PR NEO 0049 – Artekhs vergessene Kinder
nein, nein! Dummes Wasser!
Das Boot verschiebt sich unter dem Aufprall, rutscht zur Seite weg und verliert allmählich den Halt zwischen den Felsen.
Chabalh ignoriert den Schmerz. Ihm bleibt nicht viel Zeit für seinen Plan. Nicht, wenn das Boot jeden Moment zwischen den Steinen hindurchgleiten kann.
Er taucht. Öffnet die Augen. Sucht. Außer der weißen Gischt und dem gelegentlichen Vorbeihuschen eines Fischs entdeckt er nichts.
Wenn er doch unter Wasser nur schnuppern könnte! Aber das geht nicht. Deshalb mag er kein Wasser.
Mit dem Kopf durchbricht er die Oberfläche. Er muss sich neu orientieren. Wo sind die Felsen? Wo das Boot?
Dort!
Nur unbewusst hört er die Rufe der Leute am Ufer. Er versteht sie nicht.
Da passiert es. Das hintere Bootsende rutscht endgültig vom Stein. Die Strömung erfasst es, stellt das Boot gerade und spült es zwischen den Felsen hindurch.
Nein! Dummes Wasser.
Durch den Wegfall des Hindernisses kann der Fluss zwischen den Steinen hindurchströmen. Wie bei einem gebrochenen Damm.
Ein Sog entsteht. Er erfasst Chabalh, treibt ihn dem Boot hinterher, drückt ihm den Kopf unter Wasser.
Und da sieht er es! Knapp unterhalb der Oberfläche. Wie eine Schlange schwimmt es an ihm vorbei, hin und her gepeitscht von der Strömung.
Wie ein Raubtier lauert er. Dann schnappt er zu. Das Wasser setzt ihm Widerstand entgegen, sodass er fürchtet, nicht getroffen zu haben. Doch da spürt er den Ruck zwischen den Zähnen und im Nacken.
Er hat das Tau des Boots erwischt, mit dem die Zweibeiner es am Ufer befestigen.
Das Boot zerrt, die Strömung schiebt.
Die Zeit des Kämpfens ist gekommen. Er schwimmt so gut er kann. Flussaufwärts, Stück für Stück.
Aussichtslos. Mit dem Boot im Schlepp kommt er gegen die Kraft nicht an.
Also ändert er den Plan.
Er legt sich wieder in die Strömung, lässt sich tragen und steuert doch dagegen. Nach links. Zum Ufer hin. Das Boot will ihn in die Flussmitte reißen, doch er widersteht.
Weiter nach links. Bald spürt er seine Pfoten nicht mehr. Die Kraft schwindet, das Herz hämmert.
Trotzdem beißt er die Zähne fest zusammen. Er darf das Tau nicht loslassen, sonst war alles umsonst.
Langsam – zu langsam! – nähert er sich dem Ufer.
Aber er gibt nicht auf. Darf nicht aufgeben. Der Herr verlässt sich auf ihn. Er darf ihn nicht enttäuschen.
Das Boot zerrt an ihm. An seiner Kraft und seinem Stolz.
Da entdeckt er vor sich das Ende des Gartens. Die Felswände rücken näher an den Fluss heran, bis sie links und rechts in die Höhe ragen. Ohne ein rettendes Ufer zwischen ihnen und dem Strom.
O nein! Er muss vorher an Land kommen. Er mussmussmuss!
Er kämpft. Schwimmt. Wehrt sich.
Wasser dringt ihm in die Nase, will ihn verlocken, das Maul aufzureißen. Er widersteht.
Das Tau nicht loslassen! Keinesfalls das Tau loslassen.
Er schnaubt das Wasser durch die Nüstern aus. Ignoriert die schwindende Kraft, die immer langsamer werdenden Bewegungen. Und dann erreicht er das Ufer. Er weiß nicht, wie, kann sich an die vergangenen Momente nicht erinnern. Aber er hat es geschafft.
Mit letzter Energie schleppt er das Boot an Land, muss ein weiteres Mal gegen die Strömung kämpfen, die ihm die Beute entreißen will, dann ist es vollbracht.
Er hat seinen Herrn stolz gemacht. Das weiß er.
»Hinterher!«, brüllte Rhodan, als er sah, wie sich das Boot zwischen den Felsen losriss und auch Chabalh dazwischen hindurchgespült wurde.
Mit großer Wahrscheinlichkeit hatten sie Chergost verloren. Er wollte nicht auch noch den Purrer verlieren.
Er hetzte am Ufer entlang, achtete nicht darauf, ob die anderen ihm folgten. Bloß nicht Chabalh aus den Augen lassen. Es misslang. Die Strömung war zu stark. Immer wieder erfasste sie die Großkatze, drückte sie unter Wasser.
Er blickte über die Schulter. Erleichtert stellte er fest, dass Belinkhar, Ishy, Iwan, Atlan und Ellert ihm folgten. Der Schreck über Chabalhs plötzliche Aktion stand ihnen ins Gesicht geschrieben.
Sie rannten weiter, ohne sich um die Vögel oder die kaninchenartigen Tiere mit den flauschigen Tellerohren zu kümmern, die sie mit ihrer ungestümen Art in die Flucht trieben.
»Dort vorne ist der Garten zu Ende«, stellte Atlan überflüssigerweise fest.
Rhodan war klar, was das bedeutete: Wenn Chabalh es bis dorthin nicht geschafft hatte, dem Fluss zu entkommen, hatte ihn die Strömung weiter flussabwärts gespült. Was auch immer ihn dort erwarten mochte.
»Da liegt er!«, rief Ishy
Weitere Kostenlose Bücher