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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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einen gelben, einen grünen, einen blauen und einen violetten gab, die ausschließlich direkt nach oben in den Himmel leuchteten, hatte sie längst bemerkt. Aber dass die Lichter großen Blüten entströmten, entdeckte sie erst jetzt. Es war nur eine kleine Blumenwiese, die sich da mitten im Wald ausbreitete, und die Lichterblüten wuchsen sehr akkurat hintereinander in einer Linie.
    Skaias Blick flitzte über den Boden. Ein paar Meter weiter war ein Ast. Keiner von den dünnen, die überall lagen, sondern ein kräftiger. Skaia hatte Mühe, ihn zu den Lichtern zu schleppen. Ihn hochzuhieven kostete noch mehr Kraft. Ein paar Mal musste sie sich ducken, um nicht von dem tobenden Strahl gestreift zu werden. Das Blut schoss Skaia in den Kopf, als sie die Luft anhielt und den Ast schwang. Heftig knallte er gegen den Jungen. Skaia konnte den Ast nicht mehr halten. Er fiel krachend auf die Erde, brach in der Mitte entzwei. Daneben schlug der Junge auf. Sein Lachen erstarb augenblicklich. Sein Mund blieb offen. Ungläubig sah er auf seine Arme und Beine, ganz so, als sei er nicht sicher, ob noch alles dran sei. Hinter ihm beruhigte sich der rote Lichtstrahl. Nach kurzer Zeit leuchtete er ebenso unbewegt wie die anderen Strahlen in den Himmel. Der Junge rappelte sich hoch. Wankte auf Skaia zu. Bis er auf eines seiner offenen Schuhbänder trat, stolperte und stürzte. Mit panisch ausgestrecktem Arm griff er nach Skaia. Sie mühte sich, ihn zu halten.
    Dennoch ging er in die Knie. Erschöpft stöhnte er, doch den Kopf wandte er nicht von Skaia. „Ich bin Mikolo.“
    Und Skaia ergänzte in Gedanken: „Mikolo, der Tollpatschige.“ Sie kannte ihn nicht, aber sie sah es an den Schrammen, die ihn überall zierten. Sie stammten nicht nur vom Schlag mit dem Ast.
     
    Er war furchtbar verschreckt. Angespannt ging er neben Skaia her. Fuhr bei jedem noch so winzigen Geräusch herum. Lief dabei weiter und rannte in den nächsten Strauch. Dass er sich noch kein Auge ausgestochen hatte, war ein Wunder. Dazwischen sah er ängstlich auf ein kleines, blaues Flämmchen, das stets auf Kopfhöhe vor ihm her schwebte. „Das ist schon dauernd in meiner Nähe, seit ich hier in diesem Wald bin“, beklagte er sich. „Meinst du, es will was von mir?“ Skaia hatte keine Ahnung, war aber froh, dass das Flämmchen bei Mikolo blieb und nicht zu ihr flog. Sollte es nur bei ihm bleiben und seine kurios nach vorne abstehenden Ohrläppchen anleuchten.
    Alles, was Mikolo widerfahren war, musste er nun loswerden. „Ich habe diese Lichterblumen gar nicht bemerkt.“
    Natürlich, Mikolo war blind in den roten Strahl hineingetappt, obwohl es wahrscheinlich im ganzen Wald nichts Auffälligeres gab.
    „Hättest du gedacht, dass Lachen etwas ganz Schreckliches sein kann? Wenn du nicht gekommen wärst, hätte ich mich bestimmt totgelacht.“
    Und wenn sie jetzt nicht bei ihm bliebe, würde er verhungern, dachte sich Skaia. Von den Beeren, die sie gemeinsam sammeln wollten, hatte bisher alle sie gefunden. Die eine, die er von einem Strauch gepflückt hatte, an dem nur vertrocknete Kügelchen hingen, hatte Skaia zwar genommen, aber als Mikolo erschrocken wegen des Geraschels seiner eigenen Füße zu Boden blickte, ließ sie sie unbemerkt fallen. Er war nur deshalb noch nicht am Ende seiner Kräfte, weil er erst vor wenigen Stunden im Wald gelandet war.
    Gelandet schien der richtige Ausdruck zu sein, wenn man Mikolos Geschichte Glauben schenken wollte. Er behauptete, aus einem Land zu kommen, das „Javónien, Reich der Helden“ hieß. Skaia hatte noch nie davon gehört. Für sie hatte immer nur Solterra existiert ― zumindest, bis sie nach Moxó gekommen war.
    „Bloß weil ich ihnen nichts geben wollte von meinen Drachenbonbons, haben sie Streit angefangen. Aber ich weiß ganz genau, hätte ich ihnen welche gegeben, hätten sie einen anderen Grund gefunden. Das geht das ganze Jahr schon so. Sie sind in der „Heldenschmiede“ zwei Klassen über mir und haben eigentlich früher aus als ich. Aber immer passen sie mich auf dem Nachhauseweg ab, nur um mich anzurempeln und herumzuproleten. Einmal bin ich mit einem Loch in der Hose heimgekommen, so blöd bin ich hingefallen. Meine Mama hat geschimpft, weil eine Uniform der „Heldenschmiede“ mit geflickter Hose nicht mehr heldenhaft, sondern höchstens lächerlich aussehen würde.“ Mikolo zeigte auf die fragliche Stelle an der olivgrünen Hose, die er zu einer olivgrünen Jacke trug. Schön war der

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