Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
Vom Netzwerk:
diese Menschen weiser, als sie ahnen.
    Ich erinnere mich ...
     
    Die letzten Tage hatte ich häufig hier oben verbracht, vielleicht zu häufig. Die Inaktivität lag mir damals ebenso wenig wie heute. Ich hasste dieses Gefühl, dass mir die Hände gebunden waren, und doch schien es nichts zu geben, was nicht schon getan, gesagt oder gedacht worden war.
    Tarts de Telomar, mein alter Lehrmeister, ja eigentlich Ziehvater, war mit der TOSOMA unterwegs, dem Flaggschiff des 132. Geschwaders. Unsere Lage war heikel, die Kolonie hoffnungslos unterversorgt. Doch es gab niemanden, dem ich eher mein Leben anvertraut hätte als Tarts, dem alten Haudegen. All meine Tugenden, besonders meine Disziplin, hatte ich von ihm gelernt. Das war mir bewusst.
    Und ich wusste auch nur zu gut, was ich von meinem leiblichen Vater, dem Imperator Gonozal VII., zu erwarten hatte: nichts. Rein gar nichts. Das war seine Art, mir zu zeigen, was er von mir hielt, schon lange bevor ich als junger Mann nach Naat durchgebrannt war oder er von den Gefühlen erfuhr, die Crysalgira und ich füreinander empfanden. Das Schlimmste war, dass er es für ganz normal hielt, mich aus seinem Leben auszuschließen. Ich brauchte keinen Vater, der mir seine Liebe heuchelte. Aber dass er glaubte, auf diese Art einen geeigneten Nachfolger heranzuziehen, einen neuen Imperator des Großen Imperiums, erstaunte mich; und dass er mich im tiefsten Innern für verantwortungslos hielt, zeigte mir, wie schlecht er mich kannte.
    Vor Wochen schon hatte ich um Verstärkung gebeten, doch die uns versprochenen Güter und zusätzlichen Schiffe waren hoffnungslos verspätet. Schon wurden Stimmen laut, die fragten, wozu wir überhaupt Nachschub benötigten. Damit die Methans länger ihre Freude mit uns hatten, wenn sie uns für ihre Schießübungen benutzten?
    Sie dachten nicht weit genug: Natürlich brauchten wir Nachschub – vor allem aber brauchten wir die Frachter. Fast 50.000 Arkoniden lebten auf Atlantis. Die Ersten hatte ich bereits von Kerlon da Hozarius mit der TOSOMA X in Sicherheit bringen lassen. Selbst ein einzelnes Beiboot war ein schmerzlicher Verlust für unsere Kräfte; doch jeder Siedler, der dem Larsaf-System entkam, war eine Sorge weniger.
    »Und wer rettet dich?«, hatte Kerlon mich gefragt, als wir uns vor seinem Abflug zur Wega hier in diesem Raum das letzte Mal sprachen.
    »Mach dir um mich keinen Kummer«, hatte ich erwidert. »Ich komme so bald wie möglich nach.«
    Tarts schalt mich einen Pessimisten. Er wollte noch nicht wahrhaben, dass es für Atlantis, diese Kolonie, die er nach mir benannt hatte, vielleicht schon zu spät war. Der Gedanke an Flucht hatte etwas Ehrenrühriges für ihn. Vielleicht misstraute er deshalb dem Transmitter, jenem fremdartigen Gerät, das Kerlon mir von der Wega mitgebracht hatte. Es war ein Geschenk der Bewohner dieses Systems an uns gewesen; offensichtlich hoffte Kerlon darauf, dass ich es eines Tages verwenden würde.
    Tarts sah einfach nicht, wie nahe am Abgrund wir schon standen. Die Kolonie war ebenso ungeschützt wie ich, wenn ich an den breiten, unsichtbaren Rand der Pyramide aus Cyarii-Glas trat, die die Spitze meines Turms bildete: allein unter dem Himmel, mitten im Nichts.
    Die Kolonie brach auseinander. Feltif de Khemrol, mein Tato, war kriegsmüde und verbrachte immer mehr Zeit mit den Menschen. Ich konnte es ihm nicht verübeln, dass er sein Herz an die primitiven Bewohner dieses Planeten verloren hatte, denn auch ich empfand Mitleid mit ihnen. In ihren Augen mussten wir wie Götter sein; doch was hatten wir ihnen gebracht? Wir hatten stets versucht, den Kontakt zu ihnen zu meiden – dennoch hatten wir sie nicht vor dem Krieg bewahren können, der uns durch die halbe Galaxis bis zu ihrer Welt gefolgt war. Unserem Krieg. Aus ihrer Perspektive musste es scheinen, als hätten die Götter sich erst geweigert, sie wahrzunehmen, und ihnen dann die Vernichtung gebracht.
    Feltifs Stellvertreter, der Baumeister Kosol ter Niidar, war es gewesen, der die Kolonie in den vergangenen Wochen zusammengehalten hatte. Er war es auch, dem wir vielleicht eine kleine Hoffnung auf Überleben verdankten: auf dem Grund des Ozeans oder dem zweiten Planeten dieses Systems. Fraglich war nur, ob das reichen würde. Wenn sich der geballte Hass der Methans über uns entlud, war es vielleicht nicht genug, sich in einer Kuppel direkt vor der Küste oder auf dem nächstgelegenen Planeten zu verstecken.
    Ich ballte die Hände. Es musste einen

Weitere Kostenlose Bücher