PR TB 059 Projekt Kosmopolis
Anlagen werden unterdrückt und erhalten
keine Chance, sich zu entwickeln. Begreifen Sie das nicht!"
„Ich weiß es besser", erwiderte Jollek Pandawon.
„Gut genug jedenfalls, um lieber zu sterben, als das noch
einmal durchzumachen."
Abrupt schaltete er ab.
Franklin Kendall blieb noch eine Weile vor dem Telekom sitzen. Er
war überzeugt davon, es mit einem Psychopathen zu tun zu haben,
der sich einbildete, eine Persönlichkeitsreduzierung
durchgemacht zu haben. Anders konnte es gar nicht sein, denn kein
Reduzierter erinnerte sich noch an sein Vorleben - und er erhielt
auch keine Gelegenheit dazu, von anderer Seite etwas darüber zu
erfahren. Er lebte anschließend in der Verbannung, ohne es zu
wissen. Für ihn war es so, als wäre er auf dem isolierten
Planeten geboren worden, und das Fehlen jeglicher Möglichkeit,
außer mit Schicksalsgenossen Kontakt zu anderen Menschen zu
bekommen, fiel ihm nicht auf. Er wußte es nicht anders; für
ihn war seine Welt immer isoliert gewesen. Er und seine Nachkommen
würden ein zufriedenes Leben als Siedler führen - bis eines
Tages die geheime Psycho-Überwachung feststellte, daß sich
eine stabile und gesetzlich fundierte Gesellschaftsordnung gebildet
hatte ...
Kendall erhob sich.
In der Kommandozentrale sagte er zu seinem Ersten Offizier:
„Sobald wir angegriffen werden, schicken Sie die
Ar-kon-Raketenbomben auf den Weg!"
Vor seinem geistigen Auge stand noch immer das Bild einer
flammenden Welt, als er sich in dem Sessel vor der Spielmaschine
wiederfand. Er atmete auf. Die Vorspiegelung war so realistisch
gewesen, daß man ihn hinterher mühelos hätte glauben
machen können, er sei tatsächlich als Kommandant der TOLEDO
über Corredos gewesen und hätte den Planeten durch
Ar-konbomben vernichten lassen.
„Fehlerauswertung!" meldete der Bildschirm. „Sie
haben das erste Spiel verloren."
„Aber wieso?" fragte Kendall empört. „Ich
habe nicht anders handeln können!"
Wieder reagierte die Maschine nicht auf seine Worte. Deshalb
verzichtete er von nun ab auf Einwendungen.
„Der Befehl, die Bevölkerung eines ganzen Planeten zu
vernichten, verstößt sogar gegen die Gesetze Ihrer
Zivilisation", fuhr die Maschine fort. „Sie hätten
das erkennen und danach handeln müssen. Spätestens die
anklagenden Worte Ihres Gegenspielers mußten Ihnen zeigen, daß
etwas an der Geschichte nicht stimmte. Sie wären verpflichtet
gewesen, sich beim Flottenkommando zu erkundigen, ob Jollek Pandawon
einmal reduziert worden war und ob Corredos vielleicht eine
vergessene Reduziertenkolonie darstellte.
Auf keinen Fall hätten Sie den Vernichtungsbefehl erteilen
dürfen. Sie waren den gegnerischen Kräften überlegen.
Der abgewiesene Angriff bewies das deutlich. Folglich bestand kein
Grund, zurückzuschlagen.
Richtig wäre gewesen, sich mit Ihrem Flottenkommando in
Verbindung zu setzen und vorzuschlagen, mit einem Einsatzkommando die
verantwortlichen Leute von Corredos zu überraschen und
festzunehmen, die Unschuldigen aber wie Unschuldige zu behandeln.
Ende der Auswertung."
Franklin Kendall blieb noch lange sitzen und dachte nach. Die
Spielmaschine war zweifellos von intelligenten Lebewesen mit einer
ganz anderen Mentalität als der terranischen entwickelt worden.
Er erinnerte sich an das, was Benny Dayton ihnen über den Hüter
des Lichts erzählt hatte.
Das war die Lösung!
Auch der Hüter des Lichts hatte jegliche Gewaltanwendung
verabscheut. Allerdings verfügte er über Mittel, die ihn
vor jeder Bedrohung schützten. Er brauchte folglich keine Gewalt
anzuwenden.
Aber auch Kommandant Kendall hätte keine Gewalt anzuwenden
brauchen! sagte er sich. Wenigstens nicht in planetarem Ausmaß.
Nur, als Kommandant Kendall war ihm das nicht klargeworden. Er hatte
seine Befehle befolgt, so wie er es auf der Raumakademie gelernt
hatte und wie es bei einer militärischen Organisation gar nicht
anders möglich war.
Allerdings, sagte er sich, wäre mir während des Spiels
bewußt geworden, daß ich mit einer Maschine der Hüter
des Lichts „spielte" und nur gewinnen konnte, wenn ich mir
die Mentalität dieser Wesen aneignete, hätte ich ganz
anders gehandelt.
Franklin lächelte ironisch.
Aber dann wäre sein Handeln unredlich gewesen, nicht auf
Pflichterfüllung gerichtet, sondern auf Darbietung und Beifall.
So etwas aber bedeutete geistige Prostitution.
Müde erhob er sich. Die Lichter erloschen. Hinter ihm schloß
sich die Wand.
Er trat hinaus in den ewigen künstlichen Tag.
Zur
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