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Pulphead

Pulphead

Titel: Pulphead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Jeremiah Sullivan
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absichtlich mit riesigen Steinen versperrt worden, »wie das Grab Jesu Christi oder so«, sagte einer der Plünderer, der geholfen hatte, sie zur Seite zu rollen. Sie waren wochenlang in der Höhle gewesen und hatten eine ausgefeilte Eimerkette organisiert, um das ganze Zeug aus der Höhle zu schaffen. Einer von ihnen war ein recht bekannter Mann aus der Gegend, ein reicher Typ mit einer Sucht nach Artefakten. (Gute Digger arbeiten am Ende normalerweise immer für »einen reichen Typen« – man fragt sie: »Was ist das für einer?«, und sie antworten: »Stinkreich ist der.«)
    Das FBI hatte gerade erst einen anderen Typ aus demselben County, einen großen Halbcherokee namens Bob, wegen des Besitzes von Plündergut hochgenommen (im Wert von Hunderttausenden von Dollar, ging das Gerücht). Man hatte Bob überzeugt, sich als Gegenleistung für eine milde Strafe im Lake-Hole-Fall verkabeln zu lassen und einen Digger zum Reden zu bringen – jeder im Ort wusste, dass Bob mit diesen Dingen zu tun hatte, und man vertraute ihm.
    Er fuhr zu einem Mann namens Newell, und sie saßen zusammen in seinem Wohnzimmer. Hauptsächlich hört man Newells Verwunderung über den Fund und über das, was sie dort unten sonst noch gesehen hatten. Er hatte ganze Nächte bekifft in der Höhle verbracht (die Polizisten hatten neben einer Grube eine fette Tüte gefunden) und zweitausend Jahre alte Artefakte ausgebuddelt, von denen er seit seiner Kindheit geträumt hatte. Es ist bewegend – und gleichzeitig schrecklich, wenn man bedenkt, dass alle oder zumindest etliche der
Relikte verschollen sind, in den Fluss geworfen, als die Digger von der bevorstehenden Razzia Wind bekamen –, ihren kleinen Sofadialog zu lesen, die Artefakte vor ihnen auf dem Couchtisch.
     
    BOB : Ich wollte Sie treffen um rauszufinden, ob [der reiche Typ] die Pfeife verkaufen will.
    NEWELL : Vielleicht.
    BOB : Ich wollte sie mir mal ansehen.
    NEWELL : Eins weiß ich: So was habe ich noch nie gesehen. So was habe ich noch nie gesehen.
    BOB : Aber wie sieht sie aus? Können Sie sie beschreiben oder zeichnen?
    NEWELL : Sie ist, zeichnen ist schlecht bei mir . . . Okay, versuchen wir es. Hier oben ist sie lang, hier geht's hoch, so etwa. Dann quer, ungefähr so, und hier wieder runter. Und sie hat einen großen Stiel, und dann wieder hier zurück . . .
    BOB : Also ist sie, ist sie –
    NEWELL : Hier hat sie Flügel, aber aus demselben Material. Das Scheißzeug ist seltsam.
    BOB : Was ist das denn?
    Newell: Keine Ahnung. Es ist Lehm, aber außen dran ist irgendwas Gemahlenes . . .
    BOB : Shit.
    NEWELL : . . . Ich sag's Ihnen, ich sammel' schon mein ganzes Leben und hab 'ne Menge gesehen, siebzehn Jahre in den Hopewell Mountains und im Ohio Valley, und in den dicken Museen in Columbus und, äh, Pennsylvania, Pittsburgh, und so weiter, aber ich hab noch nie so ein Zeug . . .
     
    An anderer Stelle reden sie über eine Schildkröte – das ist alles, was sie sagen: »diese Schildkröte . . . diese Schildkröte«. Bob wollte nicht das ganze Geld ausgeben, das er für das Finanzamt auf die Seite gelegt hatte, sagt er, und dann kauft
jemand anderes die Schildkröte. Newell zeigt ihm einen Muschel-Ringkragen mit einem aufwendigen Klapperschlangenmuster:
     
    BOB : Puh!
    NEWELL : Das ist Southern Cult, Death Cult.
    BOB : Genau, ich würde gerne mal einen dieser Spechte sehen . . .
    NEWELL : Die sind selten.
     
    Das ist es, was ich meine, wenn ich vom Ausmaß der Auslöschung spreche. Lake Hole Cave ist kein Einzelfall. Auslöschung geschieht in Wellen. Die Zeit der Depression war schlimm. Während der gigantischen New-Deal-Grabungen bemerkten die örtlichen Anwohner das große Interesse und begannen ihrerseits, wie wild nach Artefakten zu graben. Die Siebziger waren auch schlimm. Die Preise für Artefakte stiegen mit der Begeisterung der Hippies für die Kultur der amerikanischen Ureinwohner. (Bob sagt an einer Stelle in den Lake-Hole-Tonbändern: »Ich würde gerne mal was von dem Zeug sehen, das sie in den Siebzigern gefunden haben.«) In jenem Jahrzehnt gab es zum ersten Mal eine kulturelle Schnittmenge zwischen Höhlenkletterern und Pot-Diggern. Man betrat Orte, die vorher nicht zugänglich waren. Und in Deutschland und Japan, wo viele Menschen von der Geschichte der amerikanischen Ureinwohner besessen sind, wuchsen die Märkte.
    Etliche wichtige Fundorte sind überhaupt erst durch Hinweise und Berichte von Plünderern bekannt geworden. Zum

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