Privileg Venusgeist
Altmarsianische Berichte sprachen von einer zwar heißen aber erträglichen Welt, die vor über zweihunderttausend Jahren anscheinend weiter von der Sonne entfernt gestanden hatte.
Auch an der Venus war der Krieg nicht spurlos vorübergegangen. Historische Filme zeigten weitläufige Ansiedlungen marsianischer Kolonisten.
Sie waren verschwunden; untergegangen im Bombenhagel und Strahlbeschuß der angreifenden Deneber, die auch den ehemaligen Sauerstoffbestandteil der Atmosphäre durch ein kompliziertes Kernumwandlungsverfahren vernichtet hatten.
Nur die Nordpolfestung schien die Kriegsereignisse überdauert zu haben. Sie war von vornherein unter größter Geheimhaltung tief unter den Bergen des nördlichen Poles angelegt worden. Es war sicher, daß sie von den Denebern nicht angegriffen worden war. Sie hatten sie nicht entdeckt.
Wir vermuteten, daß die Oberflächengroßstädte ausschließlich zu dem Zweck gebaut worden waren, die Invasoren abzulenken.
Die Mächtigen in den Tiefen der Nordpolbunker hatten mit hoher Wahrscheinlichkeit Millionen andere Marsianer geopfert, um selbst unentdeckt zu bleiben.
Um so zwingender warf sich für uns die Frage auf, was aus den damals Überlebenden geworden war.
Der soghmolische Kreuzerkommandant schien sich darüber wenig Gedanken zu machen. Wenn er sie für erwägenswert hielt, dann nur deshalb, um die Situation innerhalb der Festung abschätzen zu können.
In dieser Hinsicht war ich besser informiert. Hannibal und ich waren bereits einmal jenseits der gewaltigen Schutzschirme gewesen. Dort hatten wir kein organisches Leben mehr vorgefunden. Allerdings hatten wir nur einen Bruchteil der untervenusischen Anlagen gesehen.
Achtzehn Stunden nach unserer Landung hatte der Soghmoler erstmals die Geduld verloren und von seiner Orbitstellung aus das Wirkungsfeuer auf die »1418« eröffnet.
Der Punktbeschuß war zielgenau gewesen. Keiner der niederpeitschenden Waffenstrahlen hatte die Schutzschirme des Gehirns berührt.
Der blaumarkierte Landeplatz hatte sich in eine Landschaft mit ausbrechenden Vulkanen verwandelt.
Als unsere Schutzschirme zu zerbrechen drohten und ich soeben auf gut Glück starten wollte, hatte der Venuskommandeur ein zweites Mal eingegriffen.
Seine Strahlschüsse hatten die Schirme des Schweren Kreuzers gestreift. Diese Warnung war wesentlich ernster gewesen als die erste.
Der Fremde hatte sein Feuer sofort eingestellt und war weiter in den Raum ausgewichen. Von da an war Ruhe gewesen.
Die Folgen des Überfalls waren für uns äußerst unangenehm gewesen. Plötzlich hatte die »1418« wie ein einsamer Gebirgsgipfel aus den nur langsam abkühlenden Kratern herausgeragt.
Wenige Minuten später waren wir von einem der rosafarbenen Zug- oder Rotatorfelder erfaßt worden, wie wir sie schon auf dem Mars kennengelernt hatten.
Der Venuskommandeur hatte eingegriffen und das Schiff mehr als hundert Kilometer weit nach Osten versetzt. Dort standen wir jetzt auf einem gleichartigen Landefeld, das im Gegensatz zum ersten hellrot markiert war.
Vor etwa vier Stunden hatte der soghmolische Kommandant mit uns Kontakt aufgenommen. Jetzt war er soweit, wie ich ihn hatte haben wollen; nämlich verhandlungsbereit.
Hannibal meinte dazu, ihm wären die Felle weggeschwommen. Diese Auffassung teilte ich nicht hundertprozentig, aber grundsätzlich gesehen hatte der Kleine recht.
Der Soghmoler hatte eine Niederlage nach der anderen erlitten. Nun wollte er zu einem greifbaren Ergebnis kommen.
Solange wir nahe der Festung standen,
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