PR TB 118 Planet Der Kidnapper
primitiv leben zu können.
Wir haben es nicht nötig, im Abfall zu ersticken, weil kein
Gramm mehr erzeugt wird, als wir gerade benötigen. Und die
Folge? Unsere Welt bleibt unberührt und sauber. Das Problem
einer Überbevölkerung wird es niemals geben, weil die
Geburtenkontrolle dafür sorgt. Vergessen Sie nicht, daß
unsere Geschichte erst dreihundert Jahre alt ist. Wenn auch alle
Aufzeichnungen verschwanden, so blieb die Überlieferung. Das
Schiff von Tahun bestätigte sie eindeutig.«
Rotkel dachte eine Weile nach, ehe er sich Kaffee nachschenkte.
»Von Ihrem Standpunkt aus gesehen mögen Sie recht
haben, und vielleicht verstehe ich Sie auch. Aber deshalb stimme ich
noch immer nicht Ihren Methoden zu. Sie verstoßen gegen das
Gesetz der persönlichen Freiheit, das auch im Imperium seine
Gültigkeit nicht verloren hat.«
»Der Zweck heiligt die Mittel - so sagt man doch, nicht
wahr?«
Rotkel nickte.
»Sicher, das sagt man, aber die Mittel kennen Unterschiede.
Sie hätten zu mir kommen sollen, wir hätten frei
diskutieren können, und ich bin überzeugt, daß ich
Ihre Argumente anerkannt hätte. Jetzt fällt mir das etwas
schwer, denn jede Gewalt verurteilt auch eine gute Sache von Anfang
an. Der Krieg ist keineswegs das letzte Mittel der Politik.«
»Niemand denkt an Krieg!«
»Fassen Sie es mehr symbolisch auf, mein Lieber. Natürlich
führen Sie Krieg, und zwar gegen Ihre rechtmäßig
eingesetzte Regierung - und gegen die Menschlichkeit. Nein,
widersprechen Sie mir nicht, Brandix! Sie wissen, daß Old Ham
ohne mich und Gesine nicht in der Lage ist, die Seuche endgültig
einzudämmen. Sie setzen also das Leben von Menschen aufs Spiel,
nur um Ihre persönlichen Ziele zu erreichen.« Er warf ihm
einen forschenden Blick zu. »Welches sind eigentlich Ihre
Ziele? So richtig weiß ich das noch immer nicht.«
Brandix betrachtete Gesine, die noch immer vor sich hindöste.
»Sehen Sie sich doch nur Ihre Kuh an, Doktor. Ich kenne sie
zu wenig, aber sie macht mir ganz den Eindruck, als fühle sie
sich wohl, fast glücklich. Und das, obwohl ich sie hierher
entführen ließ. Für sie muß diese Welt ein
wahres Paradies sein - und das ist sie auch. Ich will nur, daß
sie es bleibt.«
»Aber wie? Indem Sie mich entführten?«
»Es gibt Leute in der Regierung, die einen Beitritt zum
Solaren Imperium
erwägen. Das wäre das Ende unseres Paradieses. Immer
mehr Schiffe würden kommen und Siedler absetzen. In ein paar
Jahren wäre unser Planet übervölkert, die natürlichen
Lebensmittel würden nicht mehr ausreichen, die synthetische
Eigenproduktion hätte genau die Folgen, die ich schon früher
beschrieb. Unsere Welt, so wie sie heute ist, wäre zum Untergang
verurteilt. Das ist der Grund, warum ich gegen die Regierung bin und
mit allen Mitteln versuchen werde, sie zu stürzen.«
Rotkel gab Brandix' fragenden Blick offen zurück.
»Und was ist mit Olti Harn? Was hat er für eine
Einstellung? Will er die Isolierung oder den Kontakt mit dem
Imperium?«
»Er wollte ihn bisher nicht, aber nun bin ich nicht mehr so
sicher. Immerhin organisierte er Ihre Entführung von Tahun, um
den Kontakt zu vermeiden, das spricht für ihn.«
»Was glauben Sie, warum er unsicher wurde?« erkundigte
sich Rotkel. »Ich will es Ihnen sagen: Ihr Verhalten, sonst
nichts. Sie erreichen genau das Gegenteil von dem, was Sie wollen.
Sie haben den unterbewußten Widerspruchsgeist des Menschen
unterschätzt. Man wird sich gegen Sie stellen, auch wenn man
Ihrer Meinung ist.«
»Weil meine Methoden falsch sind?«
»Ja, genau deswegen, Brandix! Wären Sie ein guter
Psychologe, dann wüßten Sie das. Eine Welt des Friedens
läßt sich nicht mit Gewalt zum Frieden zwingen. Das zu
glauben, ist ein verhängnisvoller Irrtum.«
Mehrere Minuten schwiegen die beiden Männer und hingen ihren
Gedanken nach. Gesine begann wieder zu grasen und entfernte sich
immer mehr von dem niedrig gebauten Haus. Sie gelangte an einen Bach,
aus dem sie genüßlich trank. Dann legte sie sich wieder
hin.
Wirklich, dachte Rotkel, ein Bild des Friedens. Es sollte erhalten
bleiben. Aber wie? Durch Brandix und seine Methoden?
Wahrscheinlich war es so, daß er von seinen eigenen
Anhängern in den Radikalismus getrieben wurde, um sich behaupten
zu können. Das hatte es in der Geschichte der Menschheit mehr
als einmal gegeben.
Endlich schien Brandix einen Entschluß gefaßt zu
haben. Er rief einen Namen, und dann erschien der Mann, der Rotkel
geweckt hatte.
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