PR TB 158 Die Frauen Von Avalian
Stadt
hineinschlagenden Wasser.
Ich verlor den Boden unter den Füßen. Die Menge preßte
mich zusammen mit vielen anderen in den Tempel hinein, doch dann
stemmten sich uns andere Avalianerinnen entgegen. Ich konnte mir
denken, warum das geschah. Wahrscheinlich kamen mehr und mehr
Menschen in die Nähe des Transmitterschachts, vor dem sie in
ebenso großer Angst zurückwichen wie andere hier draußen
vor dem Wasser.
Minutenlang wurde ich in einem unglaublichen Chaos hin und her
gerissen. Ich schlug ebenso um mich wie andere, nur von dem Wunsch
beseelt, die Katastrophe zu überleben.
Dann wurde es allmählich ruhiger. Der Druck ließ nach.
Die Frauen, Kinder Männer wichen zurück. Die Menge lichtete
sich und schließlich konnte ich sehen, wie das Wasser gewütet
hatte.
Nur eine einzige Riesenwelle war über das Land gerollt, aber
diese hatte genügt, alles zu vernichten, was die Frauen hier
aufgebaut hatten. Von der Stadt war nur noch ein Trümmerfeld
geblieben. Was das Erdbeben nicht zerstört hatte, das war vom
Wasser vernichtet worden.
Ich schob mich durch die wie erstarrt stehenden Frauen nach vom.
Erschüttert blickte ich nach unten. Die Treppe war mit Trümmern,
Verletzten und Toten
übersät. Von der paradiesisch schönen Landschaft
war nichts
mehr geblieben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht gewußt,
welch zerstörerische Kraft im Wasser steckte. Jetzt erkannte ich
es. Ich blickte auf ein Land hinaus, in dem noch niemals zuvor die
ordnende Hand der Avalianerinnen gewirkt zu haben schien.
An die Zahl der Toten und Verletzten, die diese Katastrophe
gekostet hatte, mochte ich gar nicht zu denken.
Die Menge setzte sich in Bewegung. Schweigend schritten die Frauen
die Stufen hinunter. Ich wartete, bis sich der Tempel weitgehend
geleert hatte. Dann trat ich ein.
Einige ältere Frauen gingen an mir vorbei, als wäre ich
nicht vorhanden. Ich mußte ihnen ausweichen, um nicht mit ihnen
zusammenzuprallen. Ich kümmerte mich nicht um sie. Ihr Verhalten
schrieb ich dem Schock zu, den sie erlitten hatten.
Aber dann blieb eine junge Frau stehen und sah mir in die Augen.
Sie war blond und auffallend schön.
Ich lächelte tröstend.
„Es wird schon wieder gut werden", sagte ich zögernd.
Sie verzog ihr Gesicht und erwiderte: „Ich verachte dich!"
Dann eilte sie davon.
Elaine stand an einer Säule, als ich sie fand. Außer
ihr war niemand mehr im Tempel, der viel zu wenig Schutz geboten
hatte.
„Es ist vorbei", sagte ich.
„Wenn ich geahnt hätte, was daraus wird, dann wäre
ich dir nie aus der SZ-1 gefolgt", entgegnete sie. „Die
Flucht aus dem Schiff hat mir Spaß gemacht. Ich wollte mich
amüsieren, einmal etwas anderes erleben, weitab von dem
täglichen Einerlei. Aber nicht so etwas."
Die Katastrophe hatte sie persönlich getroffen. Sie fühlte
sich schuldig, obwohl das völlig unsinnig war. Weder sie noch
ich hatte irgend etwas mit den Naturereignissen auf dieser Welt zu
tun.
„Ich hatte ähnliche Gedanken, als ich die SZ-1
verließ", gestand ich ein. „Ich habe an ein paar
schöne Tage mit dir gedacht."
„Was können wir tun?" fragte sie. „Wie
können wir helfen?"
„Ich glaube nicht, daß wir das können. Wir haben
keine Möglichkeiten. Wir wissen nicht,
wo wir sind. Wir können die SOL nicht rufen."
„Wir könnten es immerhin versuchen."
Ich schüttelte den Kopf.
„Selbstverständlich würde Rhodan die Hilfe nicht
verweigern", antwortete ich. „Er ist jedoch nicht so etwas
wie eine kosmische Feuerwehr, die bei jeder kleinen Katastrophe
helfend eingreift. Er verfolgt große Ziele. Die Avalianer
müssen es allein schaffen."
„Das können sie nicht."
„Und warum nicht? Auf diesem Planet gibt es vielleicht
Millionen von Frauen. An anderen Orten bestehen vielleicht riesige
Städte und gewaltige Industriekomplexe. Was wissen wir denn
schon von Avalian? So gut wie nichts. Ich weiß, es klingt nicht
besonders mitfühlend, aber dies ist nun einmal ein lokaler
Vorfall, der aus höherer Warte nicht so bedeutend ist, wie er
uns erscheint." Sie dachte über meine Worte nach und nickte
schließlich. „Wir müssen versuchen, den Rückweg
nach Rasterstop III zu finden", sagte ich und sah mich dabei im
Tempel um. Ich ging zum Schacht und blickte vorsichtig hinein. „Ist
jemand hineingestürzt?" Elaine schüttelte den Kopf.
„Sie hatten Angst davor", antwortete sie. „Die
Frauen haben sich auf den Boden geworfen und sich festgeklammert, um
nicht in den Schacht gedrückt zu
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