Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
also konnte er mit einem eigenen Kommando rechnen.
Wie die beiden anderen Schiffe kam auch die Santa Teresa frisch aus der Werft, wo sie gründlich überholt und hervorragend ausgestattet worden war. Es hatte schließlich keinen Sinn, von Piraten verseuchte Gewässer mit anderen als erstklassigen Schiffen zu befahren. Zumal man sich von den Heimsuchungen an der Atlantikküste durch brandschatzende Korsaren neuerdings wahre Schauergeschichten erzählte. Dio, er war kein Feigling, aber das, und dann auch noch ausgerechnet Santa Cruz …
Marino trat ein paar Schritte bis an das Schanzkleid zurück, zog unauffällig eine Flasche aus dem Stiefel und genehmigte sich einen ordentlichen Schluck. Porca Madonna, dachte er, während ihm der Schnaps die Kehle hinabbrannte, war die Welt denn nicht groß genug? Was mussten sich die Álvarez erneut in sein Leben drängen? Noch dazu gerade jetzt, wo seiner endgültigen Aufnahme in die Kriegsflotte kaum noch etwas entgegenstand?
Kapitän Perasso von der San Giorgio hatte in Wahran einen Brief zur Beförderung nach Santa Cruz angenommen. Dagegen war nichts einzuwenden, jeder Kapitän transportierte Nachrichten von Hafen zu Hafen, daran war nichts Besonderes, doch musste es sich dabei ausgerechnet um eine Nachricht an Sarahs Familie handeln? Admiral Doria verstand keinen Spaß, was den Leumund seiner Kapitäne anging. Sollte er je herausfinden, worin seine Verbindung mit der Familie Álvarez bestand, konnte er sein schönes Kommando vergessen!
Wenn er Kapitän Perasso richtig verstanden hatte, war Sarah inzwischen nach Afrika zurückgekehrt, und zwar schien sie in Melilla zu leben, jedenfalls hatte Perasso das aus dem geschlossen, was ihr Gönner, der alte Pacelli, berichtet hatte.
War das Kind noch bei ihr? Wie alt mochte es jetzt sein? Sein Bastard, den er Loredan verpfändet hatte …
Erst in Genua hatte er überhaupt von dem Balg erfahren. Venezianische Seeleute, die sich nur zu gern die Mäuler zerrissen, hatten ihm genüsslich unter die Nase gerieben, was in Venedigs Kaschemmen gemunkelt wurde. Es hatte ihn etliche Kannen Wein gekostet, bis sie sich davon hatten überzeugen lassen, dass sie lediglich einem böswilligen Gerücht aufgesessen waren.
Glücklicherweise hatte er sich damals gerade noch rechtzeitig bei Nacht und Nebel davongemacht. Sarah hatte geheiratet werden wollen, während er das Gericht und seine bevorstehende Verbannung befürchten musste, von einem Kind war damals allerdings nicht die Rede gewesen. Nicht, dass das etwas geändert hätte, Kinder wurden geboren und starben . Dennoch konnte er froh sein, das Gerede unterbunden zu haben. Marino knirschte mit den Zähnen. Nur höchst ungern wäre er in dieser Angelegenheit vor Admiral Doria zitiert worden.
Ob das Kind noch am Leben war? Vielleicht hatte die kleine puttana Venedig Salvatore Loredans wegen verlassen? Was diesen seinen Gläubiger anging, hatte er schon seit längerer Zeit nichts mehr von ihm gehört, überhaupt hatten ihn seit Wochen keine Nachrichten aus Venedig erreicht. Der Zehnerrat hatte ihn in Abwesenheit auf Lebenszeit verbannt, das zumindest wusste er, und zwar wegen dieser lächerlichen Holzgeschichte. Seine Zukunft hieß also Genua, ob ihm das nun gefiel oder nicht. Eines war allerdings sicher: niemals würde sich Genua mit la Serenissima vergleichen können! Er nahm noch einen Schluck.
Sie hatten hier noch einige Fischerhäfen und versteckte Buchten zu kontrollieren, doch in ungefähr zwei, drei Wochen würden sie in den Hafen von Melilla einlaufen. Vielleicht sollte er sich dort erkundigen, was es Neues aus der Heimat gab? In diesem spanischen Außenposten auf afrikanischem Boden legten regelmäßig Kauffahrer mit Heimathafen Venedig an . Andererseits, was ging ihn jetzt noch an, was in Venedig vorging? Viel wichtiger war es, alle Anstrengungen zu bündeln und auf die Zukunft zu lenken, insbesondere auf das Ziel, eines der neuen Schiffe zu übernehmen. Er war nun einmal der geborene Kapitän, ein ausgezeichneter noch dazu, untergeordnete Positionen wurden ihm schlicht nicht gerecht.
Während sein Blick nachdenklich der Küstenlinie folgte, die in dem einen Moment kaum zu erkennen war, um sich im nächsten klar aus dem Dunst zu erheben, bewegten sich seine Gedanken zwischen den immer gleichen Punkten: Kommando – Melilla – Álvarez.
Aber wer, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, wer hinderte ihn eigentlich daran, dieser delikaten Sache auf den Grund zu gehen und sich in
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