Prinzentod
an mich pressen und laut schluchzen, ja es tut weh, ja, mein Herz blutet, möchte ich sagen. Aber das geht natürlich nicht und so versuche ich noch einmal zu lächeln. »Es tut überall weh«, antworte ich. »Überall.« Die Kleine nickt, als hätte ich das Richtige gesagt. »Überall«, wiederholt sie nachdenklich. »Überall.« Plötzlich kommt Leben in sie. »Ich geh jetzt schaukeln.« Mit schnalzenden San dalen rennt sie über den Platz zu einer freien Schaukel und kommt gerade noch rechtzeitig einem viel größeren Mädchen zuvor. Schnell schraubt sich die Kleine höher und höher, und gerade als ich sicher bin, dass sie mich längst vergessen hat, winkt sie mir mit ihrer kleinen Hand zu. Das bringt mich wieder zum Weinen. Alles geht weiter wie immer. Auch wenn Romeo und Julia sich trennen. Oder Lissie und Kai. Was für eine schreckliche Welt. Wie grausam. Eine Vespa kürzt über den Bürgersteig ab, eine Mutter vor mir, die ihr Kind gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen kann, keift dem Fahrer etwas hinterher, aber ich achte nicht richtig darauf, denn einen Moment später klingelt mein Handy. Kai! Das muss er sein, er will sich entschuldigen, es tut ihm leid, dass er mich eben angebrüllt hat. Ich kann gar nicht schnell genug die grüne Taste drücken. Doch es ist überhaupt nicht Kai, sondern Bernadette, deren Stimme ich jetzt höre. Sie fragt, ob ich noch Milch mitbringen kann, weil sie die beim Einkaufen vergessen hat und zu faul ist, noch einmal loszugehen. Fast hätte ich hysterisch gekichert. Milch ist wirklich das Allerletzte, worüber ich mir gerade Sorgen mache. Ich verspreche ihr, das Gewünschte zu besorgen, dann lege ich auf. Einen Moment lang starre ich auf mein Handy und mir wird klar, dass er nicht anrufen wird, nicht nach diesem Auftritt vorhin.
Geh! Geh bitte!
Er hat mich einfach so rausgeschmissen, nach allem, was zwischen uns war. Dabei wollte ich doch alles klären, mi t ihm reden. Ich merke, dass ich den Gedanken, ohne ihn z u leben, kaum aushalten kann. Wenn er jetzt anrufen würde , wenn er sagen würde, dass er mich braucht, mich mehr lieb t als sein Leben ? Nein, Lissie! Und selbst wenn! Du wolltest dich trennen, d u wolltest doch Klarschiff machen, jetzt steh auch dazu ! Ich möchte so gern seine Nummer wählen, nur um Klarhei t zwischen uns zu schaffen, ihm zu.. . Lissie! Er hat dich gerade rausgeworfen, ohne dir eine Möglichkeit zur Erklärung zu geben. Also, verhalte dich einma l wie ein vernünftiger Mensch und nicht wie eine Heulsuse . Schalte dieses Ding aus ! Als ich auf die Aus-Taste drücke, kommt es mir so vor, al s würde ich mich selbst abschalten. Alles aus . AUS . Ich wische mir noch einmal übers Gesicht, stehe auf und gehe wie in Trance zu meinem Fahrrad . Plötzlich will ich nichts lieber, als möglichst viel Abstan d zwischen mich und diese Wohnung bringen .
7. Blog
Welche Qualität hat Liebe? Gibt es eine Premiumqualität von Liebe, so etwas wie das Bio der Liebe? Gibt es gute und schlechte Liebe? Was ist mit den Müttern, die ihre Kinder für Männer töten oder zuschauen, wie ihre Geliebten es für sie tun? Welche Qualität hat diese Liebe? Oder was ist mit Männern, die so stark lieben, dass sie erst ihre Kinder, dann ihre Frau und schließlich sich selbst töten. Tun sie es aus Liebe? Und muss Liebe, die wahre reine Liebe nicht sowieso zwangsläufig im Tod enden? Wie seht ihr das? Fragt Z
8. Kapitel
E s ist schon kurz nach fünf, als ich endlich die Haustür aufschließe. Und ausgerechnet heute muss ich Nico im Flur treffen. Wir prallen fast aufeinander, doch statt mich wie sonst zu ignorieren, lächelt er mich plötzlich an. »Hey Lissie«, sagt er. »Lange nicht gesehen.« Ich denke an mein verheultes Gesicht und bin froh, dass es im Flur einigermaßen dunkel ist. »Ja, da hast du recht«, erwidere ich unsicher. »Schade eigentlich.« In seiner Stimme liegt ehrliches Bedauern. Ich fasse es nicht. Wochenlang behandelt er mich wie Luft und ausgerechnet jetzt finde ich wieder Gnade vor seinen Augen. Warum denn jetzt? »Wie kommt’s, dass du auf einmal mit mir sprichst?« »Die Dinge ändern sich eben. Manchmal zum Schlechteren, manchmal . . .«, er grinst breiter, ». . . auch zum Besseren.« »Wie meinst du das?« Plötzlich habe ich genug von dieser ganzen verfluchten Keilmann-Sippe, zumindest der männlichen Seite von ihr. »Ach, nicht so wichtig.« Er geht darüber hinweg. »Sagen wir einfach, das Blatt kann sich jederzeit wenden.« Er beugt
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