Pretty Little Liars - Unvergleichlich
Leibovitz, und es roch nach Vanille und frischen Handtüchern. Spencers Mutter hatte das Handy am Ohr. »Nein, sie gewinnt auf jeden Fall«, murmelte sie. »Wir können eigentlich gleich buchen.« Sie lauschte, als sage die Person am anderen Ende etwas sehr Wichtiges. »Gut. Ich melde mich morgen wieder.« Mit diesen Worten klappte sie ihr Handy zu.
Spencer zupfte am Revers ihres taubenblauen Armani-Anzugs – sie hatte sich für das Abendessen in ein Business-Outfit geworfen, um sich in die richtige Aufsatz-Preisträger-Stimmung zu bringen. Mit wem ihre Mutter wohl telefoniert hatte? Vielleicht plante sie eine ganz besondere Überraschung, falls Spencer die Goldene Orchidee gewann. Eine Luxusreise? Ein Tag mit einem Personal Shopper von Barneys? Ein Treffen mit dem Freund der Familie, der bei der New York Times arbeitete? Spencer hatte ihre Eltern letztes
Jahr angefleht, sie den Sommer über ein Praktikum bei der Times machen zu lassen, aber ihre Mutter hatte es ihr nicht erlaubt.
»Nervös, Spencer?« Melissa und Ian tauchten hinter ihr auf. Sie zogen zusammenpassende karierte Rollkoffer hinter sich her. Leider hatten Spencers Eltern darauf bestanden, dass Melissa als moralische Stütze zu Spencers Interview mitkam, und Melissa wiederum hatte Ian mitgebracht. Sie hielt eine Miniatur-Martiniflasche in die Höhe. »Willst du ein Fläschchen? Ich hole dir eins, wenn du einen Schluck zur Beruhigung brauchst.«
»Mir geht’s gut«, schnappte Spencer. Die Gegenwart ihrer Schwester gab ihr das Gefühl, dass Kakerlaken unter ihrem BH krabbelten. Wenn Spencer die Augen schloss, sah sie, wie Melissa sich gewunden hatte, als Wilden fragte, wo sie und Ian am Abend von Alis Verschwinden gewesen waren. Und sie hörte Melissas Stimme sagen: Man muss ein sehr besonderer Mensch sein, um zu töten. Und du bist dazu nicht fähig.
Melissa zögerte und schwenkte die Martiniflasche hin und her.
»Ja, wahrscheinlich ist es besser, wenn du nüchtern bleibst. Nicht dass du uns noch vergisst, worum es in deinem Aufsatz geht.«
»Sehr richtig«, murmelte Mrs Hastings. Spencer wurde rot und drehte sich schnell weg.
Ian und Melissas Zimmer war direkt neben Spencers, und sie verschwanden kichernd darin. Als ihre Mutter nach Spencers Zimmerschlüssel langte, ging ein hübsches Mädchen in Spencers Alter an ihnen vorbei. Sie studierte mit
gesenktem Kopf eine cremefarbene Karte, die verdächtig große Ähnlichkeit mit der Jury-Frühstückseinladung hatte, die in Spencers Kate-Spade-Tweedtasche steckte.
Das Mädchen bemerkte Spencers Blick und lächelte sie strahlend an. »Hi!«, rief sie freundlich. Sie sah aus wie eine typische CNN-Nachrichtensprecherin: gelassen, forsch, sympathisch. Spencer klappte der Mund auf und ihre Zunge schien auf einmal aus Watte zu bestehen. Bevor sie eine Antwort herausbrachte, hatte sich das Mädchen bereits achselzuckend weggedreht.
Das einsame Glas Wein, das Spencers Eltern ihr zum Abendessen erlaubt hatten, wurde in ihrem Magen zu Essig. Sie wandte sich an ihre Mom.
»Um die Goldene Orchidee bewerben sich eine Menge richtig kluger Schüler«, flüsterte sie, nachdem das Mädchen um die Ecke gebogen war. »Ich habe auf keinen Fall schon gewonnen.«
»Unsinn«, sagte Mrs Hastings knapp. »Du wirst gewinnen.« Sie reichte ihr einen Zimmerschlüssel. »Das ist deiner. Wir haben dir eine Suite gebucht.« Sie tätschelte Spencers Arm und ging weiter zu ihrem eigenen Zimmer.
Spencer biss sich auf die Lippe, schloss die Tür zu ihrer Suite auf und schaltete das Licht an. Das Zimmer roch nach Zimt und neuen Teppichböden, und auf ihrem Doppelbett türmten sich ein Dutzend Kissen. Spencer straffte die Schultern und zog ihren Rollkoffer zu dem dunklen Mahagoni schrank. Als Erstes hängte sie den schwarzen Armani-Anzug, den sie morgen bei dem Frühstück tragen würde, auf einen Bügel und legte ihre pinkfarbene Wolford-Glücks
unterwäsche in die oberste Schublade der Kommode neben dem Schrank. Nachdem sie in ihren Schlafanzug geschlüpft war, lief sie durch das Zimmer und rückte alle Bilderrahmen gerade. Dann klopfte sie die weichen Kissen auf dem Bett auf und ordnete sie symmetrisch an. Im Badezimmer zupfte sie so lange an den Handtüchern, bis sie unten bündig von den Handtuchhaltern hingen. Anschließend ordnete sie ihr Duschgel, ihr Shampoo und ihren Conditioner in einem gleichschenkligen Dreieck um das Waschbecken an. Zurück in ihrem Schlafzimmer, starrte sie mit leerem Blick auf die Ausgabe von Time Out
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