Princess Band 47
unter dieser Fassade ein Mann mit dem elementaren Temperament seiner Vorfahren schlummerte, die einstmals aus der Wüste gekommen waren.
Während Umm Faisal und Zahra fröhlich plauderten, wanderte Felicias Blick immer wieder zu Raschid. Erneut fiel ihr sein voller Mund auf. Wie es wohl wäre, wenn er sie küßte?
Felicia erschrak. Was war nur los mit ihr? Vergeblich versuchte sie sich Faisals Gesicht ins Gedächtnis zu rufen, als sei das die einzige Waffe gegen diesen Mann da vor ihr. Raschid verkörperte alles, was sie verabscheute. Sie versuchte, die beunruhigenden Gedanken abzuschütteln und stand auf, um die Geschenke zu holen.
"Ich habe Ihnen eine Kleinigkeit aus England mitgebracht, zum Zeichen meiner Dankbarkeit für Ihre Gastfreundschaft", begann sie an Umm Faisal gewandt.
Fatima senkte nur vornehm den Kopf, doch Zahra bemühte sich nicht, ihre Freude zu verbergen.
"Ein Geschenk?" rief sie mit leuchtenden Augen. "Oh, Felicia, wie nett von dir!"
"Es ist nur eine Kleinigkeit", entgegnete Felicia ein wenig verlegen. Sie beobachtete, wie Zahra das Geschenk auspackte, und atmete erleichtert auf, als sie einen Ruf des Entzückens ausstieß.
Umm Faisal gab ihrer Freude zwar nicht so überschwenglich Ausdruck, doch sie war sicher ebenso aufrichtig.
"Toll", rief Zahra aus, als sie an dem hübschen Flacon schnupperte. "Es duftet so ähnlich wie das Parfüm, das Al-Azir dir gemischt hat. Erinnerst du dich noch, Mutter?"
"Ich schon", mischte sich Raschid in das Gespräch. "Es war sehr teuer."
Felicia lächelte höflich über diesen kleinen Scherz. Als sie zu Zahra aufsah, bemerkte sie, wie diese sie erwartungsvoll anschaute.
"Und was hast du für Raschid mitgebracht? Oder willst du es ihm erst geben, wenn er sich bei dir für heute nachmittag entschuldigt hat?" fügte sie mit einem Lächeln hinzu.
Felicia wurde heiß. Wie sollte sie ihren Gastgebern klarmachen, daß sie für Raschid kein Geschenk hatte? Da kam ihr der Briefbeschwerer für Nadia in den Sinn.
"Es ist noch in meinem Zimmer", erwiderte sie schnell. "Ich wußte nicht, ob Raschid mit uns essen würde..."
"Dann hast du ihm also verziehen! Ich wußte es ja! Holst du es jetzt?" Und an Umm Faisal gewandt, erklärte Zahra ihr: "Onkel Raschid hat nämlich heute nachmittag mit Felicia geschimpft. Sie war allein in die Bank gegangen, um ihre Traveller-Schecks einzutauschen."
Der entsetzte Ausdruck auf Umm Faisals Gesicht bestätigte Felicia, daß Raschid recht gehabt hatte mit der Beurteilung der Situation, und sie war froh, daß sie aufstehen und in ihr Zimmer gehen konnte, um den Briefbeschwerer zu holen.
Sie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken an den Betrug, doch mit einer solchen Situation hatte sie nicht gerechnet. Mit zitternden Fingern überreichte sie Raschid das kleine Päckchen, und als ihre Hände sich kurz berührten, lief Felicia ein Schauer über den Rücken. Mit großen, erschrockenen Augen sah sie zu ihm auf, als er ihr höflich dankte, ein wissendes Lächeln um den Mund.
Wahrscheinlich ahnte er, daß es nur eine Notlösung war.
Schnell ging Felicia zu ihrem Platz zurück. Hätte sie doch nur einen geeigneteren Moment für die Übergabe der Geschenke abgewartet.
"Mach es doch auf", drängte Zahra ihren Onkel. "Ich sterbe vor Neugier."
"Dann öffne ich es wohl besser schnell, bevor Miss Gordon mir noch mehr Grausamkeit meiner Familie gegenüber vorwerfen kann."
Das dunkelblaue Lederkästchen kam zum Vorschein, und Raschid hob den Briefbeschwerer aus blaugrünem Glas, in dem eine Seeanemone eingeschlossen war, aus dem weißen Satinbett. Umm Faisal und Zahra hielten den Atem an. Felicia hatte wirklich ein außergewöhnlich schönes Stück ausge sucht, und mit seiner klaren, kühlen Einfachheit erinnerte es sie vor dem Hintergrund des luxuriös ausgestatteten orientalischen Zimmers an ihre Heimat.
Raschid legte den Briefbeschwerer auf die Handfläche und hielt ihn so, daß alle ihn bewundern konnten.
"Wunderschön!" flüsterte Zahra. "So kühl und frisch - genau wie du, Felicia."
"Das ist ein Geschenk, das jeder Araber sehr hoch schätzen würde, Miss Gordon", sagte Raschid mit seiner dunklen Stimme. "Der Glasbläser hat die Farbe des Wassers in diesem klaren Glas eingefangen, und uns ist nichts wertvoller als Wasser. Sie sind sehr großzügig", sagte Raschid schließlich und sah ihr in die Augen. "Großzügiger, als ich es verdiene." Er legte den Briefbeschwerer zurück in das Kästchen, schloß es und stand auf.
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