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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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dann die Leiter in einer anderen Firma hochfallen, obwohl die Reputation, die sie sich erworben haben, kaum mehr als heiße Luft ist, denn was, frage ich Sie, kann man in einem Großkonzern in nur zwei Jahren schon bewirken? Auf diese Weise haben wir die Dinge also auf der englischen Seite der kulturellen Stufenleiter in die Scheiße geritten. Anderswo konnten die Söhne und Töchter der Großkopferten noch so verblödet sein, sie durften sich trotzdem schamlos Papas Kuchen aufteilen, denn in solchen Kulturen findet sich keiner, der dem Papa mal erklärt, wo es langgeht. Und all das schwankt also so am Abgrund vor sich hin, als die Dominos zu fallen beginnen. Etwas muss getan werden, mindestens muss es so aussehen, als würde etwas getan. Etwas Durchgreifendes. – Was tut man also? Man kehrt zu dem Büro mit den acht Trainees und den sieben Schreibtischen zurück und extrapoliert. Kommst du zu spät zur Arbeit, verlierst du nicht mehr deinen Schreibtisch, du verlierst deinen Job. Zu einer Zeit, da es ein Dutzend identisch qualifizierter Leute für jeden echten Leitungsposten gab, warum nicht? Eine Maßnahme, so reell wie jede andere. Man konnte sich weiß Gott nicht auf Verkaufszahlen oder Produktivität stützen, nicht bei einer globalen Wirtschaft auf Talfahrt. Und da es sich, wenn die Zeiten so sind, niemand leisten kann, seinen Job zu verlieren, kommt es jeden Morgen zu einer ziemlich verbissenen Fahrerei. Eine Raserei in jedem Sinne des Wortes. Aber damals…« Notley legte eine neue Variante seines Lächelns auf, eine winterliche diesmal. »Damals reichte es noch, als Erster anzukommen. Haben Sie irgendwas zu trinken hier?«
    »Uh.« Chris deutete auf Mike Bryants Einbaugetränkeschrank mit der aufgerauten Stahlfront. »Ich weiß nicht, es ist Mikes Büro. Er wird aber wohl etwas da drin haben.«
    »Denk ich auch.« Notley wuchtete sich aus seinem Sessel und schlenderte zum Schrank. »Möchten Sie auch was?«
    »Ich, äh, ich muss…« Er deutete auf das Datadown. »Na ja, die Sache noch zum Abschluss bringen. Das, äh…«
    Ein ungeduldiges Abwinken. »Dann bringen Sie’s halt zum Abschluss. In der Zwischenzeit mach ich Ihnen einen Drink. Was möchten Sie?«
    »Äh, Whisky. Laphroaig, wenn er ihn dahat.« Er wusste genau, dass Mike stets eine Flasche dahatte; er holte sie jedes Mal mit großer Geste hervor, wenn es spät geworden war im Büro. Als Schachsaft bezeichnete er ihn neuerdings. »Nur einen kleinen. Ohne Eis.«
    Notley grunzte. »Ich schließ mich an. Bin eigentlich Gintrinker, kann hier aber ums Verrecken keinen finden.«
    Chris wandte sich zum Datadown. Markierte den Sprengstoff, zusätzlich zu den billigen russischen Maschinenpistolen, die er bereits ausgewählt hatte, und schickte das Ganze, versehen mit Mikes Mitteilungscode, in die Ausgabe. Notley stellte ein randvolles Whiskyglas neben seinem Ellbogen ab, nahm einen Schluck von seinem eigenen Drink und warf einen Blick auf den Bildschirm.
    »Sind Sie fertig? Gut. Also machen Sie ein tolerantes Gesicht und hören Sie sich an, was der alte Mann zu erzählen hat.« Er ging zu seinem Stuhl zurück und saß über seinen Drink gebeugt. »Mal sehen, ich arbeitete damals bei Calders UK, muss so, na, vier- oder fünfundzwanzig gewesen sein. Jünger als Sie jedenfalls. Allerdings genauso dumm.«
    Kein Lächeln begleitete die Bemerkung. Notley nippte wieder an seinem Whisky.
    »Ich hatte ein Beförderungs-Playoff zu bestreiten. Nicht das erste, das ich gefahren war, aber es war das erste Mal, dass ich mir Sorgen um den Ausgang machte. Barnes, der andere Analyst, war in meinem Alter, hatte eine ausgezeichnete Reputation, nicht nur auf der Straße, und er fuhr so einen feuerroten Ferrari-Roadster. Sehr schnell, aber auch sehr leichtgewichtig. Nicht zu vergleichen mit denen, die sie heute bauen. Ich hielt es damals noch mit Audi, hatte gar keine andere Wahl, etwas anderes konnte ich mir nicht leisten. Gutes Auto, auf seine Art, aber schwer, sehr schwer.«
    »In der Hinsicht hat sich also nichts geändert.« Zum ersten Mal in diesem Gespräch hatte Chris das Gefühl, sich auf vertrautem Boden zu bewegen.
    Notley zuckte achtlos die Achseln. »Legen halt Wert auf Panzerung. Das Gleiche bei BMW. Hat vielleicht was mit dem Deutschsein zu tun. Sehen Sie, ich wusste, wenn ich erst einmal vor Barnes liegen würde, dann würde ich ihn mir auch für den Rest des Weges vom Leibe halten können. Der kleine Roadster konnte meiner Rückseite nichts anhaben, was sich

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