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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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namens Aleric - der ich gewesen war und zu dem ich geworden war, als ich allmählich das Mannesalter erreichte - hatte den Wald und sein grünes Leben gegen das graue und braune, das tote Holz des Schlosses, des Ortes der Plage eingetauscht.
    Und dennoch sah ich es damals als schön und wundervoll an, denn manch mal hatte ich einen nahezu gefüllten Magen und lebte in Gesellschaft derjenigen, die vornehme Kleidung trugen und in einer Sprache miteinander redeten, die in der Außenwelt ungehört blieb.
    Erst als ich einen Knaben traf, der zwei Jahre jünger war als ich - mit Namen Ewen Glyndon -, erinnerte ich mich wieder daran, woher ich kam. Wie ich stammte er von den Feldern, doch er war ein Schäfer am Hofe geworden, aus Gründen der Dankesschuld seines Vaters, der dem Baron vieles zu verdanken hatte. Er war zwar gut aussehend und stark, schien aber dringend Schutz zu benötigen. Es kam eine Nacht, in der ich beobachtete, dass Corentin ihn so zu behandeln begann, wie er einst, Jahre zuvor, mich behandelt hatte. Und Ewen war nicht in der Lage, sich zu verteidigen.

    Ich trat Corentin auf der Stelle entgegen und flüsterte ihm ins Ohr: »Solltest du diesem Jüngling Schaden zufügen, so werde ich dich eines Nachts aufsuchen, wenn du schläfst, und dir mit meinen bloßen Händen den Leib aufreißen. Und wenn ich für den Mord an dir hingerichtet werden sollte, werde ich froh sein, dass ich dir ins Gesicht geblickt habe, während du dich vor Schmerzen wandest.«
    Diese Drohung reichte aus, dass Ewen von Corentins Bosheit verschont blieb. Danach belästigte Corentin Ewen nicht mehr, und der junge Mann folgte mir, wann auch immer er die Möglichkeit dazu hatte, so als habe er mir sein Leben zu verdanken, auch wenn ich ihm versicherte, dass er mir nichts schuldig sei. Aber dadurch wurden wir unzertrennliche Freunde, und als ich ihm schließlich mein Herz über meine geheime Sehnsucht nach Alienora ausschüttete, grinste er breit, schlug mir auf die Schulter und flüsterte: »Sie verdient keinen so feinen Kerl wie dich.«
     
    Seit dem Ereignis um den sprechenden Vogel hatte mich Alienora hier und da in meinen Pflichten aufgehalten, um mir eine Frage über Vögel, über Fische oder über den Großen Wald zu stellen, oder darüber, warum die Marschen während des Frühlings stanken. Ich entdeckte, dass hinter ihren Fragen ein Funken von Interesse an mir steckte.
    Dennoch hielt sie eine gewisse Distanz, und ich näherte mich ihr nicht, um mit ihr zu sprechen, sondern wartete einfach darauf, dass sie zu mir kam. Sie war ebenso fromm geworden wie ihre älteren Schwestern, von denen beide geheiratet hatten, deren Ehemänner aber beide im Krieg kämpften. Alienora war kaum je ohne ihre Bibel zu sehen, und morgens las sie - in lateinischer Sprache - mit ihren älteren Schwestern auf dem Hof daraus vor. Wir begannen über ihren Glauben und ihre gesegnete Keuschheit zu sprechen - diejenigen von uns, die sie sahen und verehrten. Ich
nehme an, dass selbst Corentin, der sie beinahe so genau beobachtete wie ich, durch ihre Verwandlung von Schönheit zu Frömmigkeit verändert wurde. Ich lernte von Corentin selbst, dass ihre Frömmigkeit von dem Tod des Mannes herrührte, mit dem sie verlobt gewesen war. Er war im Norden gestorben, nachdem er sich auf den Weg gemacht hatte, um seine zukünftige Braut zum ersten Mal zu sehen. Alienora hätte ihn in ihrem vierzehnten Lebensjahr heiraten sollen, der Zeitpunkt hatte sich jedoch durch Kriege und Wirren außerhalb unseres kleinen Landes verschoben. Nun, im Alter von achtzehn Jahren, hatte sich Alienora dazu entschieden, ins Kloster zu gehen. Sehr bald würde sie dem Schloss für immer Lebewohl sagen und es gegen das Nonnenkloster eintauschen, das westlich des Großen Waldes lag und dessen Kapellen und Räume in die Eingeweide der Erde selbst gemeißelt worden waren, von einer Klausnerin, die eine Vision der Heiligen Mutter in dem Felsen gesehen hatte.
    Es schien mir wie eine Tragödie, dass sich ein solcher Engel selbst einsperren sollte. Ich wollte ihr ständig nahe sein, wenn ich nicht gerade arbeitete. Ich ging nun häufiger zu der Kapelle, wo ich am Eingang stand und sie beobachtete, wie sie vor dem Altar und auch der Marienstatue betete, ebenso wie vor der des heiligen Blaise. Alienoras Reinheit hatte mich schließlich verführt. Gottes Himmel zeigte sich mir durch ihr Gesicht, und in ihren Augen entdeckte ich das Licht der Ewigkeit.
    Ich empfand keine Lust. Ich empfand auch keine

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