P.S. Ich liebe Dich
ich schon betrunken, wenn die anderen eintrudeln.«
»Das ist ein Argument«, pflichtete er ihr bei, machte den Kühlschrank auf und holte eine Flasche Wasser heraus. Jetzt fiel Holly auch auf, warum er anders aussah: Heute trug er nicht sein typisches Schwarz, sondern eine verwaschene Bluejeans und ein offenes hellblaues Hemd über einem weißen T-Shirt, eine Farbkombination, die seine blauen Augen strahlen ließ. Die Ärmel hatte er bis zu den Ellbogen aufgekrempelt, und durch den dünnen Stoff sah man seine Muskeln. Als er ihr das Glas zuschob, wandte sie rasch die Augen ab.
»Darf ich dich auch zu irgendwas einladen?«, fragte sie.
»Nein danke, das geht auf mich.«
»Ach bitte«, beharrte Holly. »Du hast mir schon so viel ausgegeben, jetzt bin ich mal an der Reihe.«
»Na gut, dann nehme ich ein Budweiser. Danke.« Er lehnte sich wieder an den Tresen und starrte sie weiter an.
»Was? Soll ich es dir zapfen?«, fragte Holly lachend, sprang vom Hocker und kam um den Tresen herum. Daniel machte ihr Platz und beobachtete sie amüsiert.
»Als ich klein war, wollte ich immer in einer Bar arbeiten«, erzählte sie, nahm sich ein Pint-Glas und zog den Hebel herunter. Das gefiel ihr.
»Ich hab eine Stelle frei, falls du was suchst«, erwiderte Daniel, der ihr aufmerksam beim Arbeiten zusah.
»Nein danke, ich glaube, auf der anderen Seite des Tresen komme ich besser zurecht«, lachte sie, während sie das Glas füllte.
»Hmmm … aber wenn du je einen Job suchst, dann weißt du ja, wen du fragen kannst«, meinte Daniel, nachdem er den ersten Schluck getrunken hatte. »Das hast du sehr gut gemacht.«
»Na ja, es ist nicht gerade Neurochirurgie«, grinste sie, kam wieder auf die andere Seite der Theke, kramte das Portemonnaie aus ihrer Tasche und bezahlte. »Der Rest ist für dich«, lachte sie.
»Danke«, erwiderte er lächelnd, wandte sich zur Kasse um, und Holly merkte, dass sie insgeheim seinen Hintern begutachtete. Ein hübscher Hintern, schön fest, aber nicht so hübsch wie der von Gerry.
»Hat dich dein Mann heute schon wieder im Stich gelassen?«, neckte er sie, während er um den Tresen herumkam, um sich wieder neben sie zu setzen. Holly biss sich auf die Unterlippe und überlegte, was sie antworten sollte. Ihr erschien der Zeitpunkt höchst ungeeignet, um über so etwas Trauriges zu reden, vor allem, wenn ihrem Gesprächspartner so offensichtlich daran gelegen war, ein bisschen nett zu plaudern. Aber sie wollte auch nicht, dass Daniel jedes Mal nach ihrem Mann fragte, wenn sie sich begegneten. Er würde die Wahrheit sowieso irgendwann erfahren, und womöglich in einer noch viel peinlicheren Situation.
»Daniel«, sagte sie leise. »Ich möchte dich nicht in Verlegenheit bringen, aber mein Mann ist vor kurzem gestorben.«
Daniel blieb wie angewurzelt stehen und wurde ein bisschen rot. »Oh, Holly, es tut mir sehr Leid, das wusste ich nicht.« Seine Stimme klang betroffen.
»Schon okay. Du konntest es ja nicht ahnen.« Sie lächelte ihn beruhigend an.
»Ich hab ihn neulich abends nicht kennen gelernt, aber wenn mir jemand Bescheid gesagt hätte, wäre ich zur Beerdigung gekommen.« Er setzte sich neben sie.
»Aber nein, Gerry ist schon im Februar gestorben, er war neulich nicht wirklich da.«
Verwirrt sah Daniel sie an.
Holly schlug verlegen die Augen nieder. »Na ja, er war nicht hier im Club«, erklärte sie. »Nur hier drin.« Sie legte die Hand aufs Herz.
»Verstehe. Wenn man das bedenkt, warst du neulich ja noch viel tapferer«, sagte er leise. Überrascht nahm Holly zur Kenntnis, wie entspannt er insgesamt reagierte. Gewöhnlich fingen die Leute an zu stottern, wenn sie ihnen von Gerrys Tod erzählte, oder sie wechselten möglichst schnell das Thema. Auch sie fühlte sich in Daniels Gegenwart sehr wohl, und sie konnte offen mit ihm reden, ohne Angst, gleich in Tränen auszubrechen.
»Offenbar ist es dir wichtig, Sachen durchzuziehen.« Noch ein Kompliment für ihren Karaoke-Auftritt.
»Ach, ich weiß nicht«, wehrte Holly kopfschüttelnd ab und erklärte in kurzen Worten die Geschichte mit der Liste. »Aber Gerry ist wirklich ein Mensch, der zu seinem Wort steht … stand.« Sie zuckte innerlich zusammen.
Daniel schien sich für die ganze Geschichte zu interessieren und stellte immer wieder Fragen, aber nie so, dass sie sich gedrängt oder ausgequetscht fühlte. Im Gegenteil, es war sehr angenehm, die Meinung von jemandem zu hören, der weder Gerry noch sie gut kannte, auch wenn
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