PR TB 199 Die Parasiten
geheilt hast", gab
Shainsa zurück. “Es ist wichtig, daß ich gesund
werde. Die Tücher, Teppiche, Felle und Webarbeiten aus Akoris
gehen in alle Richtungen und vermehren den Ruhm und den Reichtum des
Landes. Nur wenn ich die Arbeiten selbst beaufsichtige, wenn ich neue
Muster schaffe, bringen die Handelskarawanen die Ware aus Akoris in
alle
Länder."
“Ich verstehe", sagte ich. “Unterschätze
nicht die Gefährlichkeit der Operation, Shainsa-Tar."
“Ptah-Sokar schilderte mir deine Geschicklichkeit!"
“Ich habe nicht immer geschickte Finger und dasselbe Glück",
sagte ich und erriet, welche Vorarbeit mein Freund geleistet hatte.
“Trotzdem werde ich versuchen, euch so schnell wie möglich
zu heilen."
“Du wohnst bei Ptah?"
“So war es ausgemacht."
“Ptah wußte, daß du heute kommst. Es wird ein
Fest geben. Nach dem Fest lade ich dich zu einem Bier oder Wein und
einem langen Gespräch hierher ein. Wirst du kommen?"
“Wenn ich nach einem Fest von Ptah dazu noch in der Lage
sein werde", erklärte ich und trat aus dem Schatten des
weißen Sonnensegels. “Ich habe mich in der Stadt und
zwischen ihren Menschen noch nicht zurechtgefunden."
“Es wird dir leichtfallen. Akoris ist klein und betriebsam.
Und wenn man von deinen Erfolgen hört, wird man dich lieben."
Immer wieder sah ich die Zeichnungen an. Sie verrieten einen
fremdartigen Einfluß. Sie waren nicht innerhalb der Kultur
dieser Zeit entstanden: weder rein ägyptisch noch hekakhasutisch
konnten sie genannt werden. Natürlich hielten sie sich an die
tradierten Formen, aber die eigentlichen schöpferischen Ideen
kamen vermutlich von ES, vom Kunstplaneten Wanderer und aus der
Phantasie eines der beiden Spieler. Einer der Parasiten war wohl
darauf abgestimmt, dem erstrebtem Weltreich wirtschaftliche Erfolge
zu sichern. Ich begriff, daß das Spiel durchaus subtil angelegt
war, gleichgültig, wie lange es schon geführt wurde, und
wie sehr die Symbionten inzwischen eigenes Leben gewonnen hatten. Ich
blieb neben dem Tisch stehen und blickte in die großen,
eindrucksvollen Augen der Frau. In diesem Moment waren wir beide
sicher, daß wir früher oder später leidenschaftlich
zueinanderfinden würden.
Ich hob die Hand und deutete in die Richtung des Nils und Ptahs
kleinem Palast. “Die Reise hat mich ermüdet. Auch habe ich
mit meinem Freund noch kein Wort gewechselt", sagte ich leise.
“Wir sehen uns auf dem Fest."
Sie entließ mich mit einem schmelzenden Lächeln und
einem Blick voller kühner Selbstverständlichkeit. Eine
ähnlich direkt ausstrahlende Intelligenz hatte ich bei Naamer-Ta
im Delta gespürt. Zu welcher der zwei Parteien zählte
Shainsa-Tar? Es war müßig, die Frage beantworten zu
wollen. Ich ging in Ptahs Haus. Jenseits eines farbenfrohen Vorhangs
erwartete mich ein junges Mädchen und brachte mich hinaus in den
kühlen Garten, dessen zahllose Blüten durchdringend
dufteten. Einige Herzschläge später stürzte Ptah-Sokar
auf mich zu und umarmte mich.
“Es ist gut, daß du hier bist", sagte er einfach.
“Mir persönlich geht es hervorragend. Und ich bin hinter
einige Zusammenhänge gekommen, die unseren Auftrag betreffen,
Atlan!"
“Ich freue mich!" entgegnete ich und ließ mich am
Oberarm von ihm mitziehen. “Aber trotz unserer Erfolge haben
wir noch eine gewaltige Aufgabe vor uns. Du baust Dämme und
Schleusen?"
“Ich versuche, niemanden zu verwirren, und halte mich an
althergebrachte Traditionen. Aber wenn alles gebaut ist, etwa in
einem Jahr, haben viele Menschen mehr Arbeit und Essen, mehr Wasser
und ein leichteres Leben. Es fällt leicht, klüger zu sein
als die meisten anderen."
“Noch kein Herrscher hat es vermocht, Änderungen
einzuführen, die nicht wirklich in erreichbarer Nähe lagen.
Jede Neuerung braucht eine gewaltige Menge an Zeit", schränkte
ich ein. Ptah nickte beipflichtend und stieß hervor: “Was
würde wirklich geschehen können, wenn das Volk klüger
und einsichtiger wäre!"
“Wären die Fellachen klüger und gebildeter, würden
sie nicht diese knochenbrechende Arbeit auf sich nehmen",
widersprach ich. “Trotzdem sind nicht nur wir als Bringer der
Kultur tätig, sondern auch die Befallenen der Symbionten. Chayan
machte das Delta sicherer, Towe-Satni vollendete Chayans Werk,
Naamer-Ta besorgte die Außenpolitik und beeinflußte den
Pharao, Shainsa-Tar sorgt dafür, daß Stoffe und neue
Muster in alle Richtungen der Welt gehen. Das Spiel der zwei
unsichtbaren Spieler ist noch immer im vollen
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