirnschädigungen zurückbleiben. Irreparable Schäden, Tako! Tun Sie mir das nicht an. Sie dürfen nicht, verstehen Sie?«
Zu welchen Kapriolen ein sterbendes Hirn doch fähig war. Oder trug sein irrsinniger Verstand daran die Schuld? Vielleicht war das die Erklärung für alles, was er in den letzten Tagen erlebt hatte. Ja, Tagen, daran gab es keinen Zweifel, denn in nur wenigen Stunden konnte ein Mensch unmöglich so viel
Schmerz erfahren. In nur wenigen Stunden ließen sich Geist und Körper nicht derart malträtieren.
Am liebsten wäre Kakuta wieder in seiner Ohmacht versunken; er träumte geradezu davon, die Schmerzen hinter sich zu lassen.
»Sie sind gesund, Tako, auch wenn sich Ihr Körper an diese Wahrheit gewöhnen muss. Sie haben Entzugserscheinungen in einem unmenschlichen Ausmaß durchlitten. Wahrscheinlich schmerzt jeder Millimeter Ihres Leibes, aber das wird vorbeigehen. Sie müssen dem Wahnsinn widerstehen! Ihr Gehirn ist biologisch gesund. Ich habe ein Dutzend Scans durchgeführt - der Einsatz des Pectostabs hat Ihnen nicht geschadet. Das ist eine Tatsache.« Und dann, viel leiser, noch mal: »Eine Tatsache .«
In diesem Augenblick verstand Tako Kakuta sein grundlegendes Problem - solange er sich einredete, dies alles sei nicht real, konnten auch die Entzugsschmerzen nicht Wirklichkeit sein. Aber was nutzte es, sich selbst etwas vorzumachen? Die Wahrheit zählte, die Wahrheit, nichts anderes.
»Tako! Öffnen Sie die Augen und sehen Sie mich an! Sagen Sie mir, dass es kein Fehler war, den Pectostab einzusetzen.«
Wie verzweifelt ihre Worte doch klangen. Captain Zhou war ein Wesen, das seine Hilfe benötigte. Und er konnte ihr diese Hilfe so leicht geben. Durfte er sie da verweigern?
Kakuta war ein Mutant, Mitglied im terranischen Mutantenkorps. Er hatte die Gunst einer Zelldusche im Physiotron auf Wanderer erhalten und genoss dadurch schon ein mehrfach extrem verlängertes Leben. Allein deshalb trug er Verantwortung, ob es ihm gefiel oder nicht. Er durfte sich nicht aufgeben.
Seine Lippen bewegten sich, aber kein Ton kam über sie. »Ich darf nicht.«
»Öffnen Sie die Augen, Tako!«
Dann gehorchte der Mutant und drehte den Kopf zum bodentiefen Fenster.
Captain Zhous Silhouette zeichnete sich im grellen Gegenlicht ab, als sei sie mit dem Messer gezogen. Die Frau stand zusammengesackt vor ihm, mit hängenden Schultern.
Und hinter ihr, weit draußen hinter dem Häusermeer . dort loderten Feuer. Eben stieg eine Rauchsäule in den Himmel,
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