Pralinenherz
apfelgroßen Brüste akzentuierten diese Ausmaße nur noch. Seufzend drehte sie sich hin und her, um das gewaltige Ding von allen Seiten zu betrachten, sehr zu Finns Vergnügen, der durch ihr Posieren leicht abgelenkt war.
So ausgehungert wie Cornelia Behlitz wollte sie nicht werden. Nur ein Tag ohne Kohlenhydrate und die Frau würde verhungern! Sie trank sogar weniger, um ja ihr Idealgewicht von unter 45 Kilo zu behalten, dabei war sie nur wenige Zentimeter kleiner als Hanna.
Nach einer gefühlten Ewigkeit vor dem Spiegel und vielen klagenden Seufzern ging Frau Behlitz erhobenen Hauptes an Hanna vorbei.
„Ich denke, wir sehen uns dann in Berlin wieder. Ich habe noch ein Meeting, das wird sicher erfolgreicher, wenn ich keinen Klotz am Bein habe! Wie gut, dass dein Vertrag in vier Tagen ausläuft und Dienstag dein letzter Arbeitstag sein wird!“ Mit diesen Worten rauschte sie in die Menge hinein, durchstocherte diese mit ihren Ellenbogen und erntete erschrockene Schreie ihrer Mitmenschen, die ihre Knochen zu spüren bekamen. Hanna sah ihr wütend nach und ballte ihre Fäuste. Nein, sie würde ihrer Chefin jetzt nicht nachrufen, dass sie eine verbitterte, vertrocknete, frigide …
„Sie war heute ja richtig gut gelaunt.“ Finn stemmte die Hände in seine Hüften und schaute Hanna, die noch immer vor Wut zitterte, mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Geht so.“
„Wie halten Sie es nur aus, sie nicht zu töten? Also mehrfach? Die Frau muss einfach mehrere Leben haben oder unsterblich sein, anders kann ich mir das einfach nicht erklären.“
„Sie ist der Teufel persönlich. Wenn man die Augen zusammenkneift, kann man ihre Hufe erkennen und den spitzen Dreizack!“, zischte Hanna und verschränkte schnaubend ihre Arme.
Beide schwiegen eine Weile, bis Hanna sich ein wenig entspannte und Finn freundlich anlächelte.
„Dann werden wir wohl künftig nicht mehr miteinander telefonieren, aber vielleicht finde ich ja schnell eine neue Galerie, die einen guten Webdesigner braucht … dann rufe ich Sie gleich als Erstes an.“ Dass sie nicht übernommen werden würde, hatte Hanna zwar bereits geahnt, doch es tatsächlich gesagt zu bekommen, das zog ihr den Boden unter den Füßen weg.
„Wenn Sie einen Job in Köln suchen, helfe ich Ihnen gerne“, bot Finn ihr an, doch Hanna schüttelte den Kopf.
„Ich bin in Köln geboren, meine Familie und meine Freunde leben dort, aber … Berlin ist jetzt meine Heimat.“ Dabei schwang so viel Wehmut in ihrer Stimme mit, dass Finn sie skeptisch beäugte.
„Mein Freund … ich warte darauf, dass er mich endlich fragt, ob ich ihn heiraten möchte. Naja. Trotzdem, vielen Dank für die Limonade und die lieben Worte!“ Sie reichte ihm ihre Hand zum Abschied und verschwand mit gesenktem Haupt in der Menge, vergaß dabei aber etwas Wichtiges, das Finn fand und an sich nahm.
Hanna weinte sich in ihrem Hotelzimmer in den Schlaf, rechnete durch, wie lange sie noch Miete zahlen konnte, bevor Oliver auch ihren Anteil übernehmen müsste.
Sie bewarb sich seit Monaten, jedoch fand sich keine Galerie, die sie einstellen wollte. Doch etwas anderes machen als Galeristin? Ihr Notfallplan, als Künstlerin ihr Geld zu verdienen, ging auch nicht auf. Kein Bild ließ sich verkaufen und so waren die Einnahmen von Frau Behlitz die einzigen, die sie zu verzeichnen hatte.
Zur Not würde sie übergangsweise woanders arbeiten. In einem Büro oder einer Konditorei. Solange Oliver bei ihr war, gab es noch einen Hoffnungsschimmer.
Doch ihre Gedanken kreisten immer wieder um die Tatsache, dass sie in Berlin niemanden anderen hatte. Keine beste Freundin, nicht einmal gute Freundinnen. Keinen Job. Keine Familie.
Und Oliver? Er tat so geheimnisvoll in den letzten Monaten, telefonierte mit einem Handy, das immer ausgeschaltet war, wenn sie da war und das er versteckte, sobald sie den Raum betrat.
Kuchen und Pralinen waren die einzigen Dinge, worauf sie sich freuen konnte!
Am nächsten Morgen schlenderte sie zum Flughafen, beobachtete fremde Pärchen, die Hand in Hand in den Urlaub fliegen wollten, Rentnerpaare und kleine Kinder, die ihr ein Lächeln auf die Lippen zauberten.
Sie schloss ihre Augen und genoss den Flug über den Wolken, sie wollte sich jetzt keine Gedanken mehr machen, was sein würde, sondern sich auf Olivers Geburtstag freuen. Auf den leckeren Kuchen und all die Köstlichkeiten, doch als sie sich dabei ertappte, erstarrte sie.
Sie blickte hinaus auf die Felder und Häuser,
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