Puppen
doch dazu muß der Altar frei sein.«
Paris nickte und half dem Vulkanier dabei, die reglose Bajoranerin von dem Bett aus gelben Blumen zu heben. Ganz vorsichtig schritten sie mit ihr über die Stufen der hinteren Treppe. Kes hielt sich dabei dicht an Kaylas Seite, als könne ihre Nähe die Rekonvaleszenz beschleunigen. Bisher deutete nichts darauf hin, daß die junge Frau bald wieder zu sich kommen würde. Kes glaubte, daß sich Kayla nur dann erholen konnte, wenn sie sofort zur Voyager gebracht wurde, um dort in der Krankenstation vom Doktor behandelt zu werden.
Sie erreichten die Straße und wankten in Richtung Stadttor.
Unterwegs versuchten sie, sich so gut es ging den Vibrationen anzupassen. Gleichzeitig achteten sie darauf, den vielen kleinen Rissen auszuweichen, die hier und dort im Boden entstanden.
Tuvok beobachtete, wie sich Ban aus der Menge löste. Die anderen Urrythaner setzten den Weg zum Altar fort, legten Vok auf die Blumen und verhielten sich so, als sei die Welt um sie herum ganz und gar nicht aus den Fugen geraten. Ban schenkte ihnen keine Beachtung mehr und näherte sich Tuvok, dem es nicht weiter schwerfiel, Kayla zu tragen – Vulkanier waren wesentlich kräftiger als Menschen.
»Warten Sie!« rief Ban, stolperte und wäre fast gefallen.
»Bitte warten Sie. Vorhin wiesen Sie darauf hin, uns helfen zu können…«
Tuvok zögerte. Er war kurz davor gewesen, Hilfe zu
versprechen, als sie den Tunnel verlassen hatten und der Anblick von Paris und Kes Ban ablenkte. Jetzt sah er sich mit einer schwierigen Entscheidung konfrontiert. Kayla mußte zur Voyager gebracht werden, und angesichts der Beben war Eile geboten: Wenn der Boden unter dem Shuttle nachgab, saßen sie auf Ur-rytha fest. Für die Bajoranerin konnte das den Tod bedeuten.
»Wir müssen zu unserem Raumschiff«, erwiderte Tuvok und ging weiter. »Kayla benötigt dringend medizinische Hilfe, und Ihre Welt schickt sich an, regelrecht auseinanderzubrechen.«
»Es ist das Erwachen«, erklärte Ban. Seine Stimme gewann einen fast flehentlichen Klang. »Alles wird wieder normal, sobald das Erwachen beendet ist. Ich brauche Ihre Hilfe, um Vok zu erreichen, um die Sänger aus der Trance zu befreien.«
»Ich sehe mich außerstande, Ihnen eine derartige Hilfe zuzusagen«, antwortete Tuvok. »Ich bin vor allem der Crew des Schiffes verpflichtet.«
»Die Sänger sterben, wenn Sie ihnen nicht helfen«, sagte Ban, und seine Augen blickten noch kummervoller als sonst.
»Dann können sie nie das Aufsteigen erleben und verlieren sich im Endlosen Schlaf. In dem Fall bleiben nur ich selbst und einige wenige andere übrig.«
Kes trat vor. »Wir schaffen es auch allein, Kayla zum Shuttle zu bringen und zu starten.« Sie griff nach den Füßen der Bajoranerin. »Wenn Sie hier helfen können, Tuvok…«
Einige Sekunden lang stand der Vulkanier stumm da, fühlte sich innerlich hin und her gerissen. Dann drehte er sich langsam um und ging in Richtung Altar, mit Ban an seiner Seite, während Paris und Kes zum Shuttle eilten. Nur noch etwa hundert Meter trennten sie davon, doch die
Erschütterungen des Bebens und das Knistern von Energie in der Luft schien diese Entfernung auf mehrere Kilometer zu dehnen.
Nach einigen Metern stöhnte Kayla leise, neigte den Kopf langsam von einer Seite zur anderen und erzitterte in den Armen von Kes und Paris.
Der Pilot drehte den Kopf und sah zur Siedlung zurück, doch die Gestalt des Vulkaniers war irgendwo in dem Chaos
verschwunden, das nun auf Urrytha herrschte.
16
A uf dem Weg von der Tunnelöffnung zum Altar und dann von dort aus zum Tor hatte Tuvok Gelegenheit gefunden, sich einigermaßen an das Beben zu gewöhnen. Deshalb wirkten seine Schritte weitaus sicherer, als er zum steinernen Podium zurückkehrte. Immer wieder hob und senkte sich der Boden unter ihm, schien mit jeder verstreichenden Sekunde noch instabiler zu werden. Normalerweise herrschten Ruhe und Ordnung hinter der Stirn des Vulkaniers, doch diesmal
prickelte Unruhe in ihm. Er hatte etwas versprochen, aber gleichzeitig fühlte er sich verpflichtet, an Bord des Shuttles zu sein, mit Paris, Kes und Kayla zur Voyager zurückzukehren.
Die an Ban gerichteten Worte schufen eine neue Bürde aus Verantwortung, die nun schwer auf den Schultern des
Vulkaniers lastete.
Ein Teil seiner Motive bestand in dem Wunsch, unter den hiesigen besonderen Umständen herauszufinden, was er leisten konnte. Außerdem wollte er einen unmittelbaren Eindruck davon
Weitere Kostenlose Bücher