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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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den Wirt in Verdacht
hatte, ein Halsabschneider zu sein, erstand er eine Flasche Wein bei ihm. «Der
Rote hat ein wirklich liebliches Bouquet, der ist für das Geld fast geschenkt»,
flötete der. Mr. Pringle nickte, ihm war nicht nach Diskussionen.
    Auf sein Klopfen öffnete ihm
Ted Brown die Tür. «Hallo, da sind Sie ja. Schön, Sie zu sehen. Kommen Sie doch
bitte herein.» Ted war beleibt und besaß dieselbe herzliche Ausstrahlung wie
seine Frau. Er kam Mr. Pringle irgendwie bekannt vor. «Machen Sie es sich
gemütlich. Ach, du meine Güte...» Er hatte die Flasche Rotwein in Mr. Pringles
Hand entdeckt. «Die haben Sie doch wohl hoffentlich nicht bei unserem
habgierigen Syd erstanden?»
    «Ich bin im Moment ohne Auto,
darum hatte ich keine andere Wahl.»
    «Ach, richtig. Die Beerdigung
des Majors. Ich habe gehört, Sie hätten ein wenig Leben in die Feierlichkeiten
gebracht. Bravo! Keiner hier im Dorf konnte den Burschen leiden. Übrigens muß
ich Ihnen jetzt unbedingt gleich etwas zeigen.» Felicity und er platzten fast
vor Aufregung, und kaum hatte Mr. Pringle sich gesetzt, hielt ihm sein
Gastgeber schon ein aufgeschlagenes Photoalbum unter die Nase. «Na, ist das
eine Überraschung?»
    Es war ein altes Gruppenphoto.
Aus seiner alten Schule!
    «Sie haben mich nicht
wiedererkannt eben, Pringle, oder? Aber ich war ja auch drei Klassen unter
Ihnen.»
    «Großer Gott! Aber natürlich!
Sie sind E. L. Brown aus der 3 A X. Damals rief man Sie allerdings nicht Ted,
sondern Edward.»
    «Und Sie nannte man...»
    «Wir glauben, daß wir Sie
identifiziert haben», unterbrach ihn seine Frau. «Das heißt, wir sind uns sogar
ganz sicher. Der in der Mitte in der zweiten Reihe von hinten, stimmt’s?»
    Mr. Pringle sah jugendlich
erwartungsvolle Augen hinter einer scheußlichen Nickelbrille, weite, knielange
Hosen und sehr kurze dunkle Haare.
    «Ja, das bin ich... natürlich
noch ohne Schnurrbart. Ja, ja...»
    «Und das da bin ich.» Teds
breiter Zeigefinger deutete auf ein graziles Mädchen in der ersten Reihe.
    «Nun laß doch mal deine dummen
Späße», schimpfte sie.
    «Nur wenn ich unbedingt muß»,
griente er. «Was darf ich Ihnen z u trinken anbieten, Pringle?»
    «Einen Sherry, wenn Sie haben.»
Er war ohne Auto, da brauchte er nicht nüchtern zu bleiben.
     
    Sie tauschten eine Weile
Erinnerungen aus an ihre Schulzeit, wurden nachdenklich, wenn sie über
Mitschüler sprachen, die im Leben Pech gehabt hatten, und äußerten ihr
Erstaunen, wie doch so manche wider Erwarten Erfolg gehabt hatten. Nach dem
vierten oder fünften Sherry waren sie in der Gegenwart angelangt. «Na, und wie
wirkt Wuffinge Parva auf Sie nach fast einem halben Jahrhundert Abwesenheit?»
erkundigte sich Ted.
    «Eine Brutstätte von Intrigen»,
antwortete Mr. Pringle. Er meinte es ganz ernst. «Zwietracht, Grüppchenbildung,
sozialer Konflikt. Eine Leiche unter einer Autobahnbrücke. Der Himmel weiß, was
noch alles passieren wird.»
    «Wenn Sie von Zwietracht sprechen,
dann spielen Sie doch damit sicher auf Miranda Kenny an? Komisch, daß sie auf
alle gleich wirkt.»
    «Aber das stimmt doch gar
nicht, Ted», protestierte seine Frau. «Die Jüngeren hier finden sie großartig.
Du brauchst dir doch bloß anzusehen, wie dieses kleine Dummchen Michelle
versucht, es ihr gleichzutun, und dauernd irgendwelche Ausdrücke von Miranda im
Munde führt. Vor ein paar Wochen zum Beispiel war plötzlich alles in ihren
Augen «Ersatz». Sie wird übrigens ganz bestimmt versuchen, Ihnen ihr Haus zu verkaufen.»
    «So?»
    «Sie wohnt in einer
Doppelhaushälfte in der Siedlung.»
    «Ein Modell Windsor, soviel ich weiß.» Ted lachte.
    «Sie will es eintauschen gegen
eine alte Scheune», warf seine Frau ein. «Ich habe sie gewarnt. Ihrem netten
Gerry wird das bestimmt nicht gefallen, und sie soll bloß aufpassen, daß sie
nicht eines Tages alleine dasitzt. Ich glaube nämlich nicht, daß er Lust haben
wird, die nächsten fünf Jahre seines Lebens damit zu verbringen, eine halbe
Ruine wieder in Schuß zu bringen.»
    Mr. Pringle glaubte, sich
verhört zu haben. «Eine Scheune? Will sie in ihrem Alter noch anfangen, eine
Art Hippieleben zu führen?»
    Felicity lächelte nachsichtig.
«Hier, nehmen Sie noch von den Erdnüssen. Hippies sind doch schon seit Ende der
sechziger Jahre verschwunden. Scheunenumwandlungen haben damit nichts zu tun.
Das ist jetzt ein ganz neuer Trend.»
    «Ah ja? Ich dachte...» Ted
füllte ihm sein Glas nach. «Sehr freundlich von Ihnen, danke.

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