PR TB 236 Die Stadt Der Zukunft
Haarbürsten-Laser auf den Kopf. Die mollige
Frau kippte zur Seite.
MAMMA verstummte im gleichen Moment. Das Schmatzen und Rumpeln des
Biokunststoffs brach ab. Die aufgewühlte, blasenwerfende
Landschaft, die einst die Stadt gewesen war, erstarrte zu einer
gespenstischen Ödnis.
Stille trat ein - unheilvolle Stille.
Hurwitzka sah sich unbehaglich um.
»Hoffentlich«, brummte er, »habe ich jetzt
keinen Fehler gemacht.«
12.
Mashmir Gulf hatte sich schlafen gelegt.
Ulga war fort, zusammen mit dem Samensack und dem Laufenden Moos,
und ihre Drohung, ihn nun endgültig zu verlassen, hatte Gulf
angenehme Träume beschert.
Träume von Champagnerströmen und hübschen, jungen
Frauen, die nichts am Leib trugen.
Ein markerschütternder Schrei riß ihn in die
Wirklichkeit zurück.
Ruckartig fuhr Gulf hoch.
»Was, zum Teufel.!«
Der Schrei hielt noch einige Sekunden an und ging dann in ein
Summen über, bis sich verständliche Worte aus dem Summen
herausschälten.
». der sechzehnte Seinsmoment durch den siebzehnten
Seinsmoment, der siebzehnte.«
Abruptes Schweigen.
Gleichzeitig ging ein Zittern durch das Apartment. Die
holzgetäfelten Wände, die skandinavischen Kiefernmöbel,
die Zimmersauna - alles löste sich in graue Protomaterie auf.
Binnen Sekunden war das Apartment wieder der graue kahle Saal wie bei
Gulfs Ankunft in der Stadt der Zukunft.
Selbst die Trennwände schmolzen wie Butter in der Sonne dahin
und verschwanden im Boden.
Außer Gulf und der Schönen Hände in der Ecke war
die Wohnung leer.
». ist jetzt schon wieder los?« beendete Gulf nach
einem Keuchen seinen Satz. »MAMMA! Was hat das zu bedeuten?«
Er wartete, aber MAMMA antwortete nicht.
Dafür neigte sich der Boden. Das ganze Zimmer kippte nach
unten, und der Boden wurde glatt. Glatt wie Eis.
Gulf stieß einen Fluch aus und versuchte, sich irgendwo
festzuklammern, aber seine Hände fanden keinen Halt und er
schlidderte über den schiefen Boden.
Direkt in die Pflanzenarme der Schönen Hände.
»Argh«, machte Gulf erstickt, als sich die Blätter
um ihn schlossen. Das intensive Moschusaroma der arkonidischen
Pflanze betäubte ihn. Verzweifelt kämpfte er gegen die
Umklammerung an, aber kaum hatte er eines der händeförmigen
Blätter abgeschüttelt, schlossen sich zwei, drei andere um
seine Beine, seine Hüfte, seinen Hals.
»Hilfe!« brüllte Gulf in Todesangst. »Gott,
dieses Unkraut bringt mich um. MAMMA! Ulga! Hassewass! Zu Hilfe!«
Niemand rührte sich.
Gulfs Bewegungen erlahmten immer mehr.
Dann ein Heulen und Knirschen, wie von einem Schlagbohrer, der
eine Betonwand durchstieß. Etwas Weißes, Rotierendes
durchstieß die Biokunststoffdecke und raste wie ein
wildgewordener Kinderkreisel über den schrägen Boden.
»Hilfe«, ächzte Gulf wieder.
Das wirbelnde weiße Ding verlangsamte seine
Umdrehungsgeschwindigkeit. Es verlor seine Kegelgestalt und zerfloß
zu einem Fladen mit vier Stielaugen und Dutzenden diamantharter
Stummelbeine.
»O je«, sagte Hassewass 756, »was machen Sie
denn mit der Pflanze, Mashmir? Das wird Ulga aber gar nicht
gefallen.«
Gulf traf fast der Schlag.
»Was ich mit der Pflanze machte?« krächzte er.
Die Wut verlieh ihm neue Kräfte. Mit einem Ruck riß er die
würgenden Blätter der Schönen Hände von seinem
Hals, und er brüllte: »Was ich mit der Pflanze mache? Gott
steh mir bei, dieses Unkraut bringt ich um! Seit Stunden rufe ich
schon um Hilfe, aber natürlich hat jeder etwas Besseres zu tun,
als mich vor dem Tod zu retten.«
Der Matten-Willy beäugte mißtrauisch den Boden. Selbst
seine Stummelbeine mit den harten Spitzen fanden kaum Halt. Langsam,
Schritt für Schritt, immer wieder zurückrutschend und sich
erneut nach vorn
tastend, die Schräge hinauf, näherte sich Hassewass dem
gefangenen Gulf.
»Warten Sie, Mashmir. Ich bin gleich bei Ihnen.«
Gulf lief rot an.
»Mir wird wohl nichts anderes übrigbleiben«,
entgegnete er giftig. »Beeile dich gefälligst. Dieses
Grünzeug stinkt unerträglich.«
Es gelang ihm, einen Arm zu befreien, und ziellos schlug er auf
die Blätter und den Stamm der Schönen Hände ein. Dann
hatte der Matten-Willy ihn erreicht, fuhr einige Pseudopodien aus,
und mit vereinten Kräften gelang es, den Widerstand der Pflanze
zu brechen und Gulf aus ihren Klauen zu befreien.
»Halten Sie sich bei mir fest, Mashmir«, riet der
Matten-Willy. »Ich bringe Sie hier raus.«
»Was ist eigentlich los? Warum antwortet MAMMA nicht? Und
wieso steht dieses verdammte
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