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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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dann in die Luft gejagt, und diese Explosion hatte, dem Zündvorgang in der Pulverpfanne einer Muskete gleich, den Hauptbrandherd erst entzündet: einen großen Vorrat an rotem Phosphor in einer ehemaligen Scheune. Die Scheune war restlos zerstört. Es gab nicht einmal mehr Trümmer. Von den Kesseln waren nur noch herumliegende Kupferteile übrig, von denen manche sich noch in geschmolzenem Zustand befanden. Hund, Pferd und Reiter waren zu rauchenden, miteinander verflochtenen Knochenstapeln geworden; die sengende Hitze der in Flammen stehenden Scheune hatte sie verbrannt – eine Art Wirkung auf Distanz, bei der Hitze wie Schwerkraft durch den Raum geleitet wurde. Genau wie das Licht bewegte sie sich in geraden Linien fort. Das erklärte, warum Leibniz, Newton und Waterhouse noch am Leben waren, denn mit dem Sturz über die Hecke waren sie in deren Schatten gefallen und von der Abstrahlung des Feuers verschont geblieben. Auf ihrer ehemals der Scheune zugewandten Seite war die Hecke jetzt ein kahles Steingerippe, aus dem ein paar Stalagmiten aus Holzkohle herausragten. Auf der anderen, nur wenige Zoll davon entfernten Seite war sie unverändert.
    Mit diesem und anderen Eindrücken waren ihre naturphilosophischen Fähigkeiten ein paar Minuten lang vollauf beschäftigt. Dann begann Daniels Aufmerksamkeit abzuschweifen. Er hatte sich die Gegend noch gar nicht richtig angeschaut. Gründlichere Beobachtungen waren erst durch Nebelschwaden, dann durch Flammen vereitelt worden. Er hatte keine Ahnung, wo sie sich befanden, außer dass es in Surrey war, in einem höhergelegenen Gebiet der North Downs. Weiter unten sah er eine sich über viele Meilen erstreckende Hügellandschaft, aus der hier und da ein Kirchturm herausragte. Als er sich umdrehte, entdeckte er ein paar hundert Ellen die Straße abwärts eine Hütte. Doch ehe er sich einen genaueren Eindruck davon verschaffen konnte, wurde sein Blick von einem viel größeren Gebäude angezogen, das seine Flügel über die ganze Breite einer Erhebung in der Ferne erstreckte und ein Ende eines Systems architektonischer Gärten umschloss. »Potzdonnerwetter, das ist ein vornehmes Haus!«, entfuhr es ihm. Eine dumme Bemerkung, eine, die aus dem Weg geschafft werden musste. Jetzt waren seine Augen imstande, die von Bäumen gesäumte Straße zu finden, von der sie ein paar Minuten zuvor abgebogen waren. Sie führte um das Haus herum zu dessen gegenüberliegender Seite und endete vermutlich an seinem Haupteingang. »Wem gehört es?«
    Newton hatte es bislang nicht bemerkt. Doch als er es tat, wirkte er eher nachdenklich als überrascht. »Wenn du ein Tory wärst, wüsstest du es sofort. Dieses Anwesen erstand Bolingbroke vor ein paar Jahren von -«, und Isaac erwähnte den Namen eines Whig Lords, der bekanntermaßen während eines besonders fröhlichen Ansturms auf die Bank von England bankrott gegangen war.
    »Ich wusste nicht, dass Bolingbroke in dieser Gegend ein Haus besitzt«, gab Daniel zu.
    »Das liegt daran, dass er es noch nicht bewohnt«, sagte Isaac, »sondern nur einer endlosen Reihe von Umgestaltungsprojekten unterzogen hat.« Dann hielt er inne, um seine Worte zu prüfen. »Umgestaltung heißt, dass dort ständig verschiedene Handwerker mit Wagenladungen voll Material ein und aus gehen. Die Ortsansässigen gewöhnen sich allmählich an diesen Verkehr …«
    »Du sagst also, dass ein kriminelles Unternehmen mit Hauptsitz in einem der Nebengebäude des Herrenhauses seine Anwesenheit und seine Aktivitäten dadurch geheim halten konnte, dass es sich in diesen Verkehr mischte«, sagte Daniel. Er wollte Isaac nicht zwingen, mehr zu sprechen als nötig, da es ihm ziemlich offensichtlich Schmerzen bereitete. »Das ist bemerkenswert. Wir haben irgendeine Verbindung zwischen Bolingbroke und Jack vermutet. Aber wer hätte gedacht, dass der Minister ein solches Treiben auf seinem eigenen Besitz dulden würde?«
    »Vielleicht nicht so bemerkenswert«, sagte Isaac. »Er lebt ja nicht hier. In letzter Zeit haben wir gesehen, dass Bolingbroke schwächer und verzweifelter war, als wir damals vermutet hatten, als er sich auf dem Höhepunkt seiner Macht befand und wir in Schrecken vor ihm lebten. Vielleicht war er Jack auf eine Weise verpflichtet, über die wir nur spekulieren können. Wenn also Jack einige der Nebengebäude auf einem überschüssigen Grundstück im Besitz von Bolingbroke nutzen darf, für das wahrscheinlich der König von England zahlt …« Newton zuckte die Achseln,

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