Princess Band 47
Er nahm seine Ferien so ernst wie sein übriges Leben und hätte unverdrossen alles Sehenswerte begutachtet.
Sie lachte fröhlich. "Nein, nichts. Deshalb war ich ja im Urlaub. Um nichts zu sehen und zu tun."
"Unbegreiflich." Jons Augen verklärten sich. "Wenn ich in Italien bin, kann ich mich nicht satt sehen an kunsthistorischen Sehenswürdigkeiten. Mir käme es wie Zeitverschwendung vor, den ganzen Tag am Strand zu liegen."
"So hat jeder seine eigenen Vorstellungen von Ferien", erklärte Lisa ungerührt. Sie arbeitete hart und unermüdlich, wenn es um den Beruf ging. Dafür leistete sie sich die wonnevolle Faulenzerei am Strand, wenn sie Ferien hatte.
Sie war mit ihrer Freundin Magda in Urlaub gewesen, mit der sie die Wohnung teilte. Magda arbeitete als Grafikerin in der Firma Wright und hatte wenige Wochen nach Lisas Einstellung den Vorschlag gemacht, mit ihr zusammenzuziehen, wobei sie mit einem schiefen Lächeln angemerkt hatte: "Mit dir zusammenzuziehen könnte ein Geschenk des Himmels werden. Du bekommst garantiert mehr Angebote, als du annehmen kannst. Vielleicht fällt dabei was für mich ab."
Lisa hatte gelacht, ihre grünen Augen aber hatten Magda leicht ungehalten gemustert. "Red keinen Unsinn. Du hast doch keine Probleme, einen Freund zu finden!"
"Aber ich bin nicht deine Klasse, Schätzchen", hatte Magda offen bekannt. Sie war ein schlankes, hübsches Mädchen mit gelocktem, dunklem Haar und einem gewinnenden Lächeln. Aber obwohl auch sie ausgesprochen attraktiv war, beneidete sie Lisa um den spektakulären Eindruck, den sie auf Männer machte.
"Auf meine Weise aufzufallen, kann einem gründlich auf die Nerven gehen", hatte Lisa bekannt.
Magda hatte nur geseufzt. "Wenn alle Männer sich nach mir umdrehten, ginge mir das nie und nimmer auf die Nerven, Lisa."
"Wenn's nur das Umdrehen wäre!" hatte Lisa trocken angemerkt.
Jon hockte auf ihrer Schreibtischkante und sah zu, wie sie den letzten der im Büro aufgespürten Briefe ablegte. Plötzlich flog die Tür hinter ihm auf, Evan Wright stürmte herein.
"Herr im Himmel!" bellte er los und blieb dann beim Anblick von Lisa wie angewurzelt stehen. Sein bewundernder Blick wanderte von Lisas kupferfarbenem Haar an der langbeinigen, geschmeidigen Gestalt herab. "Hallo! Ich hatte ganz vergessen, daß Sie heute wieder da sind, Lisa. Sie sehen hinreißend aus." Seine Bewunderung war völlig neutral. Er bemerkte stets ihr blendendes Aussehen, aber das war's dann auch schon. Evan war eben der geborene ‚treue' Ehemann.
Folglich kam er auch gleich zur Sache. Er fuhr zu seinem Schwager herum und bleckte die Zähne. "Du Schwachkopf, hörst du eigentlich nie zu? Wie oft muß ich dir noch sagen, daß Renton ein gestörtes Verhältnis zum Sex hat? Zum letzten Mal: Laß die Puppen aus seiner Werbung!" Dann drehte er sich zu Lisa herum und fuhr sich durch das dicke, kurze Haar. "Lisa, tun Sie mir einen Gefallen und passen Sie auf ihn auf. Sonst schmeiße ich ihn noch raus, und dann läßt Anna sich scheiden."
Er fegte aus dem Zimmer, ohne auf Antworten zu warten. Jon hatte ohnehin nic ht vor, etwas zu sagen. Evans geballte Energie lähmte ihn bis zur Stumpfheit. Auch diesmal schlich er wortlos in sein Büro.
Lisa sah seufzend hinter ihm her. Armer Jon! Wenn er nur mehr Mut hätte, würde er sich einen Job suchen, der seinen Begabungen gerecht käme.
"Ideen, Jon! Verstehst du, was ich meine? Einfälle! Je davon gehört?" kanzelte Evan den Schwager mit schöner Regelmäßigkeit ab. Evan verachtete Jon, weil Jon nicht das war, was Evan verlangte: ein Mann mit Phantasie und Intuition, mit einem schnellen Verstand, Witz und Spontaneität, kurz, ein Mann wie er selbst, der das Leben am Schöpf packte und schüttelte, bis es gefügig war.
Lisa konzentrierte sich auf ihre Arbeit. Als sie sich bei Evan Wright vorgestellt hatte, hatte er sie mit schmalen Augen gemustert und gefragt, ob sie je daran gedacht hätte, als Fotomodell zu arbeiten. "Sie wären eine Sensation. Wenn Sie wollen, bringe ich Sie ganz groß raus!" Lisa hatte kühl abgelehnt, sehr zu Evans Überraschung. Da sie darauf verzichtete, ihre Gründe zu erklären, schloß er, daß sie schlicht keinen Ehrgeiz hätte.
Ohnehin hatte er bei ihrem Aussehen nicht erwartet, daß sie besonders intelligent oder tüchtig wäre. Er hatte sie eher als eine Art Blitzableiter für Jon eingestellt, mit der Aufgabe, wütende Klienten zu besänftigen. Um so verblüffter war er, als sich herausstellte, daß
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