Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
Pulsierender Bass erfüllte das Auto, dann kreischte ein Sänger los. Mike sang sofort mit. Hanna erkannte den Song und sang ebenfalls leise mit. Mike starrte sie an. »Du kennst die Band?«
»Das ist Led Zeppelin«, sagte Hanna sachlich. Sean Ackard, Hannas Ex-Exfreund, hatte vergangenen Sommer versucht, sich in die Band einzuhören – offenbar war das Tradition bei den Fußball- und Lacrosse-Spielern. Aber er fand die Musik zu düster und melancholisch für seine reinen, jungfräulichen Ohren. Mike schaute sie mit ungläubig gerunzelter Stirn an. »Hast du etwa geglaubt, ich höre Miley Cyrus?«, schnappte Hanna. »Oder die Jonas Brothers?«
Tatsächlich hörte Kate die Jonas Brothers. Und Songs aus Broadway-Musicals.
Als sie auf den Parkplatz des Einkaufszentrums bogen, sangen sie laut bei »Dazed and Confused« mit. Mike kannte alle
Strophen auswendig und legte sogar ein dramatisches Luftgitarrensolo hin, was Hanna vor Lachen nach Luft ringen ließ.
Der Parkplatz war brechend voll. Ein Baumarkt lag zu ihrer Linken, die Türen von Bloomingdales befanden sich direkt vor ihnen und der Edel-Bereich – mit Boutiquen wie Louis Vuitton und Jimmy Choo – zu ihrer Rechten. Als sie in die kalte Abendluft hinaus traten, hörte Hanna jemanden grunzen. Ein Mann stand neben einem Auto auf dem Baumarkt-Parkplatz und hievte mühevoll ein schweres Fass mit Propangas in seinen Kofferraum. Als er fertig war und einen Schritt zur Seite trat, sah sie die Aufschrift auf den Autotüren. Rosewood Police Department. Der Typ hatte ein kantiges Kinn und eine spitze Nase. Dichtes dunkles Haar schaute unter seiner schwarzen Wollmütze hervor.
Wilden?
Hanna sah, wie er ein zweites Propangasfass aufhob und in den Kofferraum zu dem anderen bugsierte. Hatte er keine normale Heizung zu Hause? Sie überlegte, ihm zu winken, aber dann wandte sie sich ab. Wilden hatte der Presse erzählt, sie hätten sich den Fund von Ians Leiche im Wald nur ausgedacht. Er hatte ganz Rosewood gegen sie aufgebracht. Arschloch.
»Komm«, sagte sie zu Mike und schaute Wilden noch einmal an. Er hatte den Kofferraum geschlossen und hielt sich jetzt sein Handy ans Ohr. Er stand stocksteif und mit gestrafften Schultern da. Das erinnerte Hanna an einen Zwischenfall, der sich vor ein paar Monaten ereignet hatte, als Wilden und ihre Mutter noch ein Paar gewesen waren. Wilden war über Nacht bei ihnen geblieben und am frühen Morgen hatte Hanna ein Flüstern auf dem Flur gehört. Sie linste aus ihrem Zimmer und sah Wilden vor dem Flurfenster stehen und telefonieren. Er
schaute in den Garten hinaus, stand stocksteif da und sprach mit rauer, heiserer Stimme. Mit wem redete er denn um diese Zeit? War er ein Schlafwandler? Hanna war ins Bett zurückgeschlichen bevor Wilden sie bemerkte.
Was hatte ihre Mom nur an dem Typen gefunden? Sicher, er sah gut aus, aber so gut nun auch wieder nicht. Als Hanna ihn vor Monaten einmal beim Verlassen der Dusche überrascht hatte, war sie von seinem halb nackten Körper nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Hanna interessierte sich zwar eigentlich nicht für Mike, aber sie hatte das sichere Gefühl, dass der Lacrosse-besessene Kerl viel heißer aussah.
Hannas Lieblingsboutique Otter lag zwischen Cartier und Louis Vuitton. Sie betrat den Verkaufsraum und sog tief den Duft der Diptyque-Kerzen ein. Aus den Boxen drang Fergie, und vor Hanna lagen viele, viele Kleiderständer voller Stücke von Catherine Malandrino, Nanette Lepore und Moschino. Sie seufzte selig.
Die Lederjacken glänzten und waren handschuhweich. Die Seidenkleider und die zarten, übergroßen Schals glänzten wie gesponnenes Gold. Sasha, eine Verkäuferin, bemerkte Hanna und winkte ihr zu. Sie gehörte zu Otters besten Kundinnen.
Hanna wählte sofort ein paar Kleider aus und genoss das Geräusch, mit dem die hölzernen Kleiderbügel aneinanderstießen. »Darf ich die für Sie in Ihre Umkleidekabine bringen? «, sagte eine Fistelstimme hinter ihr. Hanna drehte sich um. Mike grinste sie breit an. »Ich habe mir erlaubt, meine Lieblingsstücke bereits in deine Kabine zu legen«, fügte er hinzu.
Hanna trat einen Schritt zurück. »Du hast für mich Sachen ausgesucht?« Das musste sie sehen. Sie ging zu der einzigen
Umkleidekabine, deren Vorhang offen stand. Ein paar Stücke hingen an dem Haken neben dem Spiegel. Zuerst eine enge, schwarze Lederhose mit hoher Taille. Dann eine fließende silberne Tunika mit tiefem V-Ausschnitt und langen Schlitzen an der Seite. Dahinter
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