PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges
Holz und Reisig!“ sagte
Stadelberger. „Es sieht so aus, als ob...“
,Los! Hinüber!“ sagte ich und schaltete die Lampe aus.
Bisher hatten sich meine Männer weder über meinen
Reichtum, der aus der Prägekunst der Maschinen und früher
erbeutetem Gold bestand, noch über gewisse technische Tricks
sonderlich gewundert. Vielleicht dachten sie, dass ein französischer
Militärstratege und Kanonengießer bessere und ganz andere
Waffen haben musste. Jedenfalls war dadurch ihre Achtung vor mir
nicht kleiner geworden. Wir gingen nebeneinander auf den Haufen Holz
zu, und ich erkannte alle Merkmale des Holzstoßes, den ich in
Thorn gesehen hatte.
,Eine Hexe? Sie wartet also auf die Verbrennung!“ sagte ich
nachdenklich.
Muss nicht jeder wahre Gläubige einen Außerirdischen,
der sich nicht zurechtfindet, als „ absonderlich “ und
daher als Buhlen des Satans identifizieren? fragte der Extrasinn.
Ich zuckte die Schultern; diese Möglichkeit war so
unwahrscheinlich, dass ich sie außer acht lassen konnte. Meine
Chance war vernachlässigbar gering. Wir sahen uns an und gingen
langsam und mit ungebrochener Wachsamkeit weiter. Die Pferde bliesen
ihren Atem in unsere Nacken. Wir hielten die Schusswaffen in den
Händen, die Hähne waren gespannt. Niemand war mehr auf der
Straße. Eine düstere Stimmung lag über dem Platz,
erstreckte sich auch auf die Kirche. Ein ziemlich gut erhaltener Turm
aus massivem Mauerwerk erhob sich jenseits der kleinen, dürftigen
Pfarre. Dort nahmen wir schattenhafte Bewegungen wahr. Stadelberger
stieß mich an. Unsere Sporen scharrten hin und wieder auf den
Steinen, als wir uns der Gruppe näherten.
„Wahrscheinlich foltern sie das Satanskind!“ sagte
Glaser.
,Du Narr!“ zischte ich wütend. ,Es gibt keinen
Menschen, der mit dem Satan im Bund ist! Und wenn schon, dann sind es
die Fürsten, die den Krieg verlängern, statt Frieden zu
halten!“
Wir sahen nichts anderes als einen Ring aus Bewohnern, der s ich
locker um den Turm legte. Nichts geschah, niemand sprach,
niemand schien uns zu beachten. Mehrere Armeepferde waren am Zaun
der Pfarre angepflockt und zupften an den wenigen dürren Halmen.
Ich verließ die Gruppe, hielt die Waffe fest und stieg die
Stufen zur Kirchentür hinauf. Was ging hier vor? Ich spähte
durch die halbe Dunkelheit über den Zaun, zwischen den dürftigen
Büschen hindurch. Jemand schleppte eine weiße Gestalt
davon und näherte sich den Pferden. Ein Schimmel mit blitzendem
Zaumzeug warf den Kopf hoch. Und im gleichen Moment begann die Orgel
zu spielen. Ich holte Atem und versuchte, einen kühlen Kopf zu
behalten.
„Tötet sie! Sie bringt das Unheil über die
Stadt!“kreischte jemand mit sich überschlagender Stimme.
Ich hörte ein unbekanntes Lied, eine seltsam kraftvolle Melodie.
Jemand trat auf die Blasebälge, und ein anderer spielte,
ziemlich gut, die Orgel. Die Klänge ergossen sich durch die weit
offene Tür ins Freie und vermischten sich mit den Flüchen
meiner Reiter. Ein Pferd schlug wiehernd aus. Ich ging einige
Schritte weiter und sah mich im Innern der Kirche um. Sie war, schien
es, mehrmals geplündert worden. Nur noch beschädigte
Heiligenfiguren standen unter den weißen Flächen, über
denen einmal Bilder gehangen hatten. Einige Kerzen brannten, und ihre
Flammen zuckten im Luftstrom. Der Orgelspieler ließ sich nicht
stören, zog ein hallendes Register und fuhr fort, seine Kadenzen
und Läufe zu spielen.
„Verbrennt sie! Sie buhlt mit dem Satan!“
Eine männliche Stimme, hart und fordernd: ,Sie ist... fangt
sie ein! Ein Goldstück für den, der sie kriegt.“
Ich drehte mich langsam um; jetzt durchschaute ich die Situation.
Ich stellte meine Waffe auf Lähmung, lehnte mich an den
arretierten Flügel des Portals und wartete, unruhig und mit
gespannten Nerven.
Der Saum meines langen Mantels verhakte sich in meinem Sporn, und
ich hob den Fuß. Die Gestalt auf dem Rücken zweier Männer
strampelte und schlug um sich, riss sich los und lief davon. Sie sah
sich suchend um und entdeckte das hellere Viereck der offenen
Kirchentür. Die Melodie der Orgel war beruhigend, sanft und von
schöner Harmonie. Nur die ächzenden Bälge und die
klappernden Register störten. Ich sah, wie die Gestalt auf
bloßen Füßen durch den Garten der Pfarre hetzte,
verfolgt von einigen Bürgern und einigen Soldaten.
,Adlan!“ rief Stadelberger.
Jch sehe alles!“ rief ich leise zurück.
Wer immer es war, der dort floh: er war schnell und gewandt. Oder
er
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