PR TB 136 Die Sklaven Des Computer
Suylon, und ihm unterstanden rund ein
Dutzend Gruppen mit insgesamt dreitausendvierhundert Mitarbeitern.
Die Gruppe, in der Ningmak arbeitete, hieß »Abwehrgruppe
I für Vergehen gegen die Personenbewegungsordnung in
unmittelbarer Umgebung von Mossakonsch, Landbewohner, Städter,
Spezialisten«. Der Gruppenführer war ein älterer Mann
namens Morvli, ebenfalls ein Spezialist, der seine Aufgabe mit jener
verbissenen Gewissenhaftigkeit versah, wie sie der Dienst im
Sekretariat für Innere Ordnung erforderte. Ningmak hatte
tagtäglich mit ihm zu tun. Kurz bevor er den Flug nach Biparon
antrat, hatte er zu spüren gemeint, wie Morvlis Verhalten sich
ihm gegenüber änderte. Früher war er ein sachlicher
und gerechter Vorgesetzter gewesen. In letzter Zeit jedoch hatte er
die Tendenz entwickelt, Ningmak mit spitzen Bemerkungen auf Fehler in
seiner Arbeit aufmerksam zu machen - auch solche Fehler, die sich im
Handumdrehen beseitigen ließen und die Ningmak zum Teil schon
beseitigt hatte, bevor Morvli darauf aufmerksam wurde. Ningmak konnte
sich die Änderung in Morvlis Verhalten nicht anders als damit
erklären, daß sein Vorgesetzter auf die Bevorzugung, die
ihm, Ningmak, durch die Abberufung zu einem Flug nach Biparon
widerfuhr, neidisch war. Obwohl er trotz angestrengten Nachdenkens
keine andere Erklärung fand, schien ihm auch diese wenig
plausibel. Denn wie konnte Morvli Neid empfinden angesichts einer
Entscheidung, die auf weit höherer Ebene getroffen worden sein
mußte, also von Leuten, die nur den Nutzen des Ganzen im Sinne
hatten?
Es war fast Mittag. In den Straßen und auf den Plätzen
der Stadt bot sich das übliche Bild: das eilige Treiben derer,
die im Beruf standen und mit Fahrzeugen oder zu Fuß hier- oder
dorthin eilten, und auf den
Grünflächen die geruhsame Gesellschaft derer, die nicht
zu arbeiten brauchten, weil sie zu alt oder zu krank dazu waren.
Staatliche Gymnasiasten nahmen sich der Nichtarbeitenden an und
vollführten mit ihnen Turnübungen und Ballspiele. Niemand
war gezwungen, sich an diesen Übungen zu beteiligen, obwohl es
Ningmak unsinnig schien, dieses großzügige Angebot des
Staates auszuschlagen. Hieß es doch im Buch der Regeln: Ein
gesunder Geist erfordert einen gesunden Körper; ein gesunder
Körper braucht stündlich Betätigung. Wie dem auch sein
mochte: es gab noch immer viele Nichtarbeitende, die sich frühmorgens
schon in den Nachrichtensälen einfanden und den Tag damit
verbrachten, auf die große Bildfläche zu starren, auf der
Nachrichtensendungen, Kulturberichte und hin und wieder auch ein
kleines Bildspiel vor ihren Augen abrollten. Auch die Nachrichtensäle
wurden vom Staat erhalten, und ihre Benützung war frei. Es
hatten sich allerdings besonders in letzter Zeit Stimmen erhoben, die
behaupteten, daß viele, die ihre Tage in den Sälen
verbrachten, vielleicht nur deshalb arbeitsunfähig waren, weil
sie die Gelegenheit zur Stählung ihrer Körper nicht
nützten. Seitdem gab es an den Saaleingängen immer häufiger
Kontrollen, und es kam schon vor, daß einer, der in einer
bestimmten Woche zum vierten oder fünften Mal erwischt wurde,
wie er einen Nachrichtensaal betreten wollte, wieder fortgeschickt
wurde mit der Bemerkung, er solle sich ein wenig mehr um seine
körperliche Gesundheit kümmern.
Bislang allerdings nahm es der Staat damit noch nicht sonderlich
ernst. Der Abgewiesene konnte zum Beispiel ohne weiteres zu einem
anderen Nachrichtensaal fahren und sich dort Zutritt verschaffen.
Sobald der Staat einmal wirklich durchzugreifen beabsichtigte, würde
er PSIKOR mit dieser Aufgabe betrauen. Denn PSIKOR wußte zu
jeder Sekunde genau, wo jeder einzelne Bürger von Negmantok sich
befand.
Im Büro des Gruppenleiters der Abwehrgruppe I meldete sich
Ningmak mit der Bitte, Morvli sprechen zu dürfen. Er wurde in
einen Warteraum gewiesen, dessen Wände mit Spruchbändern
verziert waren. ERNST DER ARBEIT, SPASS DEM SPIEL las Ningmak. Und
darunter stand: DER FEIND IST ÜBERALL. WACHSAMKEIT IST UNSER
ALLER PFLICHT. Die Sprüche entstammten dem Buch der Regeln, und
Ningmak beschäftigte sich in Gedanken mit ihnen, obwohl er sie
schon tausendmal gelesen hatte. Denn ebenfalls im Buch der Regeln
stand: Nur die ständige Beschäftigung mit dem hier
zusammengefaßten Gedankengut macht aus dem Bürger einen
echten Freund.
Eine Tür öffnete sich summend. Morvli erschien, in die
übliche graue Montur gekleidet. Er war ein wenig kleiner als
Ningmak. In seinem Gesicht spielten
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