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Prophetengift: Roman

Prophetengift: Roman

Titel: Prophetengift: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Nolan
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Kormoranen zu seiner Rechten zu, die selbstvergessen auf dem Wasser schaukelten wie schwarze Gummi-Entchen.
    Es ist so schön hier. Ich wünschte, ich könnte es auch genieβen.
    Ein hohes, bittendes Winseln erreichte sein Ohr. Er schaute hinunter und stellte fest, dass Maxi ihm nach draußen gefolgt war und sich ans Betteln gemacht hatte. Sebastian ignorierte ihn und spießte die Truthahnwürfel, Karottenscheiben, Croutons oder Stückchen reifer, roter Tomaten mit Blaukäsedressing in seinem Salat auf. Gelegentlich unternahm der kleine Hund Patrouillengänge unter dem Holztisch und schnüffelte nach Krümeln, dann setzte er sich wieder hin und fixierte Sebastian hoffnungsvoll und flehentlich.
    Endlich erweicht vom hungrigen Blick des Hundes, nahm Sebastian ein Stück Fleisch zwischen die Finger und senkte es hinunter. Der kleine Hund nahm den Bissen behutsam zwischen die Zähne, und sein Stummelschwanz wedelte so heftig, dass er fast unsichtbar wurde.
    Maxi verschlang den Bissen und die beiden Geschöpfe tauschten ein Lächeln aus.
    Nachdem er seine Mahlzeit beendet hatte, trug Sebastian seinen Teller in die offene Küche zurück, wusch ihn im Spülbecken ab und stellte ihn ins Abtropfgitter. Dann erinnerte er sich an Tess’ Bitte, schrubbte die verbliebenen Töpfe, wusch Teller und Gläser ab, wischte die Arbeitsflächen ab und hängte den Spüllappen ordentlich über den Wasserhahn. Schließlich zückte er seine Brieftasche, nahm einen Zehner heraus und legte ihn auf den stabilen, viel beanspruchten Küchenwagen.
    Tess, die auf der anderen Seite des Raums saß, scheinbar in ihren Roman vertieft, tat, als würde sie ihn nicht beobachten – bis der Geldschein auftauchte.
    »Den können Sie behalten«, murmelte sie, ohne aufzublicken.
    Sebastian tat so, als hätte er sie nicht gehört. Er wischte sich die Hände an den Jeans ab, fuhr sich durchs Haar – was nach dem neuen Haarschnitt ein ganz ungewohntes Gefühl auslöste – und schaute sich in dem riesigen Raum um. »Was war das früher mal?«
    »Ein Speicher für die Kohlenstation«, antwortete Tess und ließ das Buch sinken. »Er wurde im Zweiten Weltkrieg erbaut, als Lager für Kohle und Nachschub für die Schiffe, die entlang der Küste patrouillierten. Der alte Kai da draußen« – sie wedelte mit dem Finger in Richtung Meer – »erstreckte sich fast eine Meile ins Wasser hinaus, sodass die kleineren Kriegsschiffe daran anlegen konnten; die größeren bunkerten Nachschub natürlich nur im Hafen.«
    »Warum ›First Wharf‹? Gibt es noch andere?«
    »Es waren mal sieben an der ganzen Küste«, warf Libby ein, die gerade gefolgt von Maxi den Raum betreten hatte, »von San Diego bis nach Seattle oben im Norden. Sie lagen in gleichmäβigen Abständen zwischen den großen Städten, und unserer ist der Einzige, der noch steht – sofern man sagen kann, dass diese Trümmer da draußen noch stehen.«
    »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    »Wir haben es ’dreiundsiebzig gekauft«, antwortete Tess, »kurz nachdem Libby ihr erstes Buch veröffentlicht hatte.«
    »Sie sind Autorin?«
    »In gewisser Weise«, erwiderte Libby bescheiden. »Aber vor allem bin ich Therapeutin. Meine Bücher sollen den Menschen helfen, mit den schwierigen Phasen umzugehen, die in jedem Leben mal vorkommen – wobei manche Leute behaupten, dass meine Bücher eher schlaffördernd wirken.«
    »Und was führt Sie hierher?«, wollte Tess von Sebastian wissen und kuschelte sich tiefer in die Sofakissen.
    Er zuckte die Achseln. »Ich brauchte nur mal ein bisschen Zeit für mich selbst.«
    Tess und Libby wechselten einen Blick.
    »Sie erwähnten Ihre Mutter«, sagte Libby. »Gestern Abend.«
    Sebastian sah sie an. »Ich versuche gerade, nicht an sie zu denken.«
    »Na schön«, meinte Tess. »Und Sie wollen nach Sausalito?«
    »Ich habe da einen Kumpel, von dessen Haus man einen Blick auf den Yachthafen hat.«
    »Wir lieben Sausalito«, erzählte Libby. »Aber Tess und ich steigen immer im Omni-Hotel im Zentrum ab, das liegt zwischen der California Street und der Montgomery Street. Der Hoteldirektor ist ein lieber Freund von uns, und wenn es irgendwie geht, bekommen wir die Präsidentensuite. Waren Sie schon mal in diesem Teil von Sausalito?«
    »Klingt nett«, sagte er teilnahmslos und studierte den Blick hinter den Fenstern.
    »Sie wirken abgelenkt«, bemerkte Libby. »Wissen Sie, alles, worüber wir hier reden, wird mit absoluter Vertraulichkeit behandelt.«
    »Sie wirkt nur so

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