PR TB 001 Planet Der Mock
und begann zu ahnen, was wir in
unseren unterirdischen Städten versäumten. Ein ganzes Leben
dort unten, dachte ich damals, werde ich niemals aushalten, ohne den
Verstand zu verlieren. Ich wollte fliehen, denn ich glaubte, nicht
mehr fern der Sonne leben zu können. Da sah ich meinen ersten
Drag. “
Xo machte eine kurze Pause. Die Erinnerung schien ihn aufzuwühlen.
Bral wartete geduldig.
Er konnte Xo gut verstehen, denn ihm war es nicht viel anders
ergangen, als er des ersten Drag ansichtig wurde. Diese Monster
türmten sich vierzig Meter hoch in den Himmel, ihre riesigen
Füße zertrampelten alles, was sich ihnen in den Weg
stellte, und ihre gigantischen Fäuste griffen erbarmungslos nach
ahnungslosen Mock und rissen ihnen die Glieder bei lebendigem Leib
aus, als fänden sie daran ein Vergnügen.
„Er kam auf den Schacht zu, als wolle er ihn mit seinen
Füßen zertrampeln. Ich sah nur seine unvorstellbar dicken
und hohen Beine, darüber einen Berg von Fleisch und
herabhängende Arme. Hoch oben aber, dicht neben der Sonne - wie
mir schien - war sein Gesicht. Es schwebte mitten im Himmel und sah
auf mich herab. In den furchtbaren Augen funkelte Mordgier - und da
kam mir zum erstenmal der Gedanke, daß die Drags uns vielleicht
verzehren, wenn sie uns fangen.“
Bral erschauerte. Er wußte, daß es für diese
Vermutung keine endgültigen Beweise gab, aber man hatte mehr als
einmal die kläglichen Überreste von Mock gefunden - Arme
oder Beine. Wo war der übrige Körper geblieben?
Sein Fuß setzte sich auf das Gitter, und es wurde dunkel um
mich“, fuhr Xo fort und nahm den Blick nicht von der Wüste.
„Ich war vor Angst und Schreck so gelähmt, daß
ich einfach meinen Halt fahren ließ und in den Schacht stürzte.
Zum Glück erlitt ich nur einige Schrammen auf dem Brustpanzer
und kam mit einigen Beinverstauchungen davon.“
„Die Schächte sind meist hundert Meter lang“,
schüttelte Bral den Kopf. „Sie hatten wahrhaftig Glück.“
„Ich fiel kaum zwei Sekunden und stieß nur leicht an
den Wänden an“, gab Xo zurück und lächelte
schwach.
„Ja, ja, die dumme Gravitation“, nickte der Astronom.
„Sie macht uns auf allen Gebieten zu schaffen. Manchmal
verstehe ich einfach nicht, wie die riesenhaften Drags sie ertragen
können und dazu noch aufrecht gehen können.“
„Hier hätten sie es leichter“, zeigte Xo nach
unten, wo das Gelände sich allmählich änderte. Erste
Grünflächen tauchten auf und kündigten die Nähe
von Wasser an.
Bral beobachtete seinen Freund aufmerksam. Ihm war plötzlich
ein Gedanke gekommen, der nun nicht mehr so absurd schien. Wenn es
eine Wahl zwischen Artos und Xo gab, dann konnte sie nur auf den Arzt
fallen.
„Haben Sie Kinder?“
Xo sah überrascht hoch.
„Ja, natürlich. Ich war vor einigen Jahren bei der
Königin und half auch in der Brutanstalt. Warum fragen Sie?“
„Beantworten Sie mir vorher eine andere Frage“, bat
Bral. „Wenn Sie auch einen Sohn haben, kennen Sie ihn?“
Xo konnte seine Verlegenheit nicht länger verbergen.
„Sie wissen, Bral, daß Sie sehr intime Fragen stellen.
Es ist verboten, sich näher mit dem Nachwuchs zu befassen, für
den einzig und allein der Staat die Verantwortung trägt.“
Er zögerte unmerklich. „Sie sind mein Freund und fragen
nicht grundlos. Ja, ich kenne einen Sohn von mir. Es war reiner
Zufall...“
„Und er heißt Arsa, nicht wahr?“
Xo war überrascht und nickte fassungslos.
„Es ist ein Geheimnis, niemand kann davon wissen. Man hätte
mich zur Arbeiterkolonne versetzt, wenn man es erfahren hätte.
Woher können Sie davon ahnen?“
Bral lächelte beruhigend. Seine Antennen vibrierten in
freudiger Erregung.
„Arsa ist einer meiner besten Schüler und kennt nur den
einen Wunsch: ein guter Arzt und Raumfahrer zu werden. Sie sehen, ich
hatte nur richtig zu kombinieren, nachdem er mir sagte, sein Vater
sei einer jener Männer, die nach Raana flögen. Doch glauben
Sie mir, es bleibt unser Geheimnis. Niemand erfährt davon. “
„Danke, Bral. Sie haben mich sehr erschreckt - aber Sie
haben mir auch zugleich eine große Freude bereitet. Gefühle
und Freundschaften sind unseren Völkern so gut wie unbekannt,
weil das Leben eine reine Zweckmäßigkeit innerhalb des
perfekten Staates geworden ist - und weil wir innerhalb unseres
Lebensbereiches unter der Oberfläche keine natürlichen
Feinde besitzen. Wir regulieren sogar das Wetter und existieren in
der Automation und Perfektion. Wir kennen keine
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