Princess 01 - Widerspenstige Herzen
sagte ihr alles, was sie wissen musste. »Natürlich tue ich das.«
Bittersüßer Schmerz erfüllte Evangeline, als sie seinen zerzausten Schopf ansah. Einem König mochte es gut zu Gesicht stehen, nicht lügen zu können. Doch diesen Mann ließ der Mangel an Arglist viel zu viel offenbaren.
Er wartete schuldbewusst, dass sie weitersprach, doch sie schwieg. »Wir haben alles gemeinsam: unsere Herkunft und unsere Erziehung, und wir können sicher sein, dass in den Adern unserer Kinder blaues Blut fließt.«
»Das ist wichtig«, stimmte sie ernsthaft zu.
»Ja.« Er knöpfte seine Hosen zu und stopfte den erbärmlichen Fetzen von einem Hemd hinein. »Ich kann
meine Ahnenreihe tausend Jahre zurückverfolgen, genau wie du, und das Anrecht unserer Kinder auf den Thron kann nie in Frage gestellt werden.«
»Auch das ist wichtig«, sagte das Waisenkind aus England.
»Und das Wichtigste ist, dass wir morgen rechtzeitig zu unserer Trauung in Plaisance sind.«
»Ja, denn der Prinz und die Prinzessin müssen schließlich heiraten.« Der Prinz und die echte Prinzessin, wo immer sie auch war.
Er hob ihre Socken und ihre Stiefel auf, kniete sich vor sie hin und untersuchte ihren Fuß. »Er sieht gut aus. Tut er noch weh?«
»Ja, ein bisschen«, gestand sie.
»Du bist gestern zu viel gelaufen. Heute lässt du es bleiben.« Er schnürte ihr die Stiefel zu, stand auf, nahm sie an der Hand und zog sie hoch.
Er zauste ihre Haare und kämmte sie mit seinen Fingern. »Die Rebellen beobachten möglicherweise den Fluss, aber wir haben gute Chancen, ihnen auszuweichen.«
Er warf sich die Reisetasche über die Schulter.
Evangeline zog an den Gurten. »Lass mich sie nehmen. Sie ist mir nicht zu schwer.«
Danior zögerte.
»Du musst deine Hände frei haben, falls es zu einer Auseinandersetzung kommt«, fügte sie hinzu.
»Du denkst wie ein Krieger.« Er gab ihr die Tasche, zog sein Messer aus dem Halfter und kroch auf Händen und Füßen durch die Luke.
Sie folgte ihm und wunderte sich, wie er sie am Tag zuvor da hindurchgebracht hatte. Sie konnte sich an nicht viel mehr erinnern, als dass die Todesangst, die sie im Waisenhaus durchlebt hatte, plötzlich wieder da war - die Angst, nie mehr frei zu kommen und lebendig begraben zu sein.
Jetzt trat sie wie neugeboren ins Tageslicht. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Die Angst vor der Zukunft quälte sie nicht länger, denn sie hatte in drei Tagen mehr erlebt als die meisten Frauen in ihrem ganzen Leben.
Und das war viel wert.
Justino redete mit grimmiger Miene auf Danior ein und gestikulierte in Richtung der Rebellen, die immer noch - besinnungslos vom Alkohol - bäuchlings auf dem Boden lagen. Man hatte ihnen Handgelenke und Knöchel mit Seilen gefesselt, und Danior drehte jeden einzelnen mit dem Fuß um, um ihre Gesichter sehen zu können.
Evangeline wusste, wen er suchte. Sie gestattete es sich, die Tasche abzusetzen und sagte: »Er ist nicht hier.«
»Hm?« Danior drehte den nächsten um.
»Dominic ist nicht dabei. Wenn er es wäre, hätte man uns letzte Nacht herausgezerrt und aufgehängt.«
Danior sah sie an.
»Dominic ist intelligent und skrupellos.« Sie hatte zwar nicht lange mit ihm zu tun gehabt, aber das wusste sie. »Wenn Dominic uns auf dem Weg ins Tal beobachtet hätte, hätte er alles auseinander genommen, bis er uns gefunden hätte oder kein einziges Versteck mehr übrig geblieben wäre.«
Danior nickte langsam und drehte den letzten Mann herum. »Du hast Recht, aber ich kann diese Chance nicht -«
Evangeline schnappte nach Luft.
»Was ist los?« Er folgte ihrem Blick zu dem Mann, der vor ihm auf dem Boden lag. Er war aufgewacht, hatte blutunterlaufene Augen und bebte vor Hass. »Wer ist das?«
Evangeline steckte ihre zitternden Hände zwischen die Falten ihres Rocks. »Ich habe ihn >den Kleinem genannt.«
»Blassgesichtiges Miststück«, schimpfte der Kleine, »ich weiß, was du getan hast, und ich werde es dir heimzahlen. Du wirst wie ein Schwein quieken, wenn ich dich -«
Danior drehte ihn wieder mit dem Gesicht auf den lehmigen Boden.
Als er mit seinen Verwünschungen fortfuhr, stellte er ihm den Fuß auf den Hinterkopf und drückte ihn in den Dreck.
Evangeline zuckte zusammen. »Bitte nicht.« Nicht dass ihr der Kleine Leid getan hätte, er war ein bösartiger Mann, aber sie erinnerte sich daran, ähnlich hilflos gewesen zu sein, und konnte den Anblick einfach nicht ertragen.
Danior zog seinen Fuß weg. »Wie du wünschst, meine
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