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Projekt Wintermond

Projekt Wintermond

Titel: Projekt Wintermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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sie sich ein wenig beruhigt hatte, zog sie einen Atlas aus dem Bücherregal und betrachtete die Karte der Westalpen zwischen der Schweiz und Italien. Es dauerte einen Moment, bis sie Varzo gefunden hatte – einen winzigen Fleck an der italienischen Grenze. Der Gedanke, vor dem konservierten Leichnam ihres Vaters zu stehen, nachdem er zwei lange Jahre als vermisst gegolten hatte, war ihr unvorstellbar. Und erst Bobby! Er durfte vorerst nichts davon erfahren. Die Nachricht könnte ihn vollkommen aus der Bahn werfen. Sie würde es ihm schonend beibringen, wenn alles vorüber war.
    Nachdem Jennifer im Branchenverzeichnis geblättert hatte, rief sie in einem Reisebüro an. Die Dame empfahl ihr, ebenso wie Mark, nach Zürich zu fliegen und von dort mit dem Zug oder einem Mietwagen nach Süden zur italienischen Grenze zu fahren, die wenige Autostunden entfernt war.
    Ein weiteres Telefonat führte Jennifer mit Margaret Neil, der Sekretärin der Bezirksstaatsanwaltschaft.
    »Hallo, Jennifer. Wie geht’s dir, mein Schatz?«
    »Nicht besonders, Margaret. Ich könnte ein paar Tage Urlaub gebrauchen. Ich weiß, es ist sehr kurzfristig, aber es ist dringend. Ich muss nach Europa.« Jennifer verzichtete darauf, ihr die näheren Umstände zu erklären.
    »Du Glückspilz! Im Augenblick ist es ziemlich ruhig bei uns. Lass mal sehen . ab wann brauchst du den Urlaub?«
    »Würde es übermorgen gehen? Sagen wir… fünf Tage?«
    Nach wenigen Augenblicken erklang Margarets Stimme wieder. »Jenny? Übermorgen geht klar.«
    9
    Kurz vor Mitternacht fuhr Mark Ryan vom Dienst nach Hause. Es war stockdunkel, als er in die Einfahrt seines kleinen Einfamilienhauses in Elmont einbog. Obwohl mehrere Straßenlaternen nicht brannten, sah er aus den Augenwinkeln etwa fünfzig Meter weiter auf der anderen Straßenseite einen dunklen Buick stehen, als er die Treppe zur Haustür hinaufstieg. Der Wagen war ihm schon auf dem Weg zum Haus aufgefallen. Zwei Männer schienen in dem Buick zu sitzen. Ganz sicher war er nicht, und im Grunde war es ihm auch egal. Todmüde schloss Mark die Tür auf und vergaß den Wagen.
    Nach der Scheidung hatte Mark seine Exfrau Ellen ausgezahlt. Seitdem sie ihn verlassen hatte, herrschte hier immer ziemliche Unordnung. Der Job bedeutete Mark alles, und nur dank der Arbeit war er nach der Scheidung nicht durchgedreht. Er riss sich förmlich um Überstunden, sodass kaum mehr Zeit für die Hausarbeit blieb. Allerdings war Ellen auch nicht gerade die geborene Hausfrau gewesen.
    Es war ein schönes Haus, auch wenn es nun die Spuren des Junggesellenlebens aufwies und dringend einer Grundreinigung bedurft hätte: Die Zeitungen auf dem Esstisch dienten als provisorische Tischdecke, und in der Spüle stapelten sich die Teller. Zu einem Mann, der zweimal am Tag duschte und streng auf Hygiene achtete, passte dieses Chaos eigentlich nicht. Mark nahm sich zum tausendsten Mal vor, eine Putzhilfe einzustellen, die zweimal die Woche in seinem Haus für Ordnung sorgte.
    Er ging in die Küche, setzte Wasser für einen Nescafe auf, öffnete den Kühlschrank und spähte hinein. Käse, ein paar Dosen Bier, eine Cola, eine Tomate, eine angebrochene Tüte Milch – das war’s. Wieder mal hatte er sich nicht die Zeit für einen Einkauf im Supermarkt genommen. Im Brotkasten lagen ein paar Scheiben Roggenbrot, zwar nicht mehr ganz frisch, aber durchaus noch essbar. Mark machte sich ein Käsebrot, ging ins Wohnzimmer und wartete, bis das Wasser kochte.
    Heute stand ihm nicht der Sinn nach Fernsehen. Gemächlich aß er seine Schnitte. Ein tolles Familienleben. Seit der Scheidung hatten seine Eltern ihm ständig zu verstehen gegeben, er solle sich eine neue Frau suchen, worauf Mark immer wieder erklärte, eine sei genug für jeden Mann.
    Doch im Grunde hatten seine Eltern Recht. Mit seinen fast vierunddreißig Jahren ging er noch immer allein durchs Leben. Manchmal traf er sich mit Kolleginnen, doch es waren nur flüchtige Bekanntschaften. Die Richtige hatte er nicht gefunden. Einst hatte er geglaubt, es sei Ellen, aber das hatte sich als gewaltiger Irrtum erwiesen. Die kleine, temperamentvolle, selbstbewusste Brünette hatte in einer angesehenen Anwaltskanzlei in Manhattan gearbeitet. Drei Monate nach ihrem ersten Treffen läuteten die Hochzeitsglocken.
    Ein großer Fehler.
    Sieben Monate nach der Hochzeit war Mark eines Nachts bereits um ein Uhr von der Schicht nach Hause gekommen, da er sich eine Grippe eingefangen hatte. Er ertappte Ellen in

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