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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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nicht. Und denkt dran, wenn ihr in die andere Richtung fahrt, an die Küsten von Amerika, und weit genug Richtung Westen reist, solltet ihr dem guten alten Moseh über den Weg laufen, vorausgesetzt, die Komantschen haben ihn nicht zu Mokassins verarbeitet. Sollte ich also in Tyburn enden, besteht für euch kein Grund, noch länger hier zu verweilen, Jungs. Tut mir einen Gefallen, bevor ihr geht.«
    »In Ordnung«, antwortete Jimmy widerwillig.
    Während seiner Rede hatte Jack es vermieden, seine Söhne anzuschauen, denn ihm war klar, dass sie nicht mit Tränen im Gesicht gesehen werden wollten. Doch als er jetzt zu Jimmy aufblickte, entdeckte er trockene Augen und eine fragende, wenn nicht sogar ungeduldige Miene. Ein Blick in die andere Richtung zeigte ihm einen Danny, der zerstreut den White Tower betrachtete.
    »Habt ihr auch nur ein einziges Wort von dem vernommen, was ich gesagt habe?«
    »Du möchtest, dass wir dir einen Gefallen tun«, gab Danny zurück.
    »Bevor ihr ein neues Leben in Übersee beginnt, vorausgesetzt, das ist euer Schicksal«, erklärte Jack, »findet Eliza und sagt ihr, dass sie meine wahre Liebe ist.« Darauf riss er zunächst Jimmy, dann Danny die Kette aus dem festen Griff. Er beugte sich vor, stieß sich mit beiden Füßen am Geländer ab und stürzte sich in die luftige Höhe über London. Sein Umhang breitete sich im Flugwind aus wie die Flügel eines Adlers und offenbarte jedem, der den Blick gen Himmel richtete, ein Futter aus Goldgewebe, das in den Strahlen der untergehenden Sonne funkelte wie der Wagen des Apoll. Er war auf dem Weg nach unten.

Worths Kaffeehaus, Birchin Lane, London
    SONNENUNTERGANG
    Dappa stand volle zehn Sekunden lang wie erstarrt. Als ob das Stillstehen ihn weiß machen würde.
    »Sir«, sagte Jones kichernd, »das sieht ja aus wie Ihr! Was steht da?«
    Dem Herrn sei Dank für Jones und dafür, dass er ein derart vollendeter Schwachkopf war. So mancher Schiffsoffizier, der in einen Sturm oder eine Schlacht geriet und von dem natürlichen Drang gepackt wurde, vor Entsetzen zu erstarren, wurde von der überdeutlichen Hilflosigkeit seiner Mannschaft zum Handeln veranlasst.
    Dappas Körper reagierte nicht gut auf Befehle vom Achterdeck, weshalb er, als er einen Schritt nach vorn machte, mit dem Oberschenkelmuskel gegen den Tisch stieß und ihn beinahe umwarf. Aber er bekam die Flugschrift zu fassen und riss sie an sich. Er sah sich im Kaffeehaus um und traf auf ein paar Blicke, aber sie zeigten nichts als flüchtige Neugier angesichts der ungeschickten Bewegungen des Mohren. Keiner hatte den Handzettel gesehen.
    »Was steht da?«, wiederholte Jones.
    Dappa steckte das Blatt in die Hüfttasche seines Rockes, wo es ungefähr so willkommen war wie ein Scheißhaufen. Doch zumindest war es nicht mehr zu sehen. »Da steht etwas über mich, was nicht stimmt«, sagte er, »eine reine und abscheuliche Lüge.« Und er wünschte, er hätte es mit leiser, ruhiger Stimme sagen können. Doch die Leidenschaft ließ ihn quäken wie ein gewürgtes Huhn. Er schloss einen Moment die Augen und versuchte nachzudenken. »Ein Angriff«, sagte er. »Es handelt sich um einen Angriff Charles Whites – eines Torys – gegen mich. Warum gegen mich? Dafür gibt es keinen Grund. Also ist es kein Angriff gegen mich, sondern gegen das, wozu ich gehöre, nämlich die Miner va.« Er schlug die Augen auf. »Dein Schiff wird angegriffen, Jones.«
    »Daran bin ich gewöhnt, Sir.«
    »Aber nicht mit Kanonenkugeln. Es handelt sich um einen Papierangriff. Küstenartillerie nimmt dich unter Feuer – was musst du tun?«
    »Nimmt uns unter Feuer, meint Ihr wohl, Sir«, entgegnete Jones, »und da Küstenbatterien nur schwer auszuschalten sind, müssen wir uns aus ihrer Reichweite entfernen.«
    »Richtig. Aber der Kontrakt, den zu unterzeichnen wir hierhergekommen sind – der muss unterzeichnet werden, sonst werden unsere Verbindlichkeiten beim Schiffslieferanten nicht beglichen. Wir müssen diese Verbindlichkeiten begleichen, Jones, sonst ruinieren wir unseren Kredit und unseren guten Ruf, verstehst du? Mr. Sawyer ist ehrlich, soweit solche Leute das sind – wenn er hierherkommt, dann tu so, als läsest du, was immer er dir vorlegt, und unterschreib es. Dann läufst du zum Fluss hinunter, eilst zur Minerva und sagst dem Kapitän, er soll sofort mit dem Ankerlichten beginnen.«
    »Wollt Ihr mich hier allein lassen, Sir?«, fragte Jones.
    »Ja. Ich werde versuchen, zum Schiff zurückzugelangen. Wenn ich

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