Princess 01 - Widerspenstige Herzen
quarzartigen Stein zu sehen waren. Es war keine Kante zu erkennen, nichts, wo man die Schatulle hätte öffnen können; es sah so aus, als habe die Natur selbst die Kronjuwelen dort eingegossen.
Der Erzbischof begann seine Predigt, und Danior ließ seine Hand in den Beutel an seinem Gürtel gleiten und zog etwas heraus. »Ein Stemmeisen?«, flüsterte Evangeline. »Du hast vor, die Kristallschatulle mit einem winzigen Stemmeisen zu öffnen?«
»Es müsste gehen«, sagte Danior, »ich hoffe es.«
Evangeline betrachtete die glänzende Schatulle, und ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zuzustimmen. Sie war nicht die Prinzessin. Falls Santa Leopolda die Schatulle mit einem Zauber belegt hatte, würde es sowieso nicht funktionieren, aber dieses bescheidene Stemmeisen war ihre einzige Hoffnung.
Der Erzbischof war mit seiner Predigt fertig.
Danior nahm feierlich Evangelines Hand und führte sie an den Tisch. Mit klarer Stimme rezitierte er die Worte, die vor so langer Zeit für diesen Augenblick niedergeschrieben worden waren: »Getrennt waren unsere Länder, getrennt waren unsere Leben, doch heute werden wir - Danior aus dem Hause der Leon und Evangeline aus dem Hause der Chartrier - die Kristallschatulle öffnen und die Prophezeiung Wirklichkeit werden lassen.«
Ein leises Raunen ging durch die Menge, als die Menschen den neuen Namen der Prinzessin hörten.
Danior stupste Evangeline. »Du bist dran.«
Leona hatte ihr die rituelle Formel beigebracht, aber Evangeline konnte sich einen schrecklichen Moment lang an nichts mehr erinnern.
Der Erzbischof warf ihr einen besorgten Blick zu.
Danior flüsterte: »Wir werden unsere Länder ...«
Es fiel ihr wieder ein, und mit deutlicher, fester Stimme, die sie nicht als ihre eigene erkannt hätte, proklamierte sie ihren Text: »Wir werden unsere Länder, Baminia und Sere phina, für alle Ewigkeit wieder vereinen. Wir werden einander in ehelicher Treue bis zum Ende unserer Tage ergeben sein, und Frieden und Wohlstand sollen für immer regieren.«
Danior berührte kurz ihre Wange. »Du kannst das gut. Ich wusste es. Stell dich hierher.« Er schob sie - mit dem Rücken zur Menschenmenge - vor die Schatulle, nahm seinen Platz an ihrer Seite ein und schob mit einer Hand das Stemmeisen in einen kleinen Schlitz am Rand der Schatulle, der wie eine Absplitterung aussah.
»Das sieht aber nicht wie ein Schloss aus«, sagte sie besorgt. »Es sieht eher aus, als sei das passiert, als die Leons die Schatulle vom Turm geworfen haben.«
Danior ignorierte sie. »Hebe deine Hand hoch, sodass jeder sie sehen kann«, instruierte er sie und werkelte mit dem Stemmeisen herum. »Jetzt lege die Hand auf die Schatulle, dort drüben, und ich tue das Gleiche« - er legte seine warme Hand auf ihre kalten Finger - »und die Schatulle wird aufspringen.«
Nichts passierte.
Die Zuschauer wurden unruhig.
»Vielleicht mache ich etwas falsch.«
»Vielleicht hatte sie wirklich Zauberkräfte«, sagte Evangeline mit wachsender Furcht.
Er drehte das Stemmeisen in die andere Richtung.
Die Menge geriet in Bewegung und wurde lauter.
Als der Erzbischof sich ihnen zuwandte, um zu sehen, was sie machten, zog Danior schnell das Werkzeug weg. Der Kirchenfürst lächelte besorgt. »Vielleicht sollten Eure Hoheiten die Hände an eine andere Stelle legen«, schlug er vor.
»Natürlich.« Danior nickte ihm zu. »Danke für Eure Anleitung, Vater. Santa Leopolda wollte sicherlich, dass wir unsere Hände auf die Mitte der Schatulle legen.«
»Sie ist gar nicht die richtige Prinzessin«, schrie jemand.
Dominic. Evangeline erkannte ihn an der Stimme, drehte sich um und schaute nach ihm. Da war er, links am Rand der Tribüne, und grinste sie widerwärtig an.
Aber niemand legte Hand an ihn.
Hätte sich die Schatulle geöffnet, hätten sie ihn zum Schweigen gebracht, aber das Wunder war nicht geschehen. Dominic sprach ihre schlimmsten Befürchtungen aus.
»Warum ist die Schatulle nicht aufgegangen?«
» Vielleicht hat er ja Recht.«
Evangeline hörte das Gemurmel und sah das Kopfschütteln. »Danior, wenn das hier nicht funktioniert ...«
Daniors Mund war ein grimmiger Strich. »Es wird funktionieren.«
Evangeline dachte an die vielen unterernährten Leute auf dem Land, die sie auf den Straßen von Plaisance gesehen hatte. »Dominic wird sie aufwiegeln. Sie werden uns in Stücke reißen.«
»Ich kriege sie auf.«
Victor dirigierte von oben seine Männer zu Dominic, aber die Menge war in Bewegung und
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