Pralinenherz
sind?“, fragte Hanna, die nun auf einem Stuhl Platz nahm, der in einer Ecke stand.
„Finn Wolf. Ich glaube, wir haben auch schon einmal telefoniert? Es ging dabei um die Webseite, die ...“
Da ging Hanna endlich ein Licht auf und es durchzuckte ihren Körper. Mit weit aufgerissenen Augen und einem Limonadenrinnsal am Kinn, das ihr aus dem Mund tröpfelte, starrte sie diesen Leckerbissen an, der sich so fürsorglich um sie kümmerte.
Natürlich erinnerte sie sich. An den freundlichen Mann, mit dem sie bereits einige Male am Telefon das Vergnügen hatte und auch an die vielen E-Mails, die sie oft im Namen von Frau Behlitz schrieb. Erst gestern hatte sie noch eine E-Mail von ihm bekommen, die mit dem Smiley neben seinem Namen.
Erschrocken fuhr sie sich über die Lippen, versuchte ihr peinliches Auftreten zu kaschieren, sprang auf und drückte ihm die Flasche in die Hand.
„Ja. Ja natürlich! Hanna! Ich bin Hanna!“, rief sie erschrocken und nahm die Flasche dann doch wieder an sich.
Finn lachte und reichte ihr die Hand, die Hanna gerne nahm und schüttelte.
„Da habe ich ja endlich mal ein Gesicht zu der sympathischen Stimme am Telefon.“ Finn lächelte sie freundlich an und schaute zu einem seiner Mitarbeiter, der in die Kammer lugte.
„Finn? Die alte Behlitz ist da …“, flüsterte dieser genervt, erblickte dann Hanna und räusperte sich.
„Kommst du bitte?“ Dabei bedeutete er Finn, dass es dringend sei und er froh wäre, wenn Finn ihn ablösen könnte.
Finn lachte und grinste Hanna an.
„Wenn man vom Teufel spricht, was?“ Er lief aus der Kammer heraus und Hanna hörte ihn nur noch laut „Frau Behlitz! Schön, dass Sie hier sind!“ rufen und musste dabei kichern. Doch dann wurde es still um sie herum. Auch wenn die vielen Menschenmassen sich durch die Gänge drängten, laut gesprochen wurde und man kaum sein eigenes Wort verstand, umfing sie doch diese Stille und das Gefühl, das sie schon vor drei Jahren, bei der geheimnisvollen Begegnung am Bahnhof, hatte erleben dürfen.
Sie hielt sich den Bauch, schaute auf ihre gesammelten Werbeflyer und sah sich dann um.
War er es wirklich? Dieser Mann? Oder sah er Finn nur ähnlich? Das wäre doch ein verrückter Zufall! Schließlich hatte sie Oliver an genau demselben Tag kennengelernt und war doch glücklich mit ihm geworden. Jetzt und hier Bauchkribbeln zu bekommen, war ihrem Freund gegenüber einfach nicht fair.
Hanna stand auf und stellte die leere Flasche beiseite, zwängte sich dann durch die von ihr demolierte Tür hindurch, verschloss sie von außen und schlich sich an Frau Behlitz heran.
Diese lehnte entspannt an der Theke mit den verschiedenen Infoflyern, spielte an ihrer Kette und ließ tiefe Einblicke in ihr Dekolleté zu, dessen Offenbarung Finn die nackte Panik ins Gesicht schrieb. Hanna erkannte die prekäre Situation und stellte sich neben ihre Chefin, die sie gleich mit einem bösen Blick strafte, so als hätte sie den Flirt ihres Lebens unterbrochen.
„Ja, meine Assistentin. Hast du auch endlich hergefunden?“, stänkerte sie gleich abfällig in Hannas Richtung, die Finn verlegen anlächelte.
„Ja, ich musste mich noch … ähm, durch die Massen drängen“, versuchte sie sich zu verteidigen, doch Frau Behlitz holte gleich zum Gegenschlag aus.
„Mit Masse durch die Massen zu wollen, da dauert das natürlich länger. Das nächste Mal machst du dir einen Zeitplan!“ Dass sie erst in einer Stunde hätten hier auftreten sollen, davon verlor sie natürlich kein Wort und sie ließ Hanna wie eine tollpatschige, übergewichtige Pute dastehen.
Peinlich berührt schloss Hanna ihre Augen und hoffte einfach, dass ihr Kopf explodieren würde. Die Blutspritzer würde sie sogar in Kauf nehmen. Mit den heutigen Waschmitteln bräuchte sie ihre blutverschmierte Kleidung noch nicht einmal mehr vorbehandeln!
Finn räusperte sich auffällig und versuchte so, Frau Behlitz, die gerade erst in Fahrt kam, von weiteren Peinlichkeiten abzuhalten.
Noch bevor sie ihren knochigen Körper in Kampfstellung bringen konnte, legte Finn ihr eine Hand auf die Schulter und schob sie beiseite.
„Ich zeige Ihnen am besten schon mal unsere Neuerungen, die würden sich auch prima für Ihre Webseite eignen!“
Hanna blieb am Stand stehen, kämpfte mit den Tränen, doch sie bewahrte Würde. Ein seitlicher Blick in einen Standspiegel offenbarte das Ausmaß der Katastrophe. Ein viel zu dicker Hintern wölbte sich unter dem Rock und ihre nur
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