Puppen
Teil des Liedes geworden war, was den
unwiderruflichen Beginn des Langen Schlafs bedeutete. Wie dem auch sei: Tuvok hatte alles getan, was in seiner Macht stand.
Neuerlicher Kopfschmerz erinnerte ihn daran, daß er im Tunnel an die Wand gestoßen war, und seine Augen zeigten ihm nur ein verschwommenes Bild der Umgebung. Er ruhte auf zitterndem Boden, und starke Arme stützten ihn. Überall um ihn herum lagen Ambiana-Blumen, und ganz deutlich nahm Tuvok ihren Duft wahr. Noch immer erfüllte Gesang die Luft.
Er glaubte, Worte zu vernehmen, aber wenn das tatsächlich der Fall war, so blieben sie ohne Bedeutung.
Er trachtete danach, die Benommenheit aus sich zu
verbannen und aufzustehen.
Die einzelnen Fasern seines Bewußtseins fanden sich wieder zusammen und ergaben ein vollständiges Selbst. Jene Stimme, die er gehört hatte… Sie stammte von Ban. Der junge
Urrythaner rüttelte ihn an den Schultern, richtete weitere Worte an ihn. Tuvok wandte sich ihm zu und versuchte zu antworten, aber es wurde nur ein Krächzen daraus. Er
bemerkte, wie Erleichterung den Kummer aus Bans Gesicht verdrängte, wie die dünnen Lippen des Urrythaners ein
Lächeln andeuteten, das irgendwie seltsam wirkte.
»Ich dachte schon, für Sie hätte ebenfalls der Lange Schlaf begonnen«, sagte Ban.
»Vok?« brachte Tuvok hervor und setzte sich langsam auf.
»Ist er zurück?«
»Nein«, antwortete Ban leise. »Er blieb fort. Ich fürchte, für die anderen gibt es jetzt keine Rettung mehr.«
»Aber… Ich habe gespürt, wie er sich aus dem Muster der Einen Stimme löste. Sind Sie ganz sicher?«
Plötzlich ließ sich im Gesang noch etwas anderes vernehmen: ein leises Stöhnen. Tuvok und Ban blickten nach oben. Tuvoks Arme hatten bisher überkreuzt auf der Brust geruht, doch ein Arm geriet nun in Bewegung und rutschte über den Rand des Altars.
Tuvok stand auf, was ihn erhebliche Mühe kostete. Dutzende von kleinen Hämmern schienen an die Innenseite seines
Kopfes zu pochen, und der Schmerz beeinträchtigte die
Konzentration des Vulkaniers. Er zwang sich dazu, näher an den Altar heranzutreten. Ban war bereits an der Seite des Ältesten und schüttelte ihn vorsichtig.
»Was… was ist geschehen?« fragte Vok und hob die Lider.
»Wo bin ich? Was brachte mich hierher? Ban?«
»Es ist alles in Ordnung«, sagte der junge Urrythaner in einem beruhigenden Tonfall. »Wir haben Sie aus dem Langen Schlaf zurückgebracht. Sie werden noch gebraucht, für kurze Zeit.«
»Ich bin… zurück?« Vok setzte sich, sank jedoch sofort wieder auf das Bett aus Ambiana-Blüten zurück. Er versuchte es noch einmal, mit mehr Erfolg.
»Dieses Ritual… ist für mich bestimmt?« Erst jetzt bemerkte der Älteste Tuvok, und Erstaunen zeigte sich in seiner Miene.
»Was geht hier vor, Ban?«
»Sie brachen im Tunnel zusammen«, erklärte Ban. »Als Sie uns folgten und die Katastrophe verhinderten… Stolz blendete mich. Und Sie verbrauchten Ihre letzte Kraft, um Unheil zu verhüten.«
Erneut kam es zu einer heftigen Erschütterung, die Tuvok, Ban und Vok fast von der steinernen Plattform geworfen hätte.
Ein seltsames, von innen kommendes Licht glühte in Voks Augen.
»Das Erwachen«, hauchte er voller Ehrfurcht. »Sie haben mich rechtzeitig genug zurückgeholt, damit ich es erleben kann.«
»Es bleibt nicht mehr viel Zeit, bis das derzeitige Geschehen
– was auch immer es bedeuten mag – die kritische Phase erreicht«, warf Tuvok ein. »Wir sollten jetzt sofort etwas unternehmen, um die Sänger vom Einfluß der Einen Stimme zu befreien.«
»Er hat recht«, sagte Ban und deutete zu den jungen
Urrythanern, die noch immer auf dem Boden saßen und die Plattform umringten, dem um sie herum herrschenden Chaos überhaupt keine Beachtung schenkten. Die anderen
Urrythaner, die zuvor durchs Tunnelsystem unterwegs
gewesen waren, hatten ihren Gesang längst beendet. Sie bildeten keine Gruppe mehr, standen zwischen den Gebäuden der Siedlung und sahen von dort aus zum Altar.
Vok nahm die Szene rasch in sich auf. Er wirkte nicht etwa besorgt, sondern lächelte erfreut.
»Sie sind eins mit dem Erwachen«, sagte er. »In ihrem Leben hat es keinen glücklicheren Moment gegeben. Selbst das Ritual des Langen Schlafs hätte sie nicht zu einer solchen Einheit führen können. Auch wenn Kayla in der Lage gewesen wäre, ihre Reise zu beenden… Für die Sänger hätte sich dadurch nichts geändert. Sie bleiben bei dem, was ihnen Erfüllung schenkt.«
»Sie sind
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